Blick hinter die Kulissen: Praktikum

In loser Folge stellen wir in unserem Blog Mitarbeitende und deren Arbeitsbereiche vor, die normalerweise hinter den Kulissen verborgen bleiben. Heute gibt es einen Gastbeitrag unserer Praktikantin, Heidi Frey:

UB Backstage. So heißt eine der Führungen durch die Universitätsbibliothek anlässlich der Langen Nacht der Wissenschaften. Ich durfte 20 Wochen live im Backstage-Bereich der Universitätsbibliothek Erfurt dabei sein. Beobachten, lernen, selbstständig arbeiten.

Ich bin Heidi Frey, Studentin der Bibliothekswissenschaft an der Fachhochschule Potsdam im fünften Semester, welches gleichzeitig Praxissemester ist. Da ich aus Thüringen stamme, war es für mich naheliegend, mich dafür bei der Universitätsbibliothek Erfurt zu bewerben.

Eingestiegen bin auch ich, wie die Besucher der Langen Nacht, mit einer Führung durch die Bibliothek, aber auch über den Campus. So konnte ich in meiner ersten Woche die Bibliothek, ihre Mitarbeiter*innen und die Universität kennenlernen. In den kommenden Monaten sollte ich wöchentlich zwischen den Sachgebieten Benutzung und Medienbearbeitung wechseln.

In der Benutzung tauchte ich in die Abläufe der Theken-, Buchordnungs-, wie auch Magazindienste ein. Mehrere Tage durfte ich in den Teams Fernleihe und Clearingstelle verbringen und selbst tätig werden. Als ein sichtbares Ergebnis meiner Arbeit zählt zum Beispiel die Bedienungsanleitung für das Smartboard im Gruppenarbeitsraum 6.

In der Medienbearbeitung bekam ich die Möglichkeit, durch praktische Aufgaben die Tätigkeiten kennenzulernen, die später meinen Arbeitsalltag bestimmen sollen. So hatte ich Gelegenheit, Bücher beim Buchhändler zu bestellen, Rechnungen von Zeitschriften zu bearbeiten und Medien auf einer bibliothekarischen Tauschplattform anzubieten.

In drei intensiven Tagen bekam ich einen Praxis-Crashkurs im Katalogisieren von Monografien.

Eine komplette Woche verbrachte ich in der Direktion und lernte in direkten Gesprächen mit dem Bibliotheksdirektor, Herrn Kuhles, viel über Leitung und Führung einer Bibliothek.

Vom ersten Moment in der Universitätsbibliothek Erfurt habe ich mich herzlich willkommen gefühlt und viele nette Menschen getroffen, die mir viel Wissen für mein künftiges Berufsleben mit auf den Weg geben konnten. Die letzten fünf Monate vergingen wie im Flug, ich hatte sehr viel Spaß und hoffe auf ein Wiedersehen in der Zukunft.

Heidi Frey

 

 

Jorge Luis Borges

wurde am 24. August 1899, also vor 125 Jahren, in Buenos Aires geboren. Er gehört zu den Großen der lateinamerikanischen Literatur und ist ein wichtiger Vertreter des Magischen Realismus. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Erzählungen

  • El Aleph (dt. Das Aleph)
  • La Biblioteca de Babel (dt. Die Bibliothek von Babel)
  • Historia universal de la infamia (dt. Universalgeschichte der Niedertracht).

Weniger bekannt ist, dass Borges, bilingual aufgewachsen und sprachbegabt, Werke der Weltliteratur ins Spanische übersetzt hat, darunter

  • Virginia Woolf: Orlando
  • Franz Kafka: Die Verwandlung.

Für sein Werk erhielt er 1980 den Premio Cervantes, die höchste literarische Auszeichnung im spanischsprachigen Raum.
Bekannt dürfte sein, dass Borges mit 50 Jahren komplett erblindete, und dass er Direktor der argentinischen Nationalbibliothek in Buenos Aires war (1955-1973).
Wer nach diesen Hinweisen schnell mehr über den außergewöhnlichen Literaten wissen möchte, dem sei das zu seinem100. Geburtstag erschienene illustrative Büchlein

aus der Reihe „Bibliothèque de la Pléiade“ empfohlen.

Franziska Wein

Annemarie Schimmel in der Türkei: Vitrinenausstellung im 2. OG

Die namhafte Orientalistin Annemarie Schimmel, 1922 in Erfurt geboren, hat in ihrem langen Leben fast wortwörtlich die ganze Welt bereist. Eine Vitrinen-Ausstellung im 2.OG widmet sich ihrer Begegnung mit der Türkei, wo sie von 1954 bis 1959 als erste Frau Ordinaria für Religionsgeschichte an der Theologischen Fakultät in Ankara war. Auch später reiste sie häufig in die Türkei und erhielt zahlreiche Auszeichnungen „als Anerkennung und […] Dank für ihre wertvolle Arbeit zur Erforschung und Förderung der türkischen Kultur“, wie es auf einer Ehrenurkunde der Türkischen Republik heißt (in der Ausstellung zu sehen!). Da Annemarie Schimmel einen Teil ihres Nachlasses der Universität Erfurt vermachte — neben Büchern auch ihre Orden und Ehrenzeichen sowie die dazugehörige Korrespondenz –, wird das Thema durch solche illustriert. Hinzu kommen Bücher aus ihrem eigenen Besitz und Textpassagen aus ihrer Autobiographie (Morgenland und Abendland: mein west-östliches Leben: BE 8607 S335 M8), die „Annemarie Schimmel in der Türkei“ lebendig werden lassen.

Die Geschichte zu diesem Bild wird in der Ausstellung erzählt …

Dr. Katrin Ott

Blick hinter die Kulissen – Hochschulbibliographie

In loser Folge stellen wir im „Lesezeichen“ Bibliotheks-Mitarbeiter*innen und deren Arbeitsbereiche vor, die normalerweise hinter den Kulissen verborgen bleiben – heute im Gespräch mit Martina Schlütter aus dem Team Hochschulbibliographie.

Was ist eigentlich eine Hochschulbibliographie?
Ein Dokumentationssystem für Publikationen einer Hochschule, hier also unserer Uni. Es dient der Erfassung, Präsentation und Dokumentation der Publikationsleistung aller Hochschulangehörigen und ist damit eine Art Schaufenster der Universität.

Welche Art von Publikationen findet man darin?

Früher waren es nur Monographien, Aufsätze und Rezensionen. Durch die fort-schreitende Entwicklung v.a. von digitalen Medien kommen neue Formen dazu, z.B. Blogbeiträge, Podcasts, Interviews und Poster.

Wo findet man die Hochschulbibliographie?

Sie ist als Suchsystem – ähnlich dem OPAC – in die Homepage der Bibliothek integriert.

Seit wann gibt es die Hochschulbibliographie und was ist für die Zukunft geplant?

In ihrer jetzigen Form gibt es sie seit 2007 und erfasst rückwirkend bis zum Jahr 1994 zur Zeit etwa 8000 Publikationen.

Im Lauf des nächsten Jahres wird die Hochschulbibliographie neu aufgestellt an den Start gehen. Im Hintergrund laufen thüringenweit die Vorbereitungen dazu. Das Projekt befindet sich aktuell in der Testphase. Bei uns in der UB gehören außer mir noch Manuela Dremel, Dr. Thomas Schneider und Luise Wenzel zum Projektteam.

Was verbirgt sich dahinter?

Das Publikationsmanagementsystem „Thüringer Universitätsbibliographie“ des Kooperationsverbundes der Thüringer Hochschulbibliotheken wird vom Land Thüringen im Rahmen der Thüringer Digitalisierungsstrategie gefördert. Gegenüber den bisher vor Ort erstellten Bibliographien bietet dieses System neue Möglich-keiten. Es dient u.a. dazu das Publikationsaufkommen der Wissenschaftler*innen landesweit quantitativ zu erfassen und das Open-Access-Monitoring zu erleichtern. Für Autoren wird es möglich sein, sich eigene Publikationslisten erstellen zu lassen.

Woher bekommen Sie die Informationen zu den Publikationen?

Da gibt es verschiedene Wege. Alle Hochschulangehörigen sind aufgerufen, uns ihre Veröffentlichungen zu melden. Das geht ganz einfach durch eine E-Mail an hochschulbibliographie.ub@uni-erfurt.de. Andere Publikationen „entdecken“ wir bei unserer täglichen Arbeit, wenn wir Medien erwerben und katalogisieren oder geförderte Open-Access-Veröffentlichungen bearbeiten. Sobald die neue Thüringer Universitätsbibliographie an den Start gegangen ist, können Autoren ihre Titel direkt über die Seite der neuen Universitätsbibliographie einreichen. Auch wird es dann möglich sein, Daten über automatische Importe aus externen Datenquellen in die Datenbank einzufügen.

Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?

Es sollte selbstverständlich werden, dass die Publizierenden ihre Veröffentlichungen an die Hochschul-/Universitätsbibliographie melden. Da ist im Moment noch Luft nach oben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Marion Herzberg

 

Zum 101. Geburtstag von Annemarie Schimmel

Am 7. April 2023 wäre Annemarie Schimmel 101 Jahre alt geworden.
Die namhafte Islamwissenschaftlerin verstarb allerdings schon 2003 im Alter von 80 Jahren.
Ihrer Geburtsstadt Erfurt war sie offenbar zeitlebens verbunden – obwohl sie nach Lebensstationen in Berlin, Marburg, Ankara und Harvard ihre letzten Lebensjahre in Bonn verbrachte, wo sich auch ihr Grab befindet. So wurde sie 1997 Mitglied im Kuratorium der Universität Erfurt und vermachte derselben Teile Ihrer Bibliothek sowie ihre Orden und Ehrenzeichen. Letztere werden in einer kleinen Dauerausstellung in der Universitätsbibliothek gezeigt, welche nach Voranmeldung zu besichtigen ist (https://www.uni-erfurt.de/fileadmin/einrichtung/bibliothek/Infomaterialien/info_ASchimmel.pdf).
Ohne Voranmeldung sind einige Stücke am 23. Juni 2023 bei der Langen Nacht der Wissenschaften in der Universitätsbibliothek zu sehen. Die Inhaberin der Professur für Allgemeine Religionswissenschaft, Dr. Katharina Waldner, sowie Ayse Yasar, Doktorandin in der Religionswissenschaft, machen daraus lebendige Geschichte(n), indem Sie die in jeder Hinsicht bemerkenswerte Karriere dieser Wissenschaftlerin beleuchten, die von ihrer Arbeit sagte, sie sei eine „One-Women-Show“.

Weitere Informationen über Annemarie Schimmels Leben sowie über Ausstellungen und Veranstaltungen über sie sind hier zusammengestellt: https://www.uni-erfurt.de/bibliothek/suchen-und-finden/sammlungen-der-ub-erfurt/bibliothek-annemarie-schimmel

Annemarie Schimmels Autobiographie, die nur ein halbes Jahr vor ihrem Tod vollendet wurde, befindet sich in der Universitätsbibliothek Erfurt unter der Signatur BE 8607 S335 M8(4) (https://opac.uni-erfurt.de/DB=1/XMLPRS=N/PPN?PPN=363238492)

Den in der Universitätsbibliothek befindlichen Buchbestand aus Annemarie Schimmels Privatbibliothek finden Sie hier: http://opac.uni-erfurt.de/DB=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=sgn+bibliothek+annemarie+schimmel

Orden, Preise, Ehrenprofessuren und -doktorate, Ehrenmitgliedschaften, Ehrenurkunden usw. von Annemarie Schimmel sind erfasst in: https://kalliope-verbund.info/de/findingaid?fa.id=DE-611-BF-72078&fa.enum=1

Fotos (Prof. Dr. Katharina Waldner privat): Annemarie Schimmels Elternhaus Am Nettelbeckufer 7 in Erfurt

Prof. Dr. Katharina Waldner und Dr. Katrin Ott

Amplonius – Ein strategischer Büchersammler: ein Leben lang?

Bereits in den letzten Blogbeiträgen habe ich über das Articella-Konvolut und seine Bedeutung für die medizinische Lehre berichtet. Heute möchte ich den Blick auf eine andere zentrale Schrift der medizinischen Lehre an mittelalterlichen Universitäten lenken, die uns gleichzeitig einen wichtigen Einblick in die Sammlungsgeschichte der Amploniana bietet: Abū Bakr Muḥammad bin Zakaryā ar-Rāzī (kurz: Rasis) war ein Arzt und Krankenhausleiter aus Rey, einer bedeutenden Stadt der Antike und des frühen Mittelalters nahe Teheran. Er tat sich mit knapp 150 Schriften auch als produktiver Wissenschaftler und Philosoph hervor. Für das europäische Mittelalter war besonders der Liber medicinalis ad Almansorem von großer Bedeutung, da er in diesem Werk das umfangreiche Corpus des antiken Arztes Galen strukturierte und daraus einen Lehrplan für das Studium der Medizin erschuf. Dieses Werk fand schließlich durch die lateinische Übersetzung des Gerhard von Cremona Einzug in den medizinischen Lehrplan der europäischen Universitäten.

Abb. 1: CA 2° 260, fol. 4r

In der Amploniana befinden sich insgesamt sieben Handschriften mit diesem Text. Mit Hilfe des von Amplonius eigenhändig angefertigten Katalogs zur ersten Tranche seiner Stiftung wissen wir, dass er zunächst vier Bände mit dem Liber medicinalis des Rasis gestiftet hat. Hierbei handelt es sich um die Handschriften CA 2° 265, CA 2° 291, CA 4° 214, CA 4° 230, die im Amplonius-Katalog mit den Nummern 36, 58, 52 und 66 in der Rubrik De medicine verzeichnet waren. Als sammlungsgeschichtlich besonders interessant haben sich jedoch zwei der Rasis-Handschriften herausgestellt, die erst nach der Stiftung des Amplonius Eingang in das Collegium Porta Coeli fanden. Hierbei handelt es sich um CA 2° 244 und CA 2° 260, die mit den Nummern 132 und 124 De medicine in den Bestand der Amploniana kamen. Sie gehören also zu den Nachstiftungen, bei denen bis dato noch nicht geklärt ist, auf welchem Weg und vor allem durch wen sie in die Sammlung gelangten.

Abb. 2: CA 2° 244, fol. 3r
Abb. 4: CA 2° 260, fol. 201r
Abb. 3: CA 2° 244, fol. 27r

Hier konnten jedoch im Zuge des laufenden Projekts wichtige Erkenntnisse gesammelt werden, die sich aus der Objektgeschichte der beiden Handschriften ergeben. So wurden beide Handschriften durch Schriftbefund nach Montpellier in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts verortet. Zwar lassen sich bei den Schreibhänden keine Gemeinsamkeiten erkennen, doch weisen beide als Textzeugen eine Besonderheit auf: Wie Danielle Jacquart nachgewiesen hat¹, handelt es sich hier bei beiden Texten nicht um die Übersetzung durch Gerhard von Cremona, sondern um die eines unbekannten Übersetzers, welche offensichtlich in Montpellier in jener Zeit im Umlauf war. Neben diesen überlieferungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten gibt es jedoch auch objektgeschichtliche Gemeinsamkeiten, die auf das Ende des 14. Jahrhunderts weisen. In dieser Zeit müssen sich beide Bände bereits im deutschen Raum befunden haben. Denn in jener Zeit wurden beide Handschriften von der gleichen, nordalpinen Hand mit Blick auf die Nutzerfreundlichkeit überarbeitet. Hierfür wurde nicht nur der Text mit Überschriften und Rubriken versehen, sondern auch Verzeichnisse angelegt, um die Handschriften besser nutzen zu können (Vgl. Abb. 1-4). Da beides von gleicher Hand in gleicher Art durchgeführt wurde, dürfte es sich hier um eine bewusste Überarbeitung für eine weitere Nutzung außerhalb des Privatbesitzes handeln.

Es wäre natürlich naheliegend, diese Überarbeitungen Amplonius selbst für eine Nachstiftung zuzuschreiben, da sie noch in einem Segment vorkommen, in dem sich überwiegend Nachstiftungen des Amplonius befinden. Doch wurden die Überarbeitungen von einer geübten Hand im vierten Viertel des 14. Jahrhunderts angefertigt, sodass Amplonius hier wohl nicht in Frage kommt. Es muss also ein anderer Vorbesitzer gewesen sein, der diese Überarbeitungen für eine Nutzung in einer anderen Institution überarbeitet hat. Eine solche Institution könnte die Stiftskirche St. Aposteln in Köln gewesen sein. Denn auf diese weist das Einbandfragment aus der Handschrift CA 2° 244 hin, dass einem gewissen Heinrich von Neumagen Pfründe für eine Lehrtätigkeit an der dortigen Klosterschule in Aussicht stellte. Da Amplonius aber selbst ab 1400 dort als Kanoniker wirkte, ist es zumindest möglich, dass er diese besonders benutzerfreundlichen Rasisbände erwarb, um sie später als Nachstiftung dem Collegium Porta Coeli zur Verfügung zu stellen. In der Sammlung selbst hatten dann auch beide Bände eine zentrale Bedeutung, da sie im Verlauf des 15. Jahrhunderts mit einer Kette und Buckeln versehen (vgl. Abb. 5 und 6) und den Studenten als zentrale Lernwerke an Pulten dargeboten wurden.

Abb. 5: CA 2° 260, hinterer Buchdeckel mit Kette, Schließe und Buckeln
Abb. 6: CA 2° 244, hinterer Buchdeckel mit gleicher Kette, gleicher Schließe und gleichen Buckeln

Doch was würde das für die Sammlungsgeschichte bedeuten? Die vergleichsweise hohen Nummern haben bisher dazu geführt, diese Bände nicht als Nachstiftung des Amplonius einzuordnen. Durch die Hinweise jedoch muss zumindest die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass auch im Segment 100-150 De medicine noch zahlreiche Bände zu finden sind, die Amplonius nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch wegen ihrer Benutzerfreundlichkeit für seine Stiftung erwarb und diese Bände nachstiftete.

¹ Vgl. Danielle Jacquart, Note sur la traduction latine du Kitab al-Mansaura de Rhazès, Revue d’histoire des textes, 24, 1994, p. 359-374.

Sven-Philipp Brandt