Vor 500 Jahren erschien nach Michaelis das zweite Rechenbuch von Adam Ries

„Das macht nach Adam Ries(e) …“ — diese Redewendung ist weit verbreitet und bekannt. Sie bedeutet, dass man ein korrektes Rechenergebnis vorweisen kann. Der Mensch hinter der Redewendung war ein bedeutsamer Rechenmeister, der auch in Erfurt lebte und arbeitete.

Von Adam Ries (oder auch Adam Riese) wissen wir, dass er 1492 oder 1493 in Staffelstein geboren wurde als Sohn von Eva Kittler und Contz Ries. Über seine frühen Lebensjahre ist wenig bekannt, zu Schul- oder Universitätsbesuch gibt es keine Quellen.
Im Jahr 1517 wurde er in einem Streit, der vor dem Staffelsteiner Rat verhandelt wurde, erwähnt.
Wohl 1518 kam Ries nach Erfurt und war hier als Rechenmeister tätig. Außerdem veröffentlichte er zwei Rechenbücher: 1518 stellte er das 1. Rechenbuch „Rechnung auff der linihen“ fertig, gedruckt wurde es von Mathes Maler. In ihm wurde das Rechnen mit Rechenbrett und Rechenpfennigen für Kinder erklärt. Weitere Auflagen erschienen in derselben Werkstatt 1525, 1527 und 1530.
Auch das 2. Rechenbuch „Rechenung auff der linihen vnd federn“ wird im Jahr 1522 von Mathes Maler gedruckt, gefolgt von weiteren Auflagen 1525, 1527 und wieder 1533 sowie diversen Auflagen gedruckt vom Erfurter Melchior Sachse d. Ä..
Im selben Jahr verließ er Erfurt und zog ins Erzgebirge nach Annaberg, wo er die Arbeit an seinem Werk „Coß“ 1524 abschloss. Dieses Lehrbuch der Algebra wurde nicht gedruckt, Familienmitglieder und andere Interessierte konnten aber das Manuskript einsehen und damit arbeiten, ebenso mit einer zweiten Fassung. Erst 1992 (!) gab es einen Nachdruck dieser Handschrift.
Ries heiratet 1525 Anna Leuber, eröffnete eine private Rechenschule (heute Adam-Ries-Museum) und arbeitete in den späteren Jahren als Rezessschreiber und Berggegenschreiber (Erstellen bzw. Überprüfen von Abrechnungen im Erzabbau) und als Zehntner im Bergamtsrevier Geyer.
Im Jahr 1533 schrieb er eine Brotordnung für Annaberg, mit welcher die Preise für Brot und Brötchen errechnet wurden; diese Ordnung wurde 1536 gedruckt und von anderen Städten übernommen.
Sein 3. Rechenbuch „Rechenung nach der lenge auff den Linihen vnd Feder …“ (genannt die „Practica“, erschien im Jahr 1550 in Leipzig, welches erstmals ein zeitgenössisches Porträt von Adam Ries zeigt — mit Hinweis auf sein Alter in der Umschrift).
Adam Ries starb Ende März/Anfang April 1559 in Annaberg oder Wiesa und hinterließ mindestens 8 Kinder.

2. Rechenbuch von Adam Ries, erschienen 1532 bei M. Sachse d. Ä.: Rechnung auf der Linihen vnd Federn. UB Erfurt, Dep. Erf. , 13-A. 8° 841 (3), Titelblatt mit Notizen auf der gegenüberliegenden Seite (mit Worten ausgeschriebene Zahl)

Das 2. Rechenbuch, welches jetzt das 500jährige Jubiläum seines Erstdrucks feiert, wendet sich an Lehrlinge kaufmännischer und handwerklicher Berufe. Es wird neben dem Rechnen mit Rechenbrett auch das neuartige schriftliche Rechnen erklärt und Ries verwendet hierfür die damals noch nicht so gebräuchlichen arabischen Ziffern. Mit vielen Anwendungsaufgaben ist es praxisbezogen. Dieses erfolgreiche Rechenbuch wurde schon zu Lebzeiten Ries‘ vielfach wieder aufgelegt und erschien in weit über 100 Auflagen insgesamt.

Anmerkungen:
Michaelistag ist der 29. September.
Das abgebildete Ensemble bestehend aus Bronzebüste, Rechenbrett und Tafel befindet sich am bzw. vorm Haus „Zum schwarzen Horn“ in der Michaelisstraße 48 in Erfurt.

Weitere Informationen:
Zahlreiche Veröffentlichungen zu Adam Ries, Nachdrucke und Originale der Rechenbücher und die „Annaberger Brotordnung“ findet man im Bestand der UB Erfurt.
Ab Mitte Oktober wird eine kleine Ausstellung in den Vitrinen vor dem Eingang zur Sondersammlung im 2. OG ein paar Einblicke ermöglichen.

Dort unter anderem zu sehen: „Adam Ries(e) und Erfurt. Rechnung auf den Linien — nach Adam Ries“, anlässlich des 500jährigen Erstdrucks herausgegeben von Manfred Weidauer

… auf dessen Engagement ich besonders hinweisen möchte: weidauer.de

Andrea Langner

 

Öffnungs- und Servicezeiten ab 26. September

Ab dem 26. September ist die Bibliothek Montag – Freitag von 09.00 Uhr – 20.00 Uhr für Sie geöffnet. Die Servicezeiten der Theken werden wieder auf 10.00 Uhr – 18.00 Uhr erweitert.

Bitte beachten Sie, dass die Bibliothek im Rahmen der Energieeinsparung auf dem Campus ab sofort bis voraussichtlich zum Ende des Jahres samstags und sonntags geschlossen ist.

From 26 September, the library will be open Monday – Friday from 09.00h  – 20.00h. Service hours of the information desks will be from 10.00h  – 18.00h.

Please note that the library will be closed on Saturdays and Sundays from now until probably the end of the year as part of the energy saving measures on campus.

 

Lew Tolstoj: lesens- und sehenswert

Am 9. September jährte sich der Geburtstag des russischen Schriftstellers Lew Nikolajewitsch Tolstoj zum 194. Mal. Tolstoj, 1828 in Jasnaja Poljana geboren, gilt bis heute als einer der bedeutendsten Vertreter der russischen Literatur. In seinem Leben und Schaffen beschäftigte er sich mit unterschiedlichsten philosophischen, politischen, pädagogischen und Glaubens-Fragen und erhielt für seine Ansichten bei Weitem nicht nur Zustimmung. So stellte sich Tolstoj beispielsweise an die Seite von Kriegsdienstverweigerern und sprach sich für den Verzicht auf Fleisch aus. – Er würde also auch heutzutage nicht überall auf Gegenliebe stoßen.

 

Wir wollen Sie auf Tolstojs großes Werk „Krieg und Frieden“ aufmerksam machen, das, obwohl es in einer anderen Zeit, in einem anderen Konflikt angesiedelt ist, viel Bezug zur Gegenwart hat.

Wenn man diesen mehrere Tausend Seiten umfassenden Roman nicht lesen möchte, lohnt es sich – z.B. in der nahenden dunklen Jahreszeit – eine Verfilmung von „Krieg und Frieden“ anzuschauen. Unsere Bibliothek verfügt über mehrere hervorragende davon: die des sowjetischen Regisseurs S. Bondartschuk aus den Jahren 1965 – 1967 (Signatur DVD AP 53000 K92 B7), die amerikanische Verfilmung von 1956, in der Audrey Hepburn und Henry Fonda die Hauptrollen spielten (Signatur DVD 1804), und über die BBC-Adaption aus dem Jahr 2011 mit Anthony Hopkins (Signatur DVD KI 6113 K92.2011).

Wir wünschen Ihnen ein beeindruckendes Film- und Leseerlebnis.

Valentina Tischer

 

Abbildung oben: P. Bassinski: Lew Tolstoi. Flucht aus dem Paradies. Bochum Projektverlag 2012, S. 529
Abbildung unten: Cover der DVD. Icestorm Enterntainment 2006

Pause

Die vorlesungsfreie Zeit ist noch in vollem Gange. Die Bibliothek ist stiller als üblich, weniger Plätze sind besetzt, weniger Bücher werden ausgeliehen.

Pause.

Pausen sind wichtig und ihr Nutzen ist vielfach wissenschaftlich belegt. Pausen schaffen die Möglichkeit, sich mit frischer Aufmerksamkeit einer nächsten Aufgabe zu widmen. Beim langfristigen Lernen und Wiederholen sind Pausen von besonderer Bedeutung, z.B. beim Lernen fremdsprachiger Vokabeln. Mit Pausen können neue Ideen entstehen und Probleme kreativ gelöst werden, da das Gehirn nicht hochkonzentriert arbeiten muss und damit Gedanken „springen“ lassen und weit entfernte Ideen miteinander verknüpfen kann. Längere Pausen zum Krafttanken wie in einem Urlaub erhöhen die Leistungsfähigkeit, fördern die Gesundheit und bauen Stress ab.

Genießen Sie Ihre Pause.

Signatur UB Erfurt: QB 300 G313 (3. OG)

Zum Weiterlesen: https://www.citavi.com/de/nuetzliche-irrtuemer/artikel/warum-die-wissenschaft-ihnen-eine-pause-empfiehlt

Katja Freudenberg

„Rosen, Tulpen, Nelken – alle Blumen welken …“

Abb. 1

Viele Leser unseres Blogs kennen Sprüche wie diesen noch aus der Zeit, als Poesiealben in der Klasse die Runde machten: MitschülerInnen und LehrerInnen, aber auch Mitglieder der Familie trugen Sprüche ein; gern wurden die Texte mit Stammversbildern oder Fotos verschönert. So kann man sich auch in späteren Jahren an weisen Zitaten und mehr oder weniger denkwürdigen Versen erfreuen. Nachfolger dieses Brauchs sind Freundschaftsbücher, wo auf schon vorgedruckte Einträge nur noch geantwortet werden muss („Meine Lieblingsspeise ist: …“)
Der Ursprung dieser Alben aber liegt schon weit zurück: bereits im 16. Jahrhundert sammelten Studierende Unterschriften Ihrer Dozenten in Stammbüchern, den alba amicorum (z.B. an der Universität Wittenberg); der Brauch wurde ebenfalls an Adelshöfen, in Handelsstädten und in Künstlerkreisen gepflegt. Die Stammbuchbesitzer sammelten handschriftliche Einträge befreundeter oder bekannter (oftmals höherrangiger) Personen zu Erinnerungs- und Dokumentationszwecken. Sie konnten sich gleichzeitig auch selbst darstellen – sei es mit der prächtigen Ausstattung des Stammbuchs oder mit den Einträgen einflussreicher und berühmter Persönlichkeiten, die dann durchaus auf der „Karriereleiter“ behilflich waren.

Abb. 2

Einige Stammbuchexemplare befinden sich im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek Erfurt, wobei das bekannteste das sogenannte „Stammbuch von Maximilian II.“ (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28) ist. Allerdings ist es nicht das Stammbuch dieses Herrschers, sondern es enthält lediglich das Autograph Maximilians und das Wappen mit dem kaiserlichen Doppeladler (siehe Abbildung 2).

Stammbuchhalter war Johann Georg von Wartenberg, (?? bis 4.6.1647 Bamberg], ein Mundschenk Friedrichs V. von der Pfalz. Die Eintragungen datieren aus den Jahren 1602 bis 1647.

Abb. 3

Die Besonderheit dieses Stammbuches sind nicht die üblichen Eintragungen (manchmal nur in Form von Großbuchstaben als Abkürzung für einen damals üblichen Sinn- oder Bibelspruch) mit evtl. Federzeichnungen, sondern der Beschreibstoff: Buntpapiere der verschiedensten Art, z. B. Marmorpapier oder Silhouettenpapier, siehe Abbildung 3.

Auch Stammbücher aus späteren Jahren sind aufschlussreiche und schön anzuschauende Quellen ihrer Zeit: das Stammbuch des Johann Gottlieb Gerlach (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28s), geführt von 1733 bis 1789 (Abbildungen 4 und 5), das Stammbuch des Johann Adam Hennig (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 30ac), geführt von 1794 bis 1804 (Abbildung 6) und das Tagebuch eines Mannes namens Wunder (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28f) aus der Zeit Anfang 19 Jh., (Abbildung 1) seien hier genannt.

Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6

Diese und noch einige andere Stammbücher sind nur einem kleinen Leserkreis bekannt, wobei das Stammbuch Maximilians II. als einziges in digitalisierter Form vorliegt (Digitalisat in der Digitalen Historischen Bibliothek Erfurt/Gotha). Um sie weiteren Interessenten zugänglich zu machen, wäre auch eine Digitalisierung der anderen Exemplare wünschenswert, so dass die Aufnahmen im Projekt „Repertorium Alborum Amicorum“ mit den Digitalisaten angereichert werden können.

Andrea Langner

Lesetipps für den Sommer

Egal, ob in der Cafeteria, unter Bäumen im Park, im Zug oder am Strand – lesen kann man überall, und Sommerzeit ist auch Lesezeit. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle vier Titel aus unserem umfangreichen Bestand  vorstellen, die die Autorin dieses Beitrags jeder auf seine Weise berührt haben.

(Die Beschreibungstexte und die Buchcover wurden den Verlagsseiten entnommen. Ein Klick auf das Coverbild führt zum Titel im Suchportal der UB Discovery.)

 

Ich lauf dann mal los : zu Fuß um die Welt
Robby Clemens, Leipzig Salier Verlag 2014

Schwierige Umstände ließen Robby Clemens dem Alkohol verfallen. Gerade noch schaffte er es, sich aus diesem Abgrund herauszukämpfen. Wer Robby Clemens bei einer Lesung erlebt hat, spürt schnell: er hat viel mehr zu sagen als über seine sportlichen Leistungen zu berichten.
„Aus der Erkenntnis ein neues Leben geschenkt zu bekommen, brach Robby Clemens am 3. Januar 2007 in Leipzig ins Ungewisse zu einer Weltumrundung auf eigenen Füßen auf. [Er] schildert die bewegenden Erlebnisse und Begegnungen mit Menschen, die er unterwegs treffen durfte und die jeden Tag aufs Neue Motivation genug waren, wieder auf die Straße zu gehen, um eines Tages das Ziel vor Augen zu erreichen.“

 

 

Barbara stirbt nicht
Alina Bronsky, Köln Kiepenheuer & Witsch 2021

„Walter Schmidt ist ein Mann alter Schule: Er hat die Rente erreicht, ohne zu wissen, wie man sich eine Tütensuppe macht und ohne jemals einen Staubsauger bedient zu haben. Schließlich war da immer seine Ehefrau Barbara. Doch die steht eines Morgens nicht mehr auf. Und von da an wird alles anders. Mit […] Witz und großer Warmherzigkeit […] erzählt Alina Bronsky, wie sich der unnahbare Walter Schmidt am Ende seines Lebens plötzlich neu erfinden muss: als Pflegekraft, als Hausmann und fürsorglicher Partner, der er nie gewesen ist in all den gemeinsamen Jahren mit Barbara. Nach und nach beginnt Walters raue Fassade zu bröckeln – und mit ihr die alten Gewissheiten über sein Leben und seine Familie.“

 

 

Ein Mann namens Ove
Fredrik Bachmann, Fischer Taschenbuch Verlag 2015 in der UB als Verfilmung

„Haben Sie auch einen Nachbarn wie Ove? Jeden Morgen macht er seine Kontrollrunde und schreibt Falschparker auf. Aber hinter seinem Gegrummel verbergen sich ein großes Herz und eine berührende Geschichte. Seit Oves geliebte Frau Sonja gestorben ist und man ihn vorzeitig in Rente geschickt hat, sieht er keinen Sinn mehr im Leben und trifft praktische Vorbereitungen zum Sterben. Doch dann zieht im Reihenhaus nebenan eine junge Familie ein, die als Erstes mal Oves Briefkasten umnietet. Eine Geschichte über Freundschaft, Liebe, das richtige Werkzeug und was sonst noch wirklich zählt im Leben – witzig, rührend …“

 

 

Sehen mit allen Sinnen: mein Weg aus der Blindheit
Inez De Florio-Hansen, Stuttgart Ibidem Verlag 2020

„Inez De Florio-Hansen, von Geburt an blind, erzählt die faszinierende und bewegende Geschichte ihres visuellen Erwachens, als sie sich im Alter von 48 Jahren einer erfolgreichen Operation unterzieht – und plötzlich sehen kann, aber, so seltsam sich das auch anhört, genau dies – das Sehen – erst Schritt für Schritt erlernen muss, um sich die ungewohnt neue visuelle Welt zu erschließen.“

 

Wir wünschen Ihnen einen schönen (Lese)Sommer.

Valentina Tischer