Wortschatz Bibliothek. Heute: Konvolut, das; -e

Dieser im Bibliothekswesen häufig benutzte Begriff (von lat. convolvere, convolutum „zusammenrollen“) wurde ursprünglich für eine zusammengerollte Schriftrolle benutzt, ist aber auch in anderen Zusammenhängen bekannt: Konvolute gibt es z.B. im Archivwesen (eine Anzahl von zusammengehörenden Akten oder Schriften), bei Auktionen (eine Sammlung aus mehreren Objekten, ein Los) und sogar in der Medizin (ein Knäuel von verwachsenen oder verklebten Gefäßen oder Darmschlingen).

Dagegen ist die Nutzung des Konvolutbegriffs in Bibliotheken eher unspektakulär: es handelt sich um eine Zusammenstellung von verschiedenen Drucken in einem Sammelband. Diese einzelnen Drucke können thematisch oder inhaltlich zusammenhängen, müssen es aber nicht.

In unserem Altbestand haben wir z.B. Konvolute mit Dissertationen, Leichenpredigten und anderen Gelegenheitsschriften, aber auch mit verschiedenen Ratgebern oder Kalendern.

Zu sehen sind ein Alter Druck aus der Bibliotheca Boineburgica (Signatur: UB Erfurt, Dep. Erf., 3-T.ir. 4° 448), welche eine Schenkung des kurmainzischen Statthalters zu Erfurt Philipp Wilhelm von Boineburg war und ein Ratgeberbüchlein (Signatur: UB Erfurt, Dep. Erf.,13-A. 8° 841) mit verschiedenen Werken.

Der Sammelband aus der Bibliotheca Boineburgica (Provenienz 3) enthält 17 Einzelstücke, u.a. Dissertationen und theologische Streitschriften. Zu sehen ist das auf dem fliegenden Blatt von Hand notierte Inhaltsverzeichnis und die angeklebten Blattweiser aus festerem Papier.

Im anderen Band gibt es u.a. einen Ratgeber zur Metallgewinnung und -veredlung, ein „Probirbüchlin“ zu Feuerwerken und Edelsteinen, Adam Ries´ „Rechnung auff der Linihen vnd Federn ..“, ein Kochbüchlein und einen Kalender (Stück 10 im Konvolut).

Andrea Langner

Alte Bestände behüten und bewahren – aber wie?

Für die Alten Drucke, Handschriften und Karten, die in der Universitätsbibliothek Erfurt aufbewahrt werden und z.T. Jahrhunderte an Jahren alt sind, gilt es, eine Bestands wahrende Umgebung zu schaffen und erhaltende Maßnahmen zu ergreifen.

Wichtig ist zunächst eine Lagerung, bei der schädliche Umwelteinflüsse vermieden oder reduziert werden: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichteinfall müssen an die Bedürfnisse des alten Bestands angepasst werden.
Pergament- aber auch alte Papierseiten, Ledereinbände und Holzdeckel reagieren sehr sensibel auf zu hohe oder zu niedrige Luftfeuchtigkeit, die Temperatur sollte moderat sein. Große Schwankungen können zu zeitweiligen oder irreversiblen Schäden führen, eine konstante Überwachung mit Hygro- und Thermometern ist wichtig. Schimmelbefall muss vermieden, alte Schimmelschäden beobachtet, evtl. bestrahlt und anschließend sorgfältig und behutsam gesäubert werden.
Direktes Sonnenlicht ist schädlich, bei der Nutzung von Lichtquellen sollten LED-Leuchten eingesetzt werden, die keine zusätzliche Wärme abgeben und die Lichtstärke sollte 50 Lux z.B. bei Ausstellungen (für höchstens 6 Wochen!) nicht überschreiten.

Bei der Lagerung in Regalen sollten diese im Raum und nicht unmittelbar an einer Wand stehen, damit die Luft zirkulieren kann. Alle Bücher sollten im Regal geradestehen, gehalten durch Buchstützen; sehr große Bände evtl. gelegt werden, um Verformungen des Korpus zu vermeiden.
Beim Herausziehen der Bücher sollte man das Anfassen am oberen Buchende vermeiden, dies führt zu vermeidbaren Schäden am oberen Buchrücken und dem Kapital.

Oft gibt es Bilder historischer Büchersammlungen mit prächtigen Bänden zu bestaunen; der Altbestand in den Magazinen der UB Erfurt ist dagegen zum großen Teil in Kassetten (passgenau für das betreffende Buch), Schubern oder Mappen abgelegt. Diese Verpackungen aus säurefreiem Material sind nicht ansehnlich, schützen aber vor Staub und zu viel Licht und sind auch für eine ordentliche Aufstellung gut geeignet. Buchbänder aus Baumwolle mit Kordelstoppern halten die Bücher zusammen, damit kein Staub eindringt und der Buchblock nicht weit aufsperrt.

Müssen Bände – wie kürzlich vor der Digitalisierung der Amploniana-Handschriften nötig – gereinigt werden, geschieht dies Buch schonend mit weichem Pinsel und Schmutzradierer, bei Drucken auch mit besonderem Staubsauger, unter einer Absaughaube.

Bei der Benutzung im Sonderlesesaal der UB Erfurt wird darauf geachtet, dass Buchkeile aus Schaumstoff oder bewegliche Kissen zum Unterlegen und Buchschlangen zum Offenhalten benutzt werden; Tinte, Kugelschreiber, Getränke und schmutzige Hände haben hier nichts verloren.
Mit der Digitalisierung alter Bestände tragen wir auch zum Bestandschutz bei, da die Originale nicht unbedingt genutzt werden müssen, wenn die Digitalisate vorliegen.

Kurz gesagt: Mit der richtigen Lagerung, Pflege und sorgsamen Benutzung können unsere wertvollen alten Bestände lange erhalten bleiben und auch zukünftigen Generationen zugänglich gemacht werden.

So bitte nicht! Über die grauenhafte Unterbringung der Handschriften der Bibliotheca Amploniana schreibt der Universitäts-Secretarius L. Cromhart Anfang des 18. Jahrhunderts:

„die andere ist die Amplonianische Bibliothec …so viel weiß ich, daß sie in dem dazu gewidmeten Gemache trefflich confus untereinander liege: … so wird ihrer doch ja wohl übel gehütet, … daß auf manchem Buch der Staub zwey Finger dick ruhe und niemand wisse, welches das oberste oder unterste Theil der Bibliothec bedeute.“

Aus: Weinrich, J. M.: Kurtz gefaßte und gründliche Nachricht Von den Vornehmsten Begebenheiten Der uhralten und berühmten Haupt Stadt Erffurt in Thüringen …, Frankfurt ; Leipzig : Martini, 1713, S. 297 (13-Ef. 8° 105gab)

Andrea Langner

Medizinische Amploniana-Handschrift im Stadtmuseum

Im Stadtmuseum Erfurt werden in einer speziellen Buchvitrine regelmäßig Handschriften der Bibliotheca Amploniana ausgestellt.
Beim aktuell gezeigten Codex Dep. Erf., CA 4° 173 aus dem 13. Jahrhundert handelt es sich um eine „Articella-Handschrift“*, also einen zur sog. Articella („Kleine Kunst“) zusammengestellten Kanon medizinischer Schriften, welcher das zentrale Lehrbuch für Medizinstudenten bis ins 16. Jahrhundert bildete. In den nächsten sechs Wochen wird das Blatt 42 recto (rechte Seite) gezeigt, danach für sechs Wochen das Blatt 11 verso (linke Seite).

Machen Sie sich selbst ein Bild von der sehenswerten Originalhandschrift aus Pergament im
„Haus zum Stockfisch“, Johannesstraße 169
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.

 

*Zum Thema „Articella-Handschriften“ sind bereits mehrere Blog-Beiträge erschienen:
https://www2.uni-erfurt.de/bibliothek/blog/die-articella-handschriften-der-amploniana-eine-mittelalterliche-lehrbuchsammlung/
https://www2.uni-erfurt.de/bibliothek/blog/die-articella-handschriften-der-amploniana-und-ihre-franzoesische-herkunft/
https://www2.uni-erfurt.de/bibliothek/blog/der-buchschmuck-in-den-articella-handschriften/
https://www2.uni-erfurt.de/bibliothek/blog/amplonius-ein-strategischer-buechersammler-ein-leben-lang/

 

Dr. Katrin Ott, Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Erfurt

Wir machen blau!

Mit der Redewendung „blaumachen“ dürfte jedermann vertraut sein. Sie wird benutzt, wenn die Schule geschwänzt wird oder man unentschuldigt dem Arbeitsplatz fernbleibt.
Ihren Ursprung hat die Redewendung im Mittelalter und hat mit einer gerade in Thüringen und besonders auch in Erfurt bekannten Pflanze, dem Waid (auch Färber-Waid Isatis Tinctoria) zu tun.

Foto: Dr. Katrin Ott

Angebaut wurde Waid im Erfurter Umland. Die Blätter wurden nach der Ernte in speziellen Waidmühlen zu einem Brei zerquetscht. Auf Haufen gekippt gärte das Gemisch etwa zwei Wochen lang, anschließend wurden daraus Kugeln geformt und getrocknet. Die Waidkugeln wurden von den Färbern gekauft, welche sie im Färbebad, der Küpe, mit abgestandenem Urin begossen und bei schönem und heißem Wetter vor sich hin gären ließen.
Wenn dieses Färbebad nach einigen Tagen eine gelblich-grüne Farbe mit strengem Geruch annahm, wurden die Stoffe hineingelegt und färbten sich ebenfalls gelb. Erst beim Herausnehmen und Trocknen an der Luft wurden sie blau.
Außer dem Aufhängen der Stoffe hatten die Färber an diesem Tag, meist einem Montag, nicht viel zu tun – sie machten blau. Einer anderen Erklärung nach beschleunigten die Färber den Färbeprozess durch Zugabe von durch Biergenuss „optimierten“ Urin, waren also selber „blau“.
Der Abbau von Waid und dessen weitere Verarbeitung bis hin zum Färben von Leinen brachte den Städten mit Waidanbau und -handel im Mittelalter Arbeitsplätze und Wohlstand, den erst die billigere Nutzung der Indigopflanze stoppte. Die Indigopflanze (Indigofera tinctoria) wurde ab dem frühen 17. Jahrhundert importiert und war wesentlich ergiebiger, bis auch sie durch die noch preiswertere industrielle synthetische Farbstoffgewinnung abgelöst wurde.

Die Blüte des Waids sehen wir hier auf in einem Druck aus unserem Altbestand: in „Johannis Hieronymi Kniphofs, … Botanica In Originali Pharmacevtica Das ist: Lebendig-Officinal-Kräuter-Buch …“ aus dem Jahr 1733 (UB Erfurt, Dep. Erf., 13-Ma. 4° 24b (1), Tafel 72).

Johann Hieronymus Kniphof druckte diesen Band in der Druckerei  von Johann Michael Funcke. Das Besondere war die die Verwendung des Naturselbstdrucks, bei dem die Pflanze selbst präpariert und dann als Druckform genutzt wurde. Diese Formen erlaubten nur wenige Druckgänge; über die genaue Vorbereitung der Formen und den Druckvorgang damit gibt es keine Notizen von Kniphof und Funcke, dies blieb ihr Geheimnis.

 

Andrea  Langner

 

Foto der Waidpflanze: Dr. Katrin Ott

 

 

Vorgestellt: Album mit Fotografien vom Evangelischen Augustinerkloster

 

Im Altbestand der Universitätsbibliothek Erfurt, in den Erfurter Handschriften, befindet sich auch ein kürzlich „wiederentdecktes“ kleines Fotoalbum mit Abbildungen der Augustiner-Klosteranlage aus den 40er Jahren.

Zu sehen sind im Band CE. O.S. 8° 45 verschiedene Ansichten vom Gelände, auch aus verschiedenen und bemerkenswerten Blickwinkeln. Fotografiert wurden die Klosteranlage, die Eingangspforten, Waidhaus und Garten, das Bibliotheksgebäude und die Kirche.

Die Zerstörungen durch Bombardierung am 28.Februar 1945 wurden festgehalten – genauso wie auf dem letzten Foto im Album die Trümmerbeseitigung.

 

Über die Jahrzehnte wurden die Schäden beseitigt, das Augustinerkloster restauriert und Bibliothek und Waidhäuser neu erbaut (in anderer Funktion).

 

 

Die Sondersammlung der Universitätsbibliothek Erfurt unterstützt die derzeit im Augustinerkloster gezeigte neue Dauerausstellung „Frust und Freiheit“, die sich mit drei Themenbereichen beschäftigt: Martin Luthers Leben im Kloster ab 1505, das Erfurter Unionsparlament 1850 und die friedliche Revolution in der DDR 1989. Bei der Gestaltung der „Schreibstube“ werden Abbildungen von Figuren und Initialen aus Handschriften der Bibliotheca Amploniana gezeigt.

 

 

 

Andrea Langner

 

 

Historische Aufnahmen: Georg Aderhold (1874-1953)
Aufnahmen von der Schreibstube: Dr. Katrin Ott

Amploniana-Handschrift im Stadtmuseum

Seit 2024 werden im Stadtmuseum Erfurt regelmäßig Codices der berühmten Bibliotheca Amploniana ausgestellt.
In der aktuell gezeigten, über 900 Jahre alten Handschrift, Dep. Erf., CA 4° 78 (Digitalisat in der Digitalen Historischen Bibliothek Erfurt/Gotha), ist in den nächsten sechs Wochen das Blatt 3 recto (rechte Seite) mit einem in satten Farben floral verzierten „M“ zu sehen.

Wofür das „M“ steht und warum man bei diesem Manuskript so verschwenderisch mit dem kostbaren Material Pergament (Tierhaut) umging, erfahren Sie, wenn Sie sich das Original ansehen im
„Haus zum Stockfisch“, Johannesstraße 169
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.

Dr. Katrin Ott, Leiterin des Bereichs Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Erfurt