„Rosen, Tulpen, Nelken – alle Blumen welken …“

Abb. 1

Viele Leser unseres Blogs kennen Sprüche wie diesen noch aus der Zeit, als Poesiealben in der Klasse die Runde machten: MitschülerInnen und LehrerInnen, aber auch Mitglieder der Familie trugen Sprüche ein; gern wurden die Texte mit Stammversbildern oder Fotos verschönert. So kann man sich auch in späteren Jahren an weisen Zitaten und mehr oder weniger denkwürdigen Versen erfreuen. Nachfolger dieses Brauchs sind Freundschaftsbücher, wo auf schon vorgedruckte Einträge nur noch geantwortet werden muss („Meine Lieblingsspeise ist: …“)
Der Ursprung dieser Alben aber liegt schon weit zurück: bereits im 16. Jahrhundert sammelten Studierende Unterschriften Ihrer Dozenten in Stammbüchern, den alba amicorum (z.B. an der Universität Wittenberg); der Brauch wurde ebenfalls an Adelshöfen, in Handelsstädten und in Künstlerkreisen gepflegt. Die Stammbuchbesitzer sammelten handschriftliche Einträge befreundeter oder bekannter (oftmals höherrangiger) Personen zu Erinnerungs- und Dokumentationszwecken. Sie konnten sich gleichzeitig auch selbst darstellen – sei es mit der prächtigen Ausstattung des Stammbuchs oder mit den Einträgen einflussreicher und berühmter Persönlichkeiten, die dann durchaus auf der „Karriereleiter“ behilflich waren.

Abb. 2

Einige Stammbuchexemplare befinden sich im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek Erfurt, wobei das bekannteste das sogenannte „Stammbuch von Maximilian II.“ (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28) ist. Allerdings ist es nicht das Stammbuch dieses Herrschers, sondern es enthält lediglich das Autograph Maximilians und das Wappen mit dem kaiserlichen Doppeladler (siehe Abbildung 2).

Stammbuchhalter war Johann Georg von Wartenberg, (?? bis 4.6.1647 Bamberg], ein Mundschenk Friedrichs V. von der Pfalz. Die Eintragungen datieren aus den Jahren 1602 bis 1647.

Abb. 3

Die Besonderheit dieses Stammbuches sind nicht die üblichen Eintragungen (manchmal nur in Form von Großbuchstaben als Abkürzung für einen damals üblichen Sinn- oder Bibelspruch) mit evtl. Federzeichnungen, sondern der Beschreibstoff: Buntpapiere der verschiedensten Art, z. B. Marmorpapier oder Silhouettenpapier, siehe Abbildung 3.

Auch Stammbücher aus späteren Jahren sind aufschlussreiche und schön anzuschauende Quellen ihrer Zeit: das Stammbuch des Johann Gottlieb Gerlach (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28s), geführt von 1733 bis 1789 (Abbildungen 4 und 5), das Stammbuch des Johann Adam Hennig (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 30ac), geführt von 1794 bis 1804 (Abbildung 6) und das Tagebuch eines Mannes namens Wunder (UB Erfurt, Dep. Erf., CE 8° 28f) aus der Zeit Anfang 19 Jh., (Abbildung 1) seien hier genannt.

Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6

Diese und noch einige andere Stammbücher sind nur einem kleinen Leserkreis bekannt, wobei das Stammbuch Maximilians II. als einziges in digitalisierter Form vorliegt (Digitalisat in der Digitalen Historischen Bibliothek Erfurt/Gotha). Um sie weiteren Interessenten zugänglich zu machen, wäre auch eine Digitalisierung der anderen Exemplare wünschenswert, so dass die Aufnahmen im Projekt „Repertorium Alborum Amicorum“ mit den Digitalisaten angereichert werden können.

Andrea Langner

Wortschatz Bibliothek. Heute: Bleischlange, die; -n

Für die Benutzung Alter Drucke und Handschriften gilt das „Merkblatt für die Benutzung von historischem Buchbestand sowie sonstigen wertvollen Materialien der Universitätsbibliothek Erfurt“, in welchem die besonderen Benutzungsbedingungen aufgeführt werden.

Die Gemeine Bleischlange in ihrem natürlichen Habitat

Das bedeutet: kein Essen und Trinken im Sonderlesesaal, keine Benutzung von Kugelschreibern u. ä., sondern Bleistiften und der Einsatz von buchschonenden Hilfsmitteln.
Neben Handschuhen, die bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden, ist die Nutzung von Buchstützen und -keilen oder auch Buchkissen als Unterlage für die alten Werke selbstverständlich. Damit wird der historische Einband geschont und das Aufschlagen der Buchbände unterstützt. Während moderne Bücher meist ohne Probleme ganz aufgeklappt werden können (Öffnungswinkel von bis zu 180°), ist das bei Altbestand häufig nicht möglich.

Um die Buchseiten besser aufhalten zu können, kommt jetzt die Bleischlange zum Zuge: es handelt sich um eine schwere Bleischnur, die meist mit dunklem Samt bezogen ist. Sie wird vorsichtig über die Ecken oder Seitenränder gelegt und ermöglicht störungsfreies Lesen.So steht der bequemen und pfleglichen Nutzung von historischem Buchbestand nichts mehr im Wege!

Andrea Langner