Der größte Schatz der Universitätsbibliothek Erfurt ist die Bibliotheca Amploniana, die Bibliothek des Kollegs Porta Coeli der alten Erfurter Universität. Am berühmtesten sind hier die Handschriften, die großenteils aus der Schenkung des Gründers des Kollegs, dem Arzt und zeitweisen Universitätsrektor Amplonius Rating de Berka (gest. 1435), stammen – die größte bekannte Bücherschenkung des Mittelalters, welche in der UB Erfurt als Dauerleihgabe der Stadt Erfurt aufbewahrt wird. In den folgenden Jahrhunderten wuchs die Bibliothek des Kollegs weiter, so dass es heute neben den Handschriften noch über 2500 gedruckte ‚Libri Amploniani‘ zum Bestand der Universitätsbibliothek gehören.
Einige davon sind Standardwerke, andere sind hingegen unikal überliefert – das heißt, es ist außer dem Erfurter Exemplar kein weiteres mehr bekannt. Kürzlich wurde damit begonnen, diese Bände zu digitalisieren, in einigen Wochen sollen die ersten Drucke über die Digitale Historische Bibliothek Erfurt-Gotha der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Zu den bereits digitalisierten Drucken gehört ein Lehrbuch der lateinischen Sprache des Tübinger Humanisten Johannes Köl, der seinen Namen nach der Mode der Zeit in ‚Brassicanus‘ (‚brassica‘ = ‚Kohl‘) umwandelte. Dieses Werk erfreute sich großer Beliebtheit, so dass zwischen 1508 und 1519 über zwanzig Ausgaben erschienen. Fünf davon wurden von Melchior Lotter in Leipzig produziert. Lotter gehörte einer einflussreichen Druckerdynastie an, sein gleichnamiger Sohn druckte in Wittenberg die erste Ausgabe von Luthers Neuem Testament.
Von der Ausgabe von 1514 ist bisher nur das Exemplar der Libri Amploniani bekannt (Dep. Erf. LA. 4° 10 (1)).
Im Aufbau entspricht es einer modernen Grammatik – zuerst werden die Formen der Substantive und Verben erklärt, später der Satzbau. Die intensive Nutzung des Bandes wird durch die zahlreichen Kommentare von zwei Lesern – teilweise noch auf eingebundenen Blättern, da die Seitenränder nicht ausreichten – deutlich.
Mehrfach wurde versucht, den Stoff in übersichtlichen handgeschriebenen Tabellen zusammenzufassen. Die hier gezeigte enthält die Endungen von Substantiven in verschiedenen Fällen – da sich die Leser offenbar über die Bedeutung der lateinischen Fälle nicht ganz klar waren, steht ganz am rechten Rand noch ein deutsches Beispiel: ‚der knecht / des knechtes / dem knechte / den knecht / O du knecht / von – mit – inn dem knecht‘.