Ganz nah am Rhein

Neben einem beachtlichen Bestand an mittelalterlichen Handschriften, frühen Drucken und Kuriositäten werden in der Sondersammlung der UB auch Nachlässe aufbewahrt. Einer dieser Nachlässe stammt von Adolf Rhein, einem Erfurter Buchbinder und Einbandforscher des 20. Jahrhunderts. Auf der Suche nach Einblicken in die faszinierende Welt mittelalterlicher Einbände und frühen Buchbinderhandwerks ließ sich Helene Jung, Masterstudentin der Sammlungsbezogenen Wissens- und Kulturgeschichte, auf ein Praktikum in der Sondersammlung ein. Von April bis Juni 2017 hatte sie dabei Gelegenheit, Rheins umfangreiche Sammlung von Abreibungen meisterlicher Einbände und historischer Rollenstempel kennen und bewundern zu lernen und bei der Digitalisierung von besonders gefährdeten Teilen des Bestandes einen Einblick in die Arbeit eines Meisters zu erhalten.

Adolf Rhein arbeitete an einem umfangreichen Werk zur Geschichte des Buchbinderhandwerks in Erfurt, dessen Manuskript Teil des Nachlasses ist und von Rheins schier unerschöpflichem Wissen über Einbände zeugt. Auf der Suche nach den Quellen dieses Wissens studierte Frau Jung Adolf Rheins „Wanderbuch“ (NRhein A3) – eine gebundene Sammlung von Briefen, Notizen und anderen Dokumenten aus seiner Zeit als Wandergeselle in Karlsruhe, Stuttgart, Zürich und Italien 1904 bis 1906. Zwar fand sie darin leider nicht das erhoffte kodikologische Geheimwissen, doch einige lebendige Zeugnisse des Gesellenlebens im frühen 20. Jahrhundert und eine ergiebige Quelle zum Wander- und Musikfreund, zum Menschen Adolf Rhein.

„Briefe gehören unter die wichtigsten Denkmäler, die der einzelne Mensch hinterlassen kann.“

 

„Spannend!“ – So war der Eindruck eines ersten Besuchs von Isabelle Kocher in der Sondersammlung der UB während eines Praktikums im Sommer 2016. So spannend, dass sie sich entschloss, das nächste Praktikum in ihrem Masterstudiengang „Angewandte Linguistik“ den alten Beständen und Nachlässen, die in der Sondersammlung betreut werden, zu widmen.
In Absprache mit Herrn Bouillon, dem Referenten der Sondersammlung, sichtete Isabelle Kocher im Februar 2017 einen Teil des Nachlasses der bedeutenden Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel. Briefe und andere Lebensdokumente galt es zu sortieren und zu bearbeiten, um sie anschließend zu scannen, benennen und in Archivbögen abzulegen. So bleiben die Dokumente der Nachwelt möglichst lange erhalten und sind auch digital gesichert und bearbeitbar!
Ein ungewöhnliche Entdeckung hat Frau Kocher während ihres Praktikums nicht gemacht, aber Einblicke in die Arbeit mit Nachlässen und den Umgang mit Archivalien gewonnen.

Zitat "Briefe ...": Johann Wolfgang von Goethe, 1805