Rimini – Erfurt – Augsburg – Eine Bilderwanderung

Unter den Altbeständen der UB Erfurt findet sich eine deutsche Ausgabe von De re militari (9-Lu. 4° 01001c) des spätrömischen Beamten Flavius Vegetius. Sie wurde 1529 von Heinrich Steiner in Augsburg veröffentlicht, einem sehr produktiven Drucker, der sich auf Luxusausgaben lateinischer Klassiker in deutscher Übersetzung für reiche Bürger, die sich bilden wollten aber wenig Latein konnten, spezialisierte (VD 16 V 466 Digitalisat). Da dieses Buch noch dreimal neu aufgelegt wurde, fand es offenbar reges Interesse.

Die große Überraschung in diesem Buch sind die über 120 ganzseitigen Holzschnitte. Diese haben nichts mit dem Inhalt (Organisation und Ausbildung der spätrömischen Armee) zu tun, sondern zeigen fantastische Waffen und Geräte, etwa Spezialleitern zum Erklimmen von Mauern, Kanonenbatterien, die in alle Richtungen feuern können, windgetriebene Kampfwägen oder Taucherausrüstungen.

Man könnte meinen, bei diesen Abbildungen handele es sich um das Produkt eines Exzentrikers, der wenig auf die technischen Möglichkeiten seiner Zeit Rücksicht nahm. Fast fühlt man sich an die Flugmaschinen Leonardo da Vincis erinnert (auch wenn diese auf eingehende Beobachtungen von Vögeln zurückgingen).

Jedoch stehen diese Bilder in einer größeren Tradition. Der Augsburger Band ist zunächst ein Nachdruck einer Vegetius-Ausgabe, die 1511 bei Hans Knappe in Erfurt erschienen war (VD16 V 465 Digitalisat) – die Augsburger Bilder sind leicht vereinfachte und aus drucktechnischen Gründen seitenverkehrte Kopien der Erfurter.

Da in dieser Zeit die Erfurter Drucker überwiegend Lehrbücher für die blühende Universität produzierten, entstanden dort kaum ‚Bilderbücher‘ – die großen Holzschnitte des Vegetius sind für die damalige Zeit dort einmalig. Aufgrund eines Monogramms wurden zahlreiche dem in Erfurt tätigen Maler Peter von Mainz zugeschrieben. Offenbar fanden die Bilder mehr Anklang als der antike Text – nach 1511 entstand noch eine weitere Ausgabe, die keinerlei Text aber dann über 200 Holzschnitte enthielt (VD16 ZV 9905 Digitalisat).

Für etwa ein Drittel der Bilder der ursprünglichen Ausgabe ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende: sie wurden von den Erfurter Illustratoren aus einem Lehrbuch der Kriegstechnik entnommen, das Roberto Valturio dem Sigismondo Malatesta (1417–1468) von Rimini, einem der großen Heerführer der italienischen Renaissance, gewidmet hatte. Als Illustrationen zu diesem Text (zu dem sie, im Gegensatz zum Traktat des Vegetius, wirklich passen) wurden sie mehrfach im 15. und 16. Jahrhundert, in Italien, Deutschland und Frankreich, gedruckt (z. B. GW M49412 Digitalisat)

Solche Odysseen von Abbildungen sind in der Zeit des frühen Buchdrucks nichts Ungewöhnliches. Durch die großen Digitalisierungsprojekte der letzten Jahre (fast 2/3 der deutschen Drucke des 16. Jahrhunderts sind schon digital verfügbar) besteht nun erstmals die Möglichkeit, sie systematisch zu verfolgen.

Der Verfasser dieses Posts versucht, nach und nach die Illustrationen bereits digitalisierter Erfurter Drucke des 16. Jahrhunderts in die kunsthistorische Fachdatenbank Warburg Institute Iconographic Database einzustellen, um damit einen kleinen Beitrag für ein solches Projekt zu leisten.

Zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall …

Mit einem Blick auf Cranachs Holzschnitt aus dem Werk „Passional Christi und Antichristi“ (1521) möchten wir uns für dieses Jahr von allen UB-Blog-Lesenden verabschieden.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UB Erfurt wünschen Ihnen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes und glückliches Neues Jahr 2019.

 

Chꝛiſtus.
Die fuchß haben yre gruͤben/ vnnd die fogell der lufft ire neſter/
Aber der ſon des menſchen hat nicht do er ſein heubt legte. Lu. 9
Dießer ab er wol reich war/ dennoch vmb vnſert willen iſt er
arm woꝛden/ vnd ſeyn armut hat vns reych gemacht. 2. Coꝛ. 8


Quelle: Deutsches Textarchiv
Signatur: UB Erfurt, Dep. Erf. 09 – T.as. 4° 73 (4)

„Rabimmel- rabammel – rabumm ….“ – Martini und die Erfurter Gloriosa

Wie schon in den vergangenen Jahren freuen sich Einwohner und Gäste Erfurts am 10. November 2018 auf die Ökumenische Martinsfeier. Es ist Tradition geworden, sich am Vorabend des Martinstages (11. November) auf dem Domplatz mit oder ohne Laterne für die Feier zu versammeln und zu singen.
Bevor um 18 Uhr die Martinsfeier beginnt, gibt es dann einen doch inzwischen recht seltenen Auftritt: Bühne frei für die Gloriosa!
Nur an hohen kirchlichen Feiertage oder zu besonderen Gelegenheiten wird die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt, die Gloriosa, geläutet (Termine für das Jahr 2018 siehe Läuteordnung)

Gegossen im Jahr 1497 für den Dom St. Marien und erstmals 1499 geläutet, überstand sie die Jahrhunderte, bis in den Jahren 1984 und 2004 Risse in der Glockenwand auftraten.
Die Reparaturen wurden durch die Glockengießerei Lachenmeyer im Glockenturm selbst (1985) bzw. in der Werkstatt in Nördlingen (2004) ausgeführt – seitdem ertönt die Gloriosa wieder im tiefen „E“.
Doch schon im Jahr 1639 wurde diese bekannte Glocke von einem Erfurtreisenden mit folgenden Worten kurz und bündig beschrieben:

„1639. 29 Maji zur Erffurdt die Glocksen gesehen, weliche ist goßen im Jahr 1497.vndt hadt ein gewicht 275. Centner.
Glöxel [ist] 11. Centner E[in]fang im Circel 5. klaffter das ist 15. Ellen.

Freuen wir uns also – wie schon vor 519 Jahren – auf das Glockengeläute der Gloriosa zu Ehren von Martin von Tours und Martin Luther!

Weitere Informationen zur Gloriosa
Signatur des Bands: UB Erfurt, Dep. Erf. 5 – T.pat. 12° 29

„sein Geist ist so entbrannt/ Daß Er sich auch gemacht an stärcksten Elephant.“

Diese Würdigung findet sich im Werk „Elephantographia Curiosa, Seu Elephanti Descriptio …“ von Georg Christoph Petri von Hartenfels aus dem Jahre 1715.
Der so gepriesene Forscher war ein in seiner Zeit bekannter und angesehener Erfurter Bürger. Geboren am 13. Februar 1633 in Erfurt, zog es ihn für seine Studien nach Jena, Groningen und Leipzig. Nach seiner Tätigkeit als Hauslehrer und Leibarzt in Greiz kehrte er 1662 nach Erfurt zurück. Im Folgejahr wurde er an der Erfurter Universität Professor und trat später auch als Kaiserlicher Pfalzgraf, Kurmainzer Rat und Stadtarzt in Erfurt in Erscheinung. Im Jahr 1689 wurde er in den Adelsstand erhoben und Universitätsrektor, ab 1692 war er mehrmals Bürgermeister in Erfurt. Hochbetagt starb von Hartenfels im Jahr 1718 als geschätzter Bürger und Wissenschaftler in seiner Heimatstadt.

Neben seinen medizinischen Schriften möchten wir das oben genannte Werk der „Elefantenkunde“ würdigen, in welchem von Hartenfels Informationen u.a. zu Körperbau, Lebensweise, Vorkommen und Nutzung der fremdartigen Elefanten zusammentrug und dies durch detailreiche und spannende Kupferstiche (von Jakob Petrus) illustrieren ließ.

Die beiden in der Sondersammlung der Universitätsbibliothek Erfurt vorliegenden Ausgaben (1715 und 1723) können gern hier studiert werden, werden aber demnächst ihre gewohnte Umgebung verlassen und im Grafikkabinett des Angermuseums zu sehen sein.

In der Ausstellung „Elephantographia curiosa. Erfurter Drucke des frühen 18. Jahrhunderts“  werden vom 28. September bis zum 30. Dezember 2018 die Kupferstiche gezeigt – wir wünschen dieser Ausstellung viele aufgeschlossene Besucher!

Link zum Digitalisat der Ausgabe von 1715

Dem Osterhasen auf der Spur…

Für die versteckten Eier am Ostersonntag sorgt hierzulande der Osterhase – in manchen Gegenden Deutschlands früher auch der Storch oder Fuchs.
Schon im Mittelalter wird das Ei mit dem christlichen Osterfest in Verbindung gebracht, wobei die Aufgabe des Hasen als Eierbringer zum ersten Mal im Werk von Georg Franck von Franckenau „De ovis paschalibus – von Oster-Eyern“ (erschienen 1682 in Heidelberg) geschildert wird. Der Osterhase versteckt die Eier, damit die Kinder im Grünen zur Freude der Erwachsenen die Ostereier suchen.
Dieser alte Druck liegt uns leider nicht im Altbestand der UB Erfurt vor, kann aber z.B. im Original in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek – Klassik Stiftung Weimar gelesen oder als Digitalisat im Volltext angesehen werden.
Zum Trost gibt es Hasen-Abbildungen aus der Handschrift CA. 2° 27 (oben) und aus dem bekannten Werk von Konrad Gessner „Historiae Animalium Lib.I. de Quadrupedibus uiuiparis. …“, 13-Nz. 2° 601d (1).
Eine erfolgreiche Eiersuche und ein frohes Osterfest!

Helau und Alaaf – die Narren sind los!

Am 14. Februar beginnt die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern. Davor wird noch einmal ausgiebig Karneval, Fastnacht, Fasnacht, Fasnet, Fasching, Fastabend, Fastelovend, Fasteleer oder einfach nur die fünfte Jahreszeit gefeiert. Dabei kommen je nach Region unterschiedliche Bräuche zum Tragen. Umzüge gehören genauso dazu wie Verkleidungen und Masken.

Besonders aus den Alpen, dem schwäbisch-alemannischen Raum und aus Venedig sind Masken bekannt, deren Abbildungen auch in den Alten Drucken der UB Erfurt zu finden sind..

Also – viel Spaß beim Verkleiden und Feiern!

 

Quellen:
Berger, Christoph Heinrich von : Commentatio De Personis Vulgo Larvis Seu Mascheris Von Der Carnavals-Lust …    Francofurti : [1723], UB Erfurt, Dep. Erf. 01 – A. 8° 00567

Friedrich, V.: Palatini Khönigreich in der Faßnacht …    1621,  UB Erfurt, Dep. Erf. 03 – Hu. 8° 03108 (36)