Der Buchschmuck in den Articella-Handschriften

Nachdem ich in den letzten beiden Blogbeiträgen einen Einblick in die Geschichte des Articella-Konvoluts gegeben habe, möchte ich noch etwas genauer auf den Buchschmuck innerhalb dieser kleinen Lehrbuchsammlung eingehen.

Der Buchschmuck hatte in mittelalterlichen Kodizes mehrere Funktionen. Einerseits konnte er die Repräsentativität des Bandes erhöhen, wenn er besonders elaboriert war. Diese kunstvollen Bilder wurden dann auch von Meistern angefertigt, die sich ausschließlich auf die Buchmalerei spezialisiert hatten. Andererseits waren sie aber auch für die spätere Nutzung des Bandes hilfreich, weil sie eine wichtige Orientierungshilfe bei der Nutzung der Handschriften waren. Hierzu wurde in der Regel der erste Buchstabe eines Textes, die Initiale, besonders aufwändig verziert. Doch auch untergeordnete Texteinheiten wie Kapitel- oder Satzanfänge wurden häufig für eine bessere Orientierung verziert – wenn auch deutlich schlichter mit Fleuronné, Lombarden oder einfachen Buchstabenstrichelungen (Abb. 1).

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Abb. 1: CA 2° 246, 1r. Der lehrende Hippokrates mit einem Schüler. Zudem zur weiteren Textgliederung unten links eine weitere Fleuronné-Initiale, oben rechts ein Alinea-Zeichen und zahlreiche Buchstabenstrichelungen an den Satzanfängen.

 

Für Handschriften aus dem universitären Kontext, die viel genutzt und häufig weitergereicht wurden, verzichtete man jedoch meist auf die kostspielige Buchmalerei. Dennoch befinden sich in den Articella-Beständen der Amploniana einige Exemplare mit sehr hochwertigem Buchschmuck. Ein Beispiel ist hierfür die CA 2°246. Bei dieser Handschrift findet sich an jedem Textbeginn eine besonders kunstvoll verzierte Initiale, in der ein Arzt bei einer Tätigkeit dargestellt wird. Solche Initialen nennt man in der Fachsprache historisierte Initialen, da sie meist konkrete Personen darstellen.

In unserem Fall ist vermutlich Hippokrates als Autor der Texte abgebildet, der im ersten Beispiel als Lehrender mit einem Schüler an einem Tisch mit Buch dargestellt wird (Abb. 1). Die ganze Szene ist innerhalb des Buchstabens P abgebildet, der sich auf einem blauen Feld mit weißem Filigran befindet. Hiervon gehen dann mit Dornen und Perlen verzierte Akanthusranken in verschiedenen Deckfarben ab. Abgerundet wird das ganze unterhalb des Textes mit einem Medaillon, das vermutlich die Personifikation der Medizin darstellen soll (Abb. 2).

Abb. 2: CA 2° 246, 1r. Vermutlich die Personifikation der Medizin (evtl. Hygieia), dargestellt mit einer Schriftrolle.

 

Auf der zweiten historisierten Initiale (Abb. 3) ist Hippokrates wiederum als Arzt bei der Begutachtung eines Urinschauglases dargestellt, womit die Diagnostik eines Arztes veranschaulicht wird. Auch dieses Bild ist innerhalb eines Buchstabens dargestellt, in diesem Fall dem U bzw. V von videtur. Und auch hier gehen von der Initiale in gleichem Stil gemalte Akanthusranken in Deckfarben ab, die damit beim Blättern den Textbeginn des neuen Textes ins Auge springen lassen.

Abb. 3: CA 2° 246, 53r. Initiales V für videtur, das hier aber eigentlich ein U ist, da im Lateinischen ursprünglich nicht zwischen U und V unterschieden wurde. Deshalb findet sich auch auf antiken Inschriften bspw. SENATVS POPVLVSQVE ROMANVS.

 

Bemerkenswert ist auch die historisierte Initiale des dritten Textes (Abb. 4). Hier musste aufgrund des Textbeginns das I von illi zu einer Initiale gestaltet werden. Da die historisierten Initialen aber innerhalb des Buchstabenkörpers gemalt wurden, war dies für den Buchmaler eine größere Herausforderung. Da er zudem Hippokrates als Arzt bei der Therapie darstellen sollte, der einen Kranken mit einer Medizin versorgt, musste er in diesem Fall den Buchstabenkörper auf beiden Seiten etwas verlassen, um die gewünschte Szene darstellen zu können.

Abb. 4: CA 2° 246, 87r. Hippokrates beim Verabreichen einer Medizin

 

Die Buchmalerei ist aber nicht nur schön anzusehen, sondern gibt auch den Handschriftenbeschreiber*innen wichtige Hinweise zur Lokalisierung und Datierung der Handschrift. Da die zeitgenössischen Buchmaler natürlich nicht wussten, wie der ‚alte Grieche‘ Hippokrates gekleidet war, malten Sie ihn in der lokalen zeitgenössischen Tracht. Diese lässt sich den wohlhabenden Bürgern Venedigs des 14. Jahrhunderts zuordnen, da hier die typische Kopfbedeckung des Stadtadels, eine turbanartige Haube (Capucci) dargestellt ist, die auf einer weißen Leinenhaube getragen wurde (vgl. Leventon, Kostüme Weltweit, 2009, S. 81f.).

Die kombinierte Analyse von Schrift, Inhalt und Buchschmuck weißt daher auf Bologna oder Padua als Ursprungsort hin, da sich dort die großen medizinischen Fakultäten der Region befanden. Allerdings deutet der elaborierte Buchschmuck dieser Handschrift sowie der Umstand, dass hier lediglich die drei großen Articella-Texte überliefert sind, darauf hin, dass es sich bei dieser Handschrift um einen repräsentativen Band handelt, den sich entweder ein sehr wohlhabender Student für sein Studium anfertigen ließ oder ein fertig ausgebildeter Arzt. Denn die drei Initialen bilden die drei zentralen Aufgaben des Arztes jener Zeit ab, nämlich die Lehre, die Diagnose und die Therapie.

Sven-Philipp Brandt

Selbstlernkurse auf Moodle

Die Bibliothek bietet über die E-Learning Plattform der Universität verschiedene Selbstlernkurse auf Moodle an. So können Sie sich in den Bibliotheksbasics einen ersten Überblick über die Bibliotheksnutzung verschaffen oder in etlichen Einführungen zur Literaturrecherche Informationen zur Suche nach Literatur in bestimmten Fachgebieten bekommen. Zum Literaturverwaltungsprogramm Endnote gibt es ebenfalls einen Selbstlernkurs.

Über Moodle können Sie sich auch zu unseren Citavi-Kursen und zur Citavi-Sprechstunde anmelden.

Sabine Ziebarth

 

 

Neues Angebot der Library of Anglo-American Culture and History: Podcasts

Der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützte und an der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen angesiedelte Fachinformationsdienst Library of Anglo-American Culture and History  (FID AAC) bietet nun auch eine Übersicht interessanter wissenschaftlicher Podcasts zum Thema anglo-amerikanische Geschichte und Kultur an.

Die Podcasts beschäftigen sich mit vielfältigen Themen aus unterschiedlichen englischsprachigen Ländern und Regionen: Literatur, Wirtschaft, Sprache, Postkoloniale Studien, Digital Humanities sowie aus verschiedenen Sonderforschungsbereichen.

Zugriff ist möglich über das Datenbank-Infosystem DBIS der Bibliothek oder direkt über die Webseite des Fachinformationsdienstes.

Sabine Ziebarth

Bibliothekseinführungen im Januar

Sie sind neu an der Universität und hatten noch keine Zeit, sich mit den Angeboten der Bibliothek zu beschäftigen? Im Januar bieten wir weitere Einführungen mit Informationen zur Nutzung, Ausstattung und zu den Serviceangeboten der Bibliothek an.

Die Einführungen finden im Vortragsraum der Bibliothek statt, die Teilnehmerzahl ist auf 9 Personen begrenzt. Eine Anmeldung über Moodle ist erforderlich. Bitte beachten Sie auch die jeweils geltenden Corona-FAQ.

Sie finden keinen passenden Termin? Besuchen Sie alternativ den virtuellen Kurs „Bibliotheksbasics“ oder die Hinweise auf der Webseite für Erstsemester.

10. Dezember 1971: Willy Brandt erhält den Friedensnobelpreis

In Erfurt weist manches auf den vormaligen Bundeskanzler Willy Brandt hin: zunächst der Bahnhofsvorplatz (heute: Willy-Brandt-Platz) mit dem Denkmal „Willy Brandt ans Fenster“, weiterhin die Willy Brandt School of Public Policy der Universität Erfurt. Am 10.Dezember 2021 jährt sich zum 50. Mal die Verleihung des Friedensnobelpreises an Willy Brandt. Die außerordentliche Ehrung würdigte weltöffentlich seine in der Bundesrepublik auch noch lange nach der Preisverleihung umstrittene, mutige Ostpolitik [1]. Im Unterschied zu späteren ähnlich motivierten Zuerkennungen des Friedensnobelpreises an Protagonisten friedensstiftender Initiativen hat sich Willy Brandts Ehrung als nachhaltig erwiesen, hat die Ostpolitik doch mittelbar zum Fall der Mauer 1989 beigetragen.

[1] Das sind 10 von 75 Treffern im Bibliothekskatalog OPAC zum Thema Ostpolitik:

3G nun auch in der Bibliothek/3G in the Library

Die für die Präsenzlehre an der Universität bereits seit Semesterbeginn geltende 3G-Regel gilt ab 24.11.2021 auch für die Benutzung der Universitätsbibliothek. Das bedeutet:

  • Zutritt zur Bibliothek haben nur Personen, die einen 3G-Status nachweisen können, d.h. gegen COVID 19 geimpft, genesen oder aktuell negativ getestet sind.
  • Das entsprechende Zertifikat kann durch das hierzu berechtigte Personal kontrolliert werden, u.a. durch Bibliothekspersonal, studentische Aushilfskräfte oder Mitarbeiter*innen des Wachdienstes.
  • Neben dem jeweiligen Nachweis muss auch ein Identitätsnachweis (z.B. thoska, Personalausweis, Pass) mitgeführt und auf Verlangen vorgezeigt werden.
  • Wenn jemand den geforderten 3G-Nachweis nicht vorlegen kann, wird ihm/ihr der Zutritt zum Bibliotheksgebäude nicht gestattet.

Die bisher geltenden Regeln zum Tragen von medizinischen Schutzmasken, zum Einhalten von mind. 1,50 m Abstand im Gebäude und zur Kontaktdatenerfassung bleiben bestehen.

Wir danken allen Nutzerinnen und Nutzern für ihr Verständnis und die Unterstützung der aktuellen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 Bleiben Sie gesund!

The 3G rule, which applies to classroom teaching at the university since the beginning of the semester, will also apply to the use of the university library from 24 November 2021. This means:

  • Access to the library is only granted to persons who can prove 3G status, i.e. who have been vaccinated against COVID 19, have recovered or have currently tested negative.
  • The relevant certificate can be checked by authorised staff, including library staff, student assistants or security staff.
  • In addition to the respective certificate, proof of identity (e.g. thoska, identity card, passport) must also be carried and shown on request.
  • If someone cannot show the required 3G proof, he/she will not be allowed to enter the library building.

All previous rules on wearing protective medical masks, keeping a minimum distance of 1.50 m in the building and scanning/registering of contact data still apply.

We thank all our users for their understanding and support of the current protective measures to contain the SARS-CoV-2 coronavirus Stay healthy!