Am 23. Mai 1949 erschien das Bundesgesetzblatt zum ersten Mal. Einziger Inhalt: das 146 Artikel umfassende sogenannte „Grundgesetz“ der in der Entstehung begriffenen Bundesrepublik Deutschland. Das Ganze 30 Jahre nach der Proklamation der Weimarer Reichsverfassung und wieder nach einem verlorenen Weltkrieg.
Die Vorgeschichte lastet jedoch nicht als Makel auf dem Grundgesetz, im Gegenteil: die Mitglieder des Parlamentarischen Rates haben unstrittige Passagen der Weimarer Verfassung übernommen und darüber hinaus Vorkehrungen getroffen, um die Fehlentwicklungen und Katastrophen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus im Ansatz zu verhindern. Dazu gehören der herausgehobene Art. 1 GG über die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, die dezidiert föderale Grundstruktur, der Verzicht auf basisdemokratische Elemente auf Bundesebene, das konstruktive Misstrauensvotum oder die Fünf-Prozent-Hürde und vieles mehr.
Die ungewöhnliche Bezeichnung „Grundgesetz“ wurde bewusst gewählt, um den Charakter des Unvollendeten, Provisorischen zum Ausdruck zu bringen, den die Verfasser des Textes in einer Verfassung sahen, welche die sowjetische Besatzungszone notwendigerweise ausklammerte.
Art. 23 GG sah für die Zukunft den Beitritt zunächst nicht integrierter Gebiete vor – so geschehen 1957 mit dem Saarland und 1990 mit den neuen Bundesländern im Zuge der Wiedervereinigung.
Verfassungen sind grundlegend, aber nie fertig, sie erfahren im Lauf der Zeit Änderungen und Erweiterungen. Das Grundgesetz ist bisher 63 Mal geändert worden, zuletzt am 29. März dieses Jahres.