Die Arbeiten des Bildhauers Stephan Balkenhol zählen seit Anfang der 90er-Jahre zu den beliebtesten Editionen des deutschen Kunstmarkts. Auf Einladung der vor 90 Jahren gegründeten Griffelkunst-Vereinigung, die ihre Frühjahrswahl ab dem 26. Mai in der Universitätsbibliothek Erfurt vorstellt, hat er als Jubiläumsblatt das ausdrucksstarke Bildnis eines jungen Mannes in seinem typischen Duktus gezeichnet und als Lithografie gedruckt. „Dazu erscheint das lang erwartete Werkverzeichnis von Balkenhols gesamter Druckgrafik und seinen Fotoeditionen“, erläutert Prof. Dr. Patrick Rössler, Leiter der hiesigen Griffelkunst-Gruppe.
Die neue Ausstellung überzeugt durch lebendige, technisch wie motivisch vielschichtige und ungewohnt kraftvolle, farbige Akzente. Mit Jana Gunstheimer stellt sich eine junge Künstlerin aus Jena vor, die ihre humorvollen Zeichnungen in Radierungen übersetzt hat. Christoph Ruckhäberle gehört zu den bekannten Leipziger Künstlerpersönlichkeiten, der sich bereits durch den Lubok-Verlag für Künstlerbücher einen Namen gemacht hat und der vor allem für die Technik des Linoldrucks steht. Das Bildpersonal von Heike Kati Barath ist sicher eines der ungewöhnlichsten und schrägsten in der zeitgenössischen Kunst: Im Siebdruck zeigt sie skurrile Typen und Köpfe, die zwischen kindlicher Unschuld und Böse-Abgründigem changieren. Und Ruth May schließlich hat im Zuge des neu eingerichteten Druckgrafik-Stipendiums der Vereinigung eine Serie von sieben Lithografien entwickelt, in denen sie eine eigene, rätselhaft kreatürliche Tier-Morphologie erfindet. Als Einzelblatt ist Sonja Alhäuser mit einer bildgewaltigen, dreifarbigen Lithografie vertreten, die die Besucher mit einem zeitgenössisch-barocken Höllenschlund konfrontiert.
Den traditionellen Foto-Schwerpunkt der Griffelkunst-Ausstellung bestückt zum einen Tobias Zielony, der zeitgleich im deutschen Pavillon auf der Biennale di Venezia gezeigt wird. Er hat sechs Fotografien aus seiner aufsehenerregenden Serie „Jenny Jenny“ über Straßenprostitution in Berlin für die Griffelkunst-Edition ausgewählt. Toni Schneiders grafisch streng komponierte Schwarzweiß-Aufnahmen aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ergänzen den Bereich der historischen Fotografie auf höchstem künstlerischem Niveau. Außerdem bestechen zwei großformatige Heliogravüren, die Roland Schappert für seine opulenten Text-Bild-Montagen mit Aquatinta bearbeitet hat.
Die Griffelkunst-Vereinigung, die nun schon im 90. Jahr Originalwerke renommierter Künstler an ihre Mitglieder abgibt, führt damit ihre Editionsreihen fort. Für alle Mitglieder und Interessenten findet am Dienstag, 26. Mai, zwischen 18 und 20 Uhr ein Besichtigungstermin in der Ausstellung statt, zu dem frühere Wahlblätter ausgegeben und Fragen zur Arbeit der Griffelkunst-Gruppe Thüringen beantwortet werden. Die Ausstellung ist dann bis zum 7. Juni während der Öffnungszeiten der Bibliothek für die Öffentlichkeit zugänglich.