„Von der kosmopolitischen zur nationalen Übersee-Forschung. Deutschland, Justus Perthes und die koloniale Wende in der Afrika-Kartographie“ ist der Titel eines Vortrags, zu dem die Forschungsbibliothek und das Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt anlässlich der 3. „Gothaer Kartenwochen“ am Donnerstag, 22. November, in den Spiegelsaal der Forschungsbibliothek einladen. Referent ist Prof. Dr. Imre Josef Demhardt aus Arlington/Texas. Beginn ist um 18.15 Uhr, der Eintritt ist frei.
Die Gründung der „Association for Promoting the Discovery of the Interior Parts of Africa“ im Jahr 1788 in London gilt als der Startschuss der modernen wissenschaftlichen Erkundung des „Schwarzen Kontinents“. Diese war über Jahrzehnte hinweg von einem kosmopolitischen Geist geprägt, der ganz selbstverständlich etwa dem Deutschen Heinrich Barth die Teilnahme an einer britischen Regierungsexpedition ins Herz Westafrikas und deren Kartografen August Petermann den Einstieg bei Justus Perthes’ Geographischer Anstalt ermöglichte. Der Höhepunkt dieser kooperativen Forschung in Gestalt der europaweiten Afrikanischen Gesellschaften der 1870er-Jahre weist jedoch schon Elemente der nationalstaatlich bestimmten kolonialen Wende im folgenden Jahrzehnt auf. Die Berliner Kongo-Konferenz im Jahr 1885 schließlich wies den Teilnehmernationen nicht nur exklusiven Territorialbesitz in Afrika zu, sondern schädigte auch das Gothaer Unternehmen durch die nahezu umgehende Beschränkung heimischer Forscher auf den geringen deutschen Beuteanteil von Afrika und – langfristig noch verheerender – leitete eine Veramtlichung des Berichts- und Kartenwesens ein. Den europaweit gewandelten nationalpolitischen Zeitgeist im Hause Perthes spiegelte gleich in mehrfacher Hinsicht Paul Langhans’ „Deutscher Kolonial-Atlas“ von 1897 wider, zugleich das letzte Gothaer Afrikakartenwerk von Bedeutung.
Imre Josef Demhardt wurde 2008 auf den Stiftungslehrstuhl für die Geschichte der Kartografie an der University of Texas in Arlington berufen. Der gebürtige Wiesbadener erhielt als Mittelstufenschüler die 1896er-Ausgabe von Andree’s „Handatlas“ als Weihnachtsgeschenk, die – obwohl ein Konkurrenzprodukt zu Perthes – sein fortdauerndes Interesse an Landkarten weckte. Nach dem Studium der Mittelalterlichen / Neueren Geschichte und Geografie in Frankfurt am Main führten ihn Feld- und Archivforschungen sowie Kurzzeitdozenturen in viele Ecken des Globus, u.a. ins subsaharische Afrika. Er ist der Verfasser zahlreicher Aufsätze und Monografien mit Schwerpunkt auf der Erforschungsgeschichte und Kartografie außereuropäischer Erdteile seit der Aufklärung.
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Prof. Dr. Alexander Schunka
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