Universität Erfurt

Wie in Gotha das Gesicht der Welt gezeichnet wurde: Pressemitteilung Nr.: 95/2010 - 10.05.2010

Entwurfszeichnung August Petermanns zu einer Karte des Nordpols, vor 1852
Entwurfszeichnung August Petermanns zu einer Karte des Nordpols, vor 1852

Das zur Universität Erfurt gehörende Forschungszentrum für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien Gotha lädt unter dem Titel „Zwei Jahrhunderte Kartographie in Gotha“ vom 31. Mai bis zum 18. Juli zu den "Gothaer Kartenwochen" ein. Im Mittelpunkt stehen eine Ausstellung, Vorträge hochrangiger internationaler Referenten, eine Filmvorführung und zwei wissenschaftliche Tagungen.

Die thüringische Residenzstadt Gotha bietet neben ihren barocken Schätzen ein weiteres Kleinod: die umfangreiche historisch-kartographische Sammlung des Justus Perthes-Verlags. Das Verlagshaus machte die Residenzstadt zwei Jahrhunderte lang zum Tor zur Welt:  Hier gingen Forscher von Weltruf ein und aus, hier wurden Landkarten und Atlanten produziert, die bis heute unser Bild der Erde prägen, hier erschien mit „Petermanns geographischen Mitteilungen“ eine der wichtigsten geographisch-kartographischen Zeitschriften im Europa des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Gotha und Perthes haben die Kartographie nachhaltig geprägt: Der „Gothaer Kartenstil“ wurde international zum geflügelten Wort.

Die Sammlung Perthes der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha ist aufgrund ihres Inhalts und Umfangs einzigartig: „Sie gehört zu den größten geographisch-kartographischen Spezialsammlungen überhaupt“, erklärt Petra Weigel, zuständig für die Sammlung Perthes in der Forschungsbibliothek. 2003 hatte der Freistaat Thüringen mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder den Nachlass des ehemaligen Gothaer Verlags erworben. Er umfasst nicht nur 185.000 Landkarten, sondern auch eine geographisch-kartographische Spezialbibliothek (120.000 Bände), eine Kupferplatten Sammlung (1.600 Stück) sowie 800 laufende Meter Verlagsarchiv. Dieser enorme Bestand macht nahezu alle Schritte der kartographischen und geopolitischen Informationsgewinnung und Wissensproduktion des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nachvollziehbar – vom Expeditionstagebuch bis zum fertigen Atlas. 

2010 nun jährt sich die Gründung des Verlagshauses Perthes zum 225. Mal. Die „Gothaer Kartenwochen“ nehmen dieses Jubiläum zum Anlass, um an eine lange historisch-kartographische Forschungstradition anzuknüpfen. Koordinator Professor Dr. Alexander Schunka: „Globalisierung gab es schon im 19. Jahrhundert, und sie ging auch von Gotha aus“. Dies werden die „Gothaer Kartenwochen" eindrucksvoll belegen. Die Veranstaltungen drehen sich dabei um Kartographie, um die Vermessung des Weltkreises und um die Entstehung von Weltbildern und Raumvorstellungen – von der Antike bis zur Gegenwart. Unter den Vortragenden sind der Präsident der Universität Erfurt, Kai Brodersen, Spezialist für Historische Geografie der Antike; ferner der international bekannte Humangeograf Jacques Lévy aus Lausanne, der Romanist und Kulturforscher Frank Lestringant aus Paris, der im Sommersemester als Mercator-Gastprofessor für einige Monate in Gotha arbeiten wird, außerdem der Germanist und Medienforscher Wolfgang Struck aus Erfurt, der gerade eine umfangreiche Studie zu Kolonialismus und Film vorgelegt hat.

Zur Auftaktveranstaltung der Gothaer Kartenwochen, die am Montag, 31. Mai, um 18.15 Uhr im Beisein von Kai Brodersen und Knut Kreuch, Oberbürgermeister der Stadt Gotha, im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein beginnt, sind alle Interessenten herzlich eingeladen. Es spricht der Historiker und Kulturwissenschaftler Philipp Felsch (ETH Zürich) zum Thema: „Der Kartograph der Kälte. Wie August Petermann den Nordpol erfand.“ Der Referent, der 2009 im Rahmen des Herzog-Ernst-Stipendienprogramms in der Sammlung Perthes geforscht hatte, hat zu diesem Thema gerade ein Buch veröffentlicht und präsentiert nun die gleichnamige, von ihm konzipierte Ausstellung. Sie wird bis zum 18. Juli im Spiegelsaal der Bibliothek zu sehen sein.

Weitere Informationen / Kontakt:

Prof. Dr. Alexander Schunka

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