Universität Erfurt

Wettlauf um die erste Universität Deutschlands: Pressemitteilung Nr.: 214/2010 - 04.11.2010

In der nächsten Veranstaltung der Ringvorlesung „Erfurter Gesellschaftsbilder“ am Dienstag, 9. November, referiert Privatdozent Dr. Robert Gramsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena über das Thema „Erfurt – die älteste Universität Deutschlands? Neue Forschungen zum Gründungsprivileg von 1379“. Die öffentliche Vorlesung beginnt um 18 Uhr im AudiMax der Fachhochschule Erfurt, Altonaer Str. 25, der Eintritt ist frei.

Mehr als zwei Jahrhunderte nachdem die europäische Universitätsgeschichte in Paris und Bologna ihren Anfang genommen hatte, öffneten die ersten deutschen Hochschulen ihre Pforten für die Studenten: 1386 Heidelberg, 1389 Köln, 1392 Erfurt. Ein hektischer Wettlauf, so als wäre es schon damals um den Titel einer „Exzellenzuniversität“ gegangen. Und ausgerechnet Heidelberg, die wenig urbane Residenz der Pfalzgrafen bei Rhein, zog an den mittelalterlichen „Großstädten“ Köln und Erfurt vorbei. Doch war Heidelberg damit wirklich die „Wiege der deutschen Wissenschaft“? Die Ursprünge der Erfurter Hochschule reichen sehr weit zurück. „Es gibt dort wohl 1000 Studenten“ schreibt ein anonymer Dichter etwas übertreibend schon um 1280 über Erfurt. Bis 1360 blühten hier mehrere geistliche Schulen mit fast universitärem Niveau. Dann kam Kaiser Karl IV. und warb die Erfurter Magister an seine neue, bis dahin eher unbedeutende Universität Prag ab.  Und schließlich 1379: das Jahr, an dem die Erfurter – sieben Jahre vor Heidelberg – von Papst Clemens VII. ein Privileg zur Gründung einer Universität in ihrer Stadt erhielten. Doch der Start der neuen Hochschule verzögerte sich…

Der Vortrag beleuchtet die Vor- und Frühgeschichte der Erfurter Universität und widmet sich dabei der Frage, warum es hier Ende des 14. Jahrhunderts überhaupt zu einer derartigen Gründung kam und was die Gründe für jene lange Verzögerung waren, die Erfurt um den „offiziellen“ Ruhm gebracht hat, „älteste deutsche Hochschule“ zu sein. Dabei werden neue, bisher unberücksichtigte Quellendokumente eine zentrale Rolle spielen, die zeigen, welche Personen das Gründungsprojekt forciert haben und was die tieferen Gründe für diese Aktivitäten waren – Gründe, die eher macht- als bildungspolitischer Natur waren (ein Umstand, der im Übrigen auch für die anderen Universitätsgründungen jener Zeit gilt).

Geht man danach, wann sich der erste Student in die Matrikel einer Hochschule einschrieb, wird man wohl weiterhin Erfurt nur den dritten Platz im Wettlauf um die älteste Universität Deutschlands zubilligen können. Geht man freilich danach, wo in Deutschland erstmalig die Idee zur Gründung einer Universität aufkam und wer die älteste Gründungs- und damit  „Geburtsurkunde“ besitzt, so wird man Erfurt den Ruhm, zuerst dagewesen zu sein, nicht absprechen können. Und dies umso mehr, als Erfurt für junge Menschen aus weiten Teilen Deutschlands schon im späten 13. und im 14. Jahrhundert Ziel der „peregrinatio academica“, der „akademischen Pilgerfahrt“ an die Quellen des Wissens, gewesen ist.

Die von Universität und Fachhochschule Erfurt gemeinsam organisierte Ringvorlesung findet in diesem Semester zum elften Mal statt. Partner der Veranstaltung sind die Stadtverwaltung Erfurt, die Volkshochschule, das HELIOS Klinikum sowie die Thüringer Allgemeine als Medienpartner. Unterstützt wird die Reihe von der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V. sowie der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Fachhochschule Erfurt e.V. Die nächste Ringvorlesung gibt es am 16. November im Rathausfestsaal, ihr Titel „Der lange Schatten Erfurts in Luthers Werk“. Referent ist dann Dr. Andreas Lindner von der Universität Erfurt.

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