Universität Erfurt

Haben Sie den Clown gesehen?: Pressemitteilung Nr.: 137/2010 - 15.06.2010

Paul Wegfraß, deutscher Meister im Uphill-Einradfahren
Paul Wegfraß, deutscher Meister im Uphill-Einradfahren, spielte den Clown in einem spannenden Experiment, das Studierende der Universität Erfurt jetzt in der Innenstadt durchgeführt haben.

Mit einem ungewöhnlichen Experiment haben Studierende der Universität Erfurt heute Nachmittag auf dem Willy-Brandt-Platz gezeigt, wie lebenspraktisch die Forschung auf dem Erfurter Campus sein kann. Und haben dabei Überraschendes zutage gefördert. Versuchsaufbau: ein großer öffentlicher Platz, viele Menschen, ihre Handys und ein vergnügter Clown auf einem Einrad. Sein Name: Paul Wegfraß, seines Zeichens deutscher Meister im Uphill-Einradfahren.

Das Handy hat unsere mobile Kommunikation revolutioniert. Es dient heute als Internet-Terminal, Fotoapparat, Walkman oder eben als mobiles Telefon. Als ständiger Begleiter lenkt es immer wieder unsere Aufmerksamkeit auf sich: Der prüfende Blick auf das Display - verpasste Anrufe, eine neue SMS? Im Gebrauch als mobiles Telefon scheint es dann endgültig alle verfügbaren kognitiven Ressourcen der Benutzer einzufordern, die die gegenwärtige Umwelt dann nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmen, nicht nur bei Autofahrern.

Zumindest ist dies das Ergebnis einer Feldstudie innerhalb des Magister-Programms der Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt. In dieser Studie wurden Handy-Nutzer im öffentlichen Raum mit einem ungewöhnlichen optischen Reiz konfrontiert. Ein einradfahrender Clown drehte entlang des Weges auf dem Uni-Campus seine Runden. Das Ergebnis: 85 Prozent der aktiven Handynutzer haben den Clown in ihrer Nähe nicht wahrgenommen. Ein Phänomen, das als „Inattentional Blindness“ bezeichnet wird. Die Studie bekräftigt damit die Ergebnisse der Western Washington University, die im vergangenen Jahr ein ähnliches Experiment durchgeführt hat.

Heute nun haben die jungen Wissenschaftler das ungewöhnliche Forschungsdesign in die Erfurter Innenstadt übertragen und den einradfahrenden Clown auf dem Willy-Brandt-Platz in die Pedale treten lassen. Sie wollten zeigen: Auch die Erfurter Bürger befinden sich in einer Form abwesender Präsenz, so lange sie ihr Handy am Ohr haben. Der Clown wird nicht wahrgenommen, auch wenn er sich in unmittelbarer Nähe befindet.

„Alle, die vermeintlich zwanglos zum Handy greifen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie sich damit immer auch ein Stück von der direkten Umgebung verabschieden", kommentiert Professor Joachim Höflich, unter dessen Leitung die Studie durchgeführt wird. Der Wissenschaftler gilt als Pionier der deutschen Handy-Forschung und hat in zahlreichen Studien Interaktionen, Nutzungsweisen und soziale Auswirkungen der Mobiltelefonie untersucht. Die aktuelle Untersuchung führt er im Rahmen der Methodenausbildung mit Master-Studenten des Seminars durch.  

Christopher Fink, Sprecher des Projektes: „Ziel unseres Experiments auf dem Willy-Brandt-Platz war es, moderne Kommunikationsforschung plastisch darzustellen und Alltagsphänomene auf kreative Art und Weise zu untersuchen. Zudem bot sich hier die schöne Gelegenheit, universitäre Forschung in die Stadt zu tragen.“

Die Ergebnisse des Experiments werden am Dienstag, 29. Juni, der Öffentlichkeit präsentiert. Beginn ist um 18 Uhr im Lehrgebäude 4, Raum D07 auf dem Campus an der Nordhäuser Straße.

 

Mehr Bilder finden Sie in unserer Bildergalerie.

Weitere Informationen / Kontakt:

Christopher Fink


Navigation

Werkzeugkiste