Universität Erfurt

Erste Senior lecture mit Otto Hermann Pesch: Pressemitteilung Nr.: 41/2009 - 17.03.2009

Otto Hermann Pesch (l.i.B.) mit Seminarteilnehmern

Fragen, Antworten, Diskussionen - sechsunddreißig Bände lang - und das auf Latein! So sieht das Original aus, dem sich, in der eigentlich vorlesungsfreien Zeit, Theologiestudenten der Universität Erfurt unter sachkundiger Leitung von Prof. em. Dr. Otto Hermann Pesch aus München stellten. Mit Hilfe der deutschen Übersetzung fanden die jungen Theologen einen Zugang zum umfassendsten Werk des Thomas von Aquin, der Summa Theologiae.

Es blieb aber nicht bei dem mittelalterlichen Theologen - von den Fragen des Thomas angeregt, schwappten die Wogen der Diskussion immer wieder in die heutige Zeit zu aktuellen Problemen. „Das ist kein Zufall, denn Thomas kann immer noch als Vorbild für Theologiestudierende gelten, weil er sich mit den Fragen seiner Zeit konstruktiv auseinandersetzte“, so Pesch. Die Argumentationsstruktur des Thomas ist zwar für Studierende heute ungewohnt: Fragen zuerst mit Einwänden, dann mit Gegenargumenten und schließlich im Corpus Articuli mit einer abwägenden Analyse zu beantworten, aber wie er mit dem Zeitgeist in Kontakt zu sein, bleibt eine Herausforderung. Für die fünf Studenten und zwei Promovenden war es reizvoll, sich in das mittelalterliche Schema einzuarbeiten. „Mit Thomas kann man viele ‚falsche Traditionen’ richtigstellen“, sagt Martin Nitsche, Erfurter Theologiestudent aus dem siebten Semester. „Freilich geht Thomas von Voraussetzungen aus, die wir so heute einfach nicht mehr haben“, merkt Dr. Veronika Hoffmann an, die als Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Dogmatik die Veranstaltung vorbereitet und begleitet hat.

Prof. em. Dr. Otto Hermann Pesch

Das Seminar mit dem renommierten systematischen Theologen war die erste Senior lecture im Rahmen des neuen Studienprojektes „Theologie intensiv“. Die Masterclass bietet besonders qualifizierten Studierenden die Chance, sich durch ein erweitertes Studienprogramm bereits nach dem Grundstudium auf Wissenschaft und Forschung zu konzentrieren. Gedacht ist hierbei im Besonderen an die Vorbereitung einer später möglichen Promotion.

Der Fokus der Woche lag auf der Gnaden- und Sakramentenlehre des Thomas von Aquin. Transsubstantiationslehre und die Frage, wieso Thomas Gnade als eine Art „Qualität“ versteht, gehörten ins Programm. Dabei wurde die ökumenische Relevanz dieser Überlegungen und die Bedeutung der aristotelischen Philosophie für Thomas deutlich. Neben dem mittelalterlichen Inhalt wurde auch die dazugehörige Form gepflegt: quaestio de quolibet (offene Diskussionsrunden am Abend) und sessio sollemnis (ein abschließender Umtrunk). Beim gemeinsamen Mittagessen gab der Professor sogar das Rezept für eine echte Sauce Bolognese preis. So wurde die Woche für die jungen Theologen sowohl fachlich als auch persönlich bereichernd.

Mit Otto Hermann Pesch hatte die Fakultät einen Emeritus gewonnen, der bis heute an vielen Stellen im Brennpunkt der ökumenischen Diskussion steht und der die jüngere Theologie mitgeprägt hat. Er war der erste Katholik in Deutschland, der an einer Evangelisch-Theologischen Fakultät einen Lehrstuhl innehatte, und ist in evangelischer wie katholischer Theologie gleichermaßen geschätzt.

„Ich freue mich auf ein Leben ‚nach der Theologie’“, sagt der emeritierte Professor, der sich in seinem ganzen Forscherleben mit der Theologie des Thomas und dem Vergleich mit der lutherischen Theologie beschäftigt hat. Doch noch will dem Systematiker das Aufhören nicht ganz gelingen: Lebhaft verweist er immer wieder auf seine „Katholische Dogmatik aus ökumenischer Erfahrung“, an deren zweitem Band er mit Hochdruck arbeitet. Zunächst aber führt ihn sein Weg von Erfurt nach Wien - zu einer Gastprofessur.

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