Eine Vielzahl von Zeugnissen religiösen Lebens prägt das Stadtbild Erfurts. Unter ihnen erfahren derzeit die Spuren gelebter jüdischer Religiosität eine besonders große Beachtung – und eine aktuelle Tagung des religionswissenschaftlichen Seminars an der Universität Erfurt geht diesen Spuren ebenfalls nach. „Kulte, Kirchen und Kulturen“, das sind die titelgebenden Schlagworte für eine Fachkonferenz, mit der das Seminar am 2. und 3. Oktober 2009 sein zehnjähriges Bestehen feiert. Tagungsort für Freitag, 2. Oktober, ist das Audimax der Universität an der Nordhäuser Straße 63. Für Samstag, 3. Oktober, ermöglichte die Stadt noch vor der Eröffnung des neuen Museums in der Alten Synagoge die Nutzung der restaurierten Räumlichkeiten in der Waagegasse.
„Was bedeutet Jüdischsein im wiedervereinigten Deutschland?“ – „Wie wurde schon in der Antike Religion praktiziert?“ – „Wo steht die Religionswissenschaft heute?“ Fragen wie diese erörtern Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen europäischen Ländern. Im Anschluss an die Konferenz laden Studierende der Religionswissenschaft die Gäste zu einer Stadtführung mit dem Titel „Jüdisches Erfurt“ ein. „Unser Seminar ist das größte seiner Art im deutschsprachigen Raum, und wir nehmen unser Jubiläum zum Anlass, mit renommierten Experten ebenso wie mit Nachwuchsforschern über aktuelle Fragen unseres Fachs zu diskutieren“, sagt Prof. Jörg Rüpke, als Religionshistoriker und Sprecher der Graduiertenschule Religion einer der Veranstalter der Tagung. Wesentliches Anliegen der Konferenz ist es jedenfalls, neben der Diskussion aktueller Inhalte das Selbstverständnis der Religionswissenschaft zu beleuchten und Perspektiven des Fachs aufzuzeigen. So befassen sich die Vortragenden u.a. mit dem Verhältnis von Religionswissenschaft zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Theologie, mit der Geschichte der Fachdisziplin und den Anfängen europäischer Religionsgeschichte. Eine öffentliche Podiumsdiskussion am ersten Konferenztag mit Wissenschaftlern aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz dreht sich um die Frage, wo sich die Religionswissenschaft in der heutigen Zeit verortet.
Das Fach zählt zu den jüngeren Disziplinen in der Wissenschaft. Es bietet vielfältige Schnittstellen u.a. zur Theologie, zu Sozial- und Geschichtswissenschaften, behauptet sich diesen Nachbardisziplinen gegenüber jedoch mit einem eigenständigen Forschungsprogramm. Anders als in der Theologie etwa geschieht hier die Beschäftigung mit Religion nicht innerhalb derselben bzw. aus ihr heraus, vielmehr wird die Religion, wie der bekannte Religionswissenschaftler Fritz Stolz es einmal formulierte „von außen her“ durchdacht. In Erfurt profitiert das Seminar für Religionswissenschaften von seiner Einbettung in ein lebendiges Forschungsnetzwerk; Kooperationen mit der Katholisch-Theologischen Fakultät, dem Max-Weber-Kolleg sowie der Graduiertenschule Religion sorgen für einen regen Austausch. Die inzwischen sieben Professuren widmen sich Judentum, Islam, Antiker und Vergleichender Religionsgeschichte, östlichem und westlichem Christentum sowie allgemein der Religionswissenschaft aus systematischer Perspektive. „Zehn Jahre religionswissenschaftliches Seminar in Erfurt – das schlägt sich konkret nieder in einer Vielzahl von Studierenden, das erste Dutzend Promotionen und Habilitationen, Hunderte von Veröffentlichungen und Millionen an Drittmitteln“, resümiert Prof. Vasilios Makrides, Seminarsprecher. „Anlass genug, um gemeinsam mit befreundeten Forscherinnen und Forschern, Alumnis und Studierenden Bilanz zu ziehen und der Öffentlichkeit Ergebnisse und Perspektiven religionswissenschaftlicher Forschung vorzustellen.“
Die Vertreter der Medien sowie alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an der Tagung „Kulte, Kirchen und Kulturen“ teilzunehmen. Die Gelegenheit zum Gespräch für Journalisten bietet eine Pressekonferenz mit Universitätsangehörigen und mit Referenten der Tagung am Freitag, 2. Oktober, 13 Uhr, im Präsidialberatungsraum (R.220, Verwaltungsgebäude, 1. Etage) auf dem Campus der Universität, Nordhäuser Straße 63.