„Religiöse Bilder im 20. und 21. Jahrhundert: Anstifter und Vermittler von sozial-politischen Konflikten in einer global erfahrenen Welt“ lautet der Titel des nächsten Vortrags der von FH und Uni Erfurt gemeinsam veranstalteten Ringvorlesung am kommenden Dienstag, 12. April. Referentin ist Dr. Dr. Jutta Vinzent vom Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt. Beginn ist um 18 Uhr im Festsaal des Erfurter Rathauses, der Eintritt ist frei.
Entgegen der immer wieder formulierten Auffassung, dass Kunst des 20. und 21. Jahrhundert wenig mit Religion zu tun hat, und wenn, nur mit Spiritualität, zeigen gerade die Ereignisse um die französische Zeitschrift Charlie Hebdo im vergangenen Jahr, die auf Abbildungen von Mohammed in Cartoons zurückzuführen sind, wie brisant Bilder mit einem eindeutigen Religionsbezug sein können. Vor allem in einer global erfahrenen Welt, die durch das Internet als Medium von schneller und weitflächiger Datenvermittlung geprägt ist, sowie vom alltäglichen Zusammenleben verschiedener Kulturen mit unterschiedlich geprägten Religionen. Obwohl – oder gerade weil – der Westen oft für eine offene, demokratisierte Gesellschaft steht, kommt es zu Konflikten, die entweder über religiöse Bilder ausgetragen oder sogar von diesen angestiftet werden, wie die Beispiele des Angriffs auf Chris Offili’s Madonna (1997) und die oben erwähnten Mohammed-Darstellungen zeigen, die beide auf Politik und Gesellschaft extremistische Auswirkungen hatten. Zeitgenössische religiöse Kunst stellt aber auch eine Herausforderung für eine westlich geprägte Kunstgeschichte dar, die sich über eine christliche Ikonografie definiert. Anstatt einer lediglich von christlichen Symbolen geprägten Methodologie schlägt diese Vorlesung deshalb eine Ikonografie vor, die auf Vermittlung basiert, nämlich auf transreligiösen Symbolen, die letztendlich aber auch die ‘Reinheit’ von christlicher Ikonografie generell hinterfragt, und damit die Kritik an dem von Samuel P. Huntington vorgeführten Kampf der Kulturen (original 1991), das dieser von Kitsikis‘ Modell der Intermediate Religion (1978) ableitet, aufnimmt. Letztere, die sich auf die geografische Region zwischen Adriatischem Meer und dem Fluss Indus bezieht, gehört nach Huntington weder zum Osten noch zum Westen, ist aber eigen und von einem inneren Konflikt geprägt (nämlich vor allem zwischen Orthodoxer Kirche und Sunitischem Islam). Dieser Konflikt wird von Huntington auf andere Teile der Welt übertragen, die, wie die Beispiele von religiösen Bildern zeigen, tatsächlich zu Konflikten führen. Über den von Hans Köchler als Reaktion von Huntington vorgeschlagene Dialog zwischen den Zivilisationen (1972) hinaus, argumentiert diese Vorlesung, dass – neben einer angestrebten Vermittlung – uns andere Kulturen und Religionen gerade zeigen, dass das, was wir als eigene Geschichte bezeichnen, ebenso hybrid ist (vgl. dazu Homi K. Bhabha in Die Verortung der Kultur, 1994) und es eher darum geht mit Stuart Hall zu argumentieren, dass „wir alle von einer bestimmten gesellschaftlichen Position sprechen, aus einer bestimmten Erfahrung, einer bestimmten Kultur“ (Neue Ethnizitäten, 1986), und, so der Vorschlag dieser Vorlesung, diese Position als dynamisch veränderbar akzeptieren.
Die nächste Veranstaltung findet am Dienstag, 19. April, statt. Prof. Dr. Johannes Tripps von der Universität Leipzig spricht dann über „Segnende Marienfiguren und sterbende Kruzifixe im Zeitalter der Reformation“.
Nähere Informationen unter: www.uni-erfurt.de/ringvorlesungen.