Einem besonderen Kapitel der ostdeutschen Filmgeschichte wendet sich die Universität Erfurt unter dem Titel „DEFA in Thüringen“ zu. Gefördert von der Thüringer Staatskanzlei, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Sparkasse Mittelthüringen sollen vom 25. Oktober 2016 bis zum 31. Januar 2017 jeden Dienstag um 18 Uhr im Haus Dacheröden Facetten der regionalen Ausprägung der DEFA-Filmgeschichte in den Blick genommen werden – in einem Wechsel von Vortrag und Kino. Der Eintritt ist frei.
Themen wie Autorennsport in Eisenach, Weimarer Klassik, Werbefilm oder Buchenwald werden bei den Vorträgen eine Rolle spielen, ebenso werden bekannte und unbekannte Thüringer Filmpersönlichkeiten vorgestellt. Die auch von der DEFA-Stiftung und der Stadt Erfurt unterstützte Vorlesungsreihe steht im Zusammenhang mit einem im vergangenen Jahr vollzogenen Ankauf zur DDR-Filmpublizistik, der derzeit an der Universität Erfurt mit dem Ziel einer Wanderausstellung ausgewertet wird.
Die am 17. Mai 1946 gegründete „Deutsche Film-Aktiengesellschaft“ (DEFA) produzierte bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1992 rund 700 Spielfilme und 450 Kurzspielfilme, 950 Animationsfilme und 2000 Dokumentarfilme. „Der Film war in der früheren DDR ein wichtiges Alltagsphänomen, das viele Menschen als interessierte Zuschauer beschäftigte“, verdeutlicht der Filmwissenschaftler Dr. Michael Grisko (Sparkassen-Kulturstiftung), der die Ringvorlesung gemeinsam mit Prof. Dr. Patrick Rössler (Universität Erfurt) organisiert. „Daneben waren sie aber auch von der Filmproduktion selbst betroffen, denn die staatliche Filmproduktionsgesellschaft DEFA verfilmte ihre Stoffe im ganzen Land, womit der Film auch immer ein regionales Phänomen war.“
Die öffentliche Ringvorlesung und die begleitende Filmreihe widmen sich speziell der Region Thüringen und wichtigen Aspekten des gesamten Filmschaffens in Thüringen während der DDR-Zeit. Knapp 900 DEFA-Spiel- und Dokumentarfilme haben mit Thüringen zu tun. Nicht nur Wintersport oder Urlaubsgeschichten wurden gezeigt, sondern auch Landschaften, Städte und Großbetriebe. Und bei den Spielfilmen wurde nicht nur „Lotte in Weimar“ (1975) in Thüringen produziert, sondern auch „Die Leiden des jungen Werther“ (1976) von Egon Günther. Oder „Kabale und Liebe“ (1959), den Regisseur Martin Hellberg teilweise im Gothaer Ekhof-Theater aufnahm, darüber hinaus entstanden Kinderfilme wie z.B. „Moritz in der Litfasssäule“ (1983) in Pößneck. Die Vorlesungsreihe will allen interessierten Kinofans einen ersten Einblick in diesen umfassenden Themenkomplex geben.
Programm:
25.10.2016, 18 Uhr
Prof. Dr. Patrick Rössler (Erfurt)/Dr. Michael Grisko (Erfurt): DEFA – zwischen nationaler und regionaler Filmgeschichte
1.11.2016, 18 Uhr
Filmvorführung: „Rivalen am Steuer“ (1956)
8.11.2016, 18 Uhr
Dr. Michael Grisko (Erfurt): Zwischen Südamerika und dem Thüringer Wald. „Rivalen am Steuer“ (1956) – ein populäres Automärchen aus Eisenach
15.11.2016, 18 Uhr
Filmvorführung: „Faria Ho!“ (1983) – Einführung: Wieland Koch (Erfurt)
22.11.2016, 18 Uhr
Dr. Günter Agde (Berlin): Unbekannte Bilder aus dem Nachkriegs-Thüringen, der DEFA-Kameramann Albert Ammer als Augenzeuge der DEFA (Wochenschau DER AUGENZEUGE.)
29.11.2016, 18 Uhr
Filmvorführung: „Denk bloß nicht ich heule“ (1965/1990)
6.12.2016, 18 Uhr
Filmvorführung: „Wengler und Söhne – Eine Legende“ (1987) und Buchvorstellung „Die Zeit, die Welt, das Ich. Zum Werk von Rainer Simon“ (Berlin 2016).
13.12.2016, 18 Uhr
Filmvorführung: „Moritz in der Litfaßsäule“ (1983) – Einführung: Dr. Julia Dünkel (Kulturamtsleiterin Stadt Pößneck)
20.12.2016, 18 Uhr
Dr. Anne Barnert (Berlin): Filmische Denkmale. Buchenwald im DEFA-Film
10.1.2017, 18 Uhr
Dr. Ralf Schenk (Berlin): Frank Beyer – von Thüringen bis L.A.
17.1.2017, 18 Uhr
Filmvorführung: „Lotte in Weimar“ (1976)
24.1.2017, 18 Uhr
Dr. Ralf Forster (Potsdam): „Im Dienste des Fortschritts“ – Modernisierungen des DEFA- Wirtschaftsfilms am Beispiel von Carl Zeiss Jena
31.1.2017, 18 Uhr
Dr. Jens Riederer (Weimar): Klassik als Kulisse im Schaufenster des Sozialismus? DEFA-Filme über Weimar im kulturpolitischen Kalkül der DDR
Die Ringvorlesung ist eine Veranstaltung der Universität Erfurt im Rahmen des Studium Fundamentale. Veranstaltungsort ist das Haus Dacheröden, Anger 37, 99084 in Erfurt. Zu den Filmen gibt es jeweils eine Kurzeinführung.