Universität Erfurt

Forschungsstelle zur Geschichte der älteren Universität Erfurt eingerichtet: Pressemitteilung Nr.: 01/2016 - 04.01.2016

Das Collegium Maius, das Hauptgebäude der älteren Universität Erfurt.
Das Collegium Maius, das Hauptgebäude der älteren Universität Erfurt.

Um ihre Geschichte weiter zu erforschen und zugleich einem breiten Publikum zugänglich zu machen, hat die Universität Erfurt eine neue „Forschungsstelle zur Geschichte der älteren Universität Erfurt“ eingerichtet. Geleitet wird sie von apl. Prof. Dr. Ulman Weiß am Historischen Seminar der Uni Erfurt. In einem ersten Teilprojekt soll zunächst das Kollegium „Zur Himmelspforte“ näher erforscht werden.

Im Jahr 1412 gründete Amplonius Ratingk de Berka auf dem Grundstück „Zur Himmelspforte“ das „Collegium Porta coeli“, das bis zur Schließung der älteren Universität 1816 bestand. Es ist das älteste und bedeutendste Erfurter Collegium mit einem weit über die Stadt hinausreichenden Ruf. Er bezog sich schon in früheren Jahrhunderten allein auf die von Amplonius gestiftete private Bibliothek. Mit ihren mehr als 600 Handschriften war sie eine der größten ihrer Zeit. Auf den stets gewachsenen Codices-Bestand mit nahezu 1000 Werken richtete sich deshalb das bis heute anhaltende wissenschaftliche Interesse. Unbeachtet blieb dagegen der mehr als 3000 Werke umfassende Libri-Bestand, der von der Inkunabel-Zeit bis in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts reicht.

Die Geschichte des Kollegs ist nach den beiden bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts führenden Aufsätzen des altlutherischen Pastors Georg Oergel nicht mehr behandelt worden. Selbst neue Arbeiten zur Universitätsgeschichte fußen, die „Porta coeli“ betreffend, auf seinen Untersuchungen. Eine einheitliche gründliche Gesamtgeschichte steht indes aus. Erste Untersuchungen richten sich nun auf die Bibliothek. Nach einer überblicksartigen Darstellung der gesamten Bibliotheksgeschichte sollen einzelne, satzungs- und strukturbedingte Sachverhalte thematisiert werden: in einer vergleichenden Sicht die historischen Kataloge, beginnend mit dem von Amplonius selbst angelegten Verzeichnis der von ihm gestifteten Bücher bis zu den Katalogen des 19. Jahrhunderts, ferner die Herkunft der gekauften und geschenkten Bücher sowie, wiederum vergleichend, die umfangreiche private Büchersammlung des katholischen Kollegiaten Lambert Heck († 1632) und die mit 600 Bänden noch stattlichere des evangelischen Kollegiaten Hermann Lindanus († 1644). Die Untersuchungen sollen den Blick auf die bislang verschattete Geschichte des Kollegs in der Frühneuzeit lenken. Mit der Ausrichtung auf die Bibliotheksgeschichte wird es möglich sein, den Platz der Bibliothek unter den zeitgenössischen Erfurter Bibliotheken zu bestimmen, aber auch ihre Bedeutung im Vergleich mit den anderen Bibliotheken im Reich zu beurteilen.

Grundlage dieser Untersuchungen muss jedoch das Verzeichnis der Kollegiaten sein: Jeder Kollegiat war eidlich verpflichtet, bei seiner Aufnahme ins Kolleg drei Gulden zum Besten der Bibliothek zu zahlen und ihr nach der Promotion Bücher zuzuwenden. Davon abgesehen ist die genaue Kenntnis der Kollegiaten, die stiftungsgemäß aus dem niederrheinischen Rheinberg, aus dem westfälischen Soest und aus Erfurt kamen, Grundlage jeder Arbeit zur Geschichte des Kollegs, mithin auch zur Geschichte der älteren Erfurter Universität. Da Oergel das Verzeichnis bis zum Jahr 1518 bereits veröffentlicht hat, beschränkt sich die Arbeit für diesen Zeitraum auf die Bereicherung der ermittelten biografischen Angaben. Beabsichtigt ist, für jeden Kollegiaten die Lebensdaten, die Daten des akademischen Bildungsganges und der beruflichen Laufbahn sowie, im Falle publizistischer Tätigkeit, die Veröffentlichungen zu nennen.

Das Verzeichnis der Kollegiaten bis 1792 wird im Erfurter Stadtarchiv, das andere bis zum Jahr 1816 im Erfurter Bistumsarchiv aufbewahrt. Während die Namenliste der Kollegiaten in Erfurt zusammengestellt werden kann, müssen die biografischen Daten der meisten von ihnen jedoch in auswärtigen Archiven erhoben werden, zumal die aus dem Kolleg stammenden Quellen im Stadtarchiv bloß trümmerhaft überliefert sind.

Die Ergebnisse seiner Arbeit wird Prof. Ulman Weiß auf einer Website präsentieren. Eine erste Veranstaltung der Forschungsstelle findet am Mittwoch, 13. Januar, statt. In seinem Vortrag spricht Ulman Weiß dann über „Die Bibliothek des Kollegiums ‚Zur Himmelspforte‘ in der älteren Universität Erfurt“. Beginn ist um 18 Uhr im Lehrgebäude 4, Raum D04, der Universität Erfurt. Der Eintritt ist frei.

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