Über „Vorkoloniale Kartografien Nordostafrikas: Humboldtian Science im Feld?“ spricht Prof. Dr. Wolbert G. C. Smidt (Mekelle) in einem öffentlichen Vortrag am kommenden Donnerstag, 12. Februar, im Seminarraum des Forschungszentrums Gotha der Universität Erfurt. Beginn ist um 17.15 Uhr, der Eintritt ist frei. Alle Interessierte sind herzlich willkommen.
Für Europa voller Geheimnis, zogen Kultur, Geschichte und Religion des orthodox-christlichen Reichs von Äthiopien seit dem frühen 19. Jahrhundert zahlreiche Forscher an. Ganz im Sinne einer ‚humboldtianischen Durchdringung‘ wurde die Region so Modellgebiet für eine neue Kartografie, die Regionen bis ins dörfliche Detail erfasste und gleichzeitig in große politische sowie geografische Zusammenhänge stellte; eine Kartografie, die einerseits hochgradig narrativ, andererseits von einem großen naturwissenschaftlichen Ehrgeiz geprägt war. Durch die starke Präsenz so vieler Forscher in Äthiopien verfügen wir über wertvolle kulturhistorische Quellen, die indirekt lokale Narrative über Territorien, Fürstentümer und Stammesgebiete abbilden. Gleichzeitig jedoch führte eine Konzentration auf das christliche Äthiopien dazu, dass Kartografen große Staatsgebiete wie die muslimischen Nachbarreiche oder die ‚paganen‘ Königreiche des Südens weitgehend übersahen. Auf diese Weise entstand das hochkomplexe Bild einer alten christlichen Region, umgeben von offenen, halb leeren Territorien. Diese Leere aber war Ergebnis einer Vor-Erwartung und damit eine Imagination, die die Verfügbarkeit dieser Territorien suggerierte – mit höchst politischen Folgen in der Kolonialzeit.
Der Referent, Wolbert G. C. Smidt, ist Associate Professor in Ethnohistory an der Mekelle University in Tigray/Äthiopien und Mitglied des Hiob-Ludolf-Zentrums für Äthiopistik der Universität Hamburg.
Der Vortrag findet im Rahmen des Workshops „Revisiting Humboldtian Science“ statt. Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie auf der Homepage der Professur für Globalgeschichte.