Über „Johann Valentin Andreae: Rosenkreuzer und politischer Theologe“ spricht Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann (Berlin) am Dienstag, 4. November, im Seminarraum des Forschungszentrums Gotha der Universität Erfurt. Beginn ist um 17.15 Uhr, der Eintritt ist frei. Alle Interessierten sind herzlich willkommen.
Vor 400 Jahren, in den Krisenjahren vor dem Dreißigjährigen Krieg, erschienen zwischen 1614 und 1616 drei kleine Schriften, in denen von einer geheimen Gesellschaft zur Reformation der Welt berichtet wurde: den Rosenkreuzern. Zwar wurde die Gesellschaft nie wirklich gegründet, aber diese Schriften – Fama Fraternitatis, Confessio Fraternitatis und Chymische Hochzeit – hatten zur Folge, dass sich zahlreiche evangelische Intellektuelle und Adlige bemühten, der Phantomgesellschaft beizutreten und in Flugschriften sowie öffentlichen Verlautbarungen ihr Interesse an diesem Projekt bekundeten. Die in Aussicht gestellte „General-Reformation“ sollte, so hoffte man, Politik, Religion und Natur gleichermaßen zu einer endzeitlichen Perfektion verbessern und damit der protestantischen Sache zum Endsieg gegen die Katholiken verhelfen. Verfasser der Texte war der spätere württembergische Pfarrer Johann Valentin Andreae (1586–1654), der den Erfolg der Rosenkreuzerschriften, von dem er selbst überrascht war, politisch-theologisch im Sinne der evangelischen Partei im Reich nutzen wollte. Entgegen Andreaes Intentionen jedoch wurden die utopisch-eschatologischen Rosenkreuzer-Symbole zu Katalysatoren einer religiösen Esoterik, die bis in die Gegenwart fortwirkt.
Wilhelm Schmidt-Biggemann ist Prof. em. für Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seine Interessenschwerpunkte liegen bei der Religionsphilosophie, der Christlichen Kabbala, der Politischen Philosophie, der Metaphysik und der Geschichtsphilosophie.