Thomas Kilpper, Künstler mit Wohnsitz in Berlin, hat 2009 den gesamten Linolfußboden der ehemaligen Kantine des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR mit einem Mosaik aus Bildern versehen. Auf 800 Quadratmeter verteilten sich die fotografischen Vorlagen, die alle einen Bezug zur staatlichen Überwachung herstellten. Sechs verschiedene Motive des Projektes „State of Control“ stellt die Frühjahrswahl der Griffelkunst-Vereinigung ab dem 7. Mai in der Universitätsbibliothek Erfurt vor.
„Diese sicher kontroverse Arbeit zeigt eine erschütternde Facette des vergangenen Unrechtsstaates“, sagt Prof. Dr. Patrick Rössler, Leiter der hiesigen Griffelkunst-Gruppe. Doch nicht alle Werke der Ausstellung weisen solch einen unmittelbaren zeitgeschichtlichen Bezug auf: Kai Schiemenz beispielsweise präsentiert in sechs mehrfarbigen Holzschnitten futuristische Städte, die von sich verändernden Stadtlandschaften erzählen. Sehr viel reduzierter sind die in schwarz-weiß angelegten Holzdrucke von Heinrich Modersohn. Sie sind gegenstandslos, lassen aber Bauformen der Natur assoziieren. In ihrer Reduziertheit scheinen sie fast wie ein Gegenentwurf zu den wuchernden Städten von Kai Schiemenz.
Inzwischen schon fast traditionell widmet sich die Griffelkunst auch der Fotografie – aktuell werden mit Michael Pfisterer und Volker Renner zwei junge Positionen gezeigt. Renners Serie „Wie war Las Vegas“ ist 2011 in der amerikanischen Wüsten- und Glücksspielstadt entstanden. Dabei verzichtet der Fotograf jedoch völlig auf vertraute Motive, sondern richtet seinen Blick in den Himmel oder auf den Boden, wo er Skurriles findet. Ebenfalls in die USA führt uns Michael Pfisterer: Er hat in der mathematischen Fakultät der University of Illinois in Chicago einen Quader aufgespürt, dessen sechs Seiten er für sein Mappenwerk überraschende Perspektiven abgewinnt. Die Ausstellung ergänzen Radierungen von Fernando de Brito und Henning Kles, die mit der Strichätzung die filigrane und mit der Aquatinta die malerischen Variante des Verfahrens gegenüberstellen. Zwei weitere, großformatige Radierungen von Kazuki Nakahara sind seriell angelegt und schlagen motivisch eine Brücke zwischen der europäischen und der asiatischen Tradition. Neben diesen jungen und doch etablierten Künstlern kommt mit Horst Janssen auch einmal mehr ein „Altmeister“ der Griffelkunst zum Zuge – hier durch eine lithografierte Landschaft, zu der auch ein Werkverzeichnis seiner späten Editionen erscheint.
Die Griffelkunst-Vereinigung, die nun schon seit mehr als 80 Jahren Originalwerke renommierter Künstler an ihre Mitglieder abgibt, führt damit ihre Edition namhafter Künstler fort. Für alle Mitglieder und Interessenten findet am Dienstag, 7. Mai, zwischen 18 und 21 Uhr ein Besichtigungstermin in der Ausstellung statt, zu dem frühere Wahlblätter ausgegeben und Fragen zur Arbeit der Griffelkunst-Gruppe Thüringen beantwortet werden. Die Ausstellung ist vom 7. bis 18. Mai während der Öffnungszeiten der Bibliothek zugänglich.