Universität Erfurt

Lebenswendefeier als Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden: Pressemitteilung Nr.: 28/2013 - 24.02.2013

Seit 15 Jahren wird Jahr für Jahr im Erfurter Dom die „Lebenswendefeier“ begangen. Sie ist ein Angebot für Jugendliche, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, den Schritt vom Kind zum Erwachsenwerden in einer eigenen Feier zu vollziehen. Mittlerweile findet in vielen katholischen Bistümern Mittel- und Ostdeutschlands Vergleichbares statt. Das Theologische Forschungskolleg der Universität Erfurt hat an diesem Wochenende Praktiker und Wissenschaftler eingeladen, diese Feiern erstmals gemeinsam zu reflektieren.

Der Erfurter Theologe Prof. Dr. Benedikt Kranemann, der die Veranstaltung ausrichtete, wies dabei darauf hin, dass diese religiösen Rituale durch die Theologie erst noch im ganzen Umfang zu entdecken seien. Die Feiern, die sich von Erfurt aus verbreitet haben, sind deutlich kontextbezogen, doch gibt es bei vielen Gemeinsamkeiten zwischen den Feiern auch ortstypische Unterschiede. Großer Wert, so sagen die Verantwortlichen für solche Feiern, werde auf die Vorbereitung gelegt. Die Jugendlichen sollen die Möglichkeit erhalten, sowohl auf ihr bisheriges Leben zurückzuschauen, als auch nach der persönlichen Zukunft zu fragen. „Lebensthemen“, so erklärte eine Teilnehmerin aus Leipzig, stünden dabei im Mittelpunkt. Die Feiern sind Teil eines Prozesses, den die Jugendlichen vollziehen. Sie auf diesem Weg zu begleiten und dafür auch ein Ritual anzubieten, sei „Entwicklungshilfe“, sagte ein anderer Teilnehmer. Die Churer Liturgiewissenschaftlerin Prof. Dr. Birgit Jeggle-Merz wertet solche „Jugendrituale im Raum der Kirche“ als eines von mehreren sinnstiftenden Angeboten in der Gesellschaft. Lebenswendefeiern oder, wie sie in Leipzig genannt werden, „Feiern des Erwachsenenwerdens“ ziehen in Städten wie Dessau, Köthen, Magdeburg, Halle, Berlin, Leipzig oder eben Erfurt pro Jahr und Ort bis zu 240 Jugendliche an. Ein Motiv für das Engagement der kirchlichen Mitarbeiter, zumeist Laien, ist es dabei, an der eigenen Hoffnung Anteil zu geben.

Vielerorts gehen die Feiern auf Anfragen von Eltern ohne Kirchenbindung zurück, die sich für die Feiern dann auch engagieren. Die Lebenswendefeier hat Konsequenzen für die Kirche: Der Salzburger Theologie Prof. Dr. Hans-Joachim Sander hob im Rahmen der Tagung in seinem Vortrag hervor, dass mit der Lebenswendefeier die Zentralperspektive der Kirche aufgegeben werde. Der Blick gehe jetzt von innen nach außen, Perspektiven würden sich hilfreich verschieben. Und der tschechische Theologe Dr. Petr Štica betonte, die Tatsache, dass Kirche in der und für die Gesellschaft existiere, sei stärker zu gewichten. Die neuen Rituale wertet er als ein Signal für eine neue Offenheit der Kirche. Sie sei für den Katholizismus gefordert.

Die Tagung, die am Wochenende in Erfurt stattfand, soll nun mit zeitlichem Abstand wiederholt werden.

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