Universität Erfurt

„mein reklame-fegefeuer. Herbert Bayer und die deutsche Werbegrafik 1928–1938“: Pressemitteilung Nr.: 142/2013 - 29.10.2013

Porträt Prof. Dr. Patrick Rössler
Prof. Dr. Patrick Rössler

Im Rahmen des Berliner Themenjahres 2013, das unter dem Motto „Zerstörte Vielfalt“ steht, beleuchtet das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung in der Sonderausstellung „mein reklame-fegefeuer. Herbert Bayer und die deutsche Werbegrafik 1928-1938“ kritisch und umfassend das Schaffen des ehemaligen Bauhaus-Lehrers Herbert Bayer in der Zeit von 1928 bis 1938. Die Ausstellung ist vom 20. November bis 24. Februar 2014 im Bauhaus-Archiv Berlin zu sehen. Gastkurator ist Prof. Dr. Patrick Rössler von der Universität Erfurt.

Mit Herbert Bayers Auswanderung im Spätsommer 1938 verließ der seinerzeit kreativste Gebrauchsgrafiker Deutschland in Richtung USA. Als „Star“ unter den Werbedesignern war es dem Leiter des Dorland-Studios Berlin gelungen, sein künstlerisches Programm national und international zu etablieren. Seit 1928, seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Lehrkörper des Dessauer Bauhauses, hatte er konsequent die dort von ihm maßgeblich entwickelten Prinzipien eines modernen Reklamedesigns im Sinne der „Neuen Typografie“ verfolgt. In der für ihn charakteristischen Bild- und Formensprache, die Fotografie, Collage und Airbrush-Illustrationen mit klassischen Illustrationstechniken verband, gestaltete er Hunderte Plakate, Buch- und Zeitschriftentitel, Werbebroschüren, Anzeigen und Handzettel. Was in seiner Zeit als Gelegenheitsgrafik galt, sind aus heutiger Sicht Beiträge zum künstlerischen Grafik-Design, die ihrer Zeit um Dekaden voraus waren. Bayers Auftraggeber rekrutierten sich aus der Konsumgüterindustrie und dem Verlagswesen, ebenso aus staatlichen Stellen und staatsnahem Einrichtungen. Dass dabei Kompromisse mit den NS-Machthabern unvermeidlich waren, verdeutlichen verschiedene Entwürfe etwa im Kontext der Großausstellungen „Das Wunder des Lebens“ und „Deutsches Volk, deutsche Arbeit“, die aus heutiger Sicht zweifellos als Propaganda für die Ziele des Regimes zu deuten wären. Nach seiner Emigration weiterhin erfolgreicher Art Director und durch seine Arbeiten für die Bauhaus-Ausstellungen 1938 (MoMA) und 1968 (Wanderausstellung IfA) eine der prägenden Figuren der Bauhaus-Rezeption, hat Bayer zeitlebens eher wenig zur Erhellung dieser biografischen Phase beigetragen.

Die Ausstellung in Berlin präsentiert nun anlässlich des 75. Jahrestages von Bayers Emigration im Herbst 1938 dessen wichtigsten gebrauchsgrafischen Arbeiten jener Epoche. Zur Einordnung tragen ergänzend Beispiele sowohl aus seinem eigenen Schaffen während der Bauhauszeit und anschließend in den USA, als auch Höhepunkte der deutschen und internationalen Werbegrafik der 1930er-Jahre bei. Die Schau findet in Kooperation mit dem Denver Art Museum, das Bayers Nachlass beherbergt, statt, das zur selben Zeit eine Auswahl der auch in Berlin gezeigten Werke präsentiert. Als Gastkurator setzt Prof. Dr. Patrick Rössler von der Universität Erfurt mit diesem Projekt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konzept der „Vielfalt in der Gleichschaltung“ fort, die er mit der seinerzeit viel beachteten Ausstellung „Das Bauhaus am Kiosk“ zur Zeitschrift „die neue linie“ begonnen hatte, für die u. a. Herbert Bayer Umschläge entwarf.

Zur Ausstellung erscheint auch ein zweiteiliger Werkband über Herbert Bayers gebrauchsgrafisches Schaffen. Im ersten Teil wird die Zeitspanne von 1928 bis 1938, zu deren Erhellung Bayer zeitlebens eher wenig beigetragen hat, anhand zahlreicher Dokumente und neuer Archivfunde detailliert beleuchtet. Dieser Teil enthält auch einen Beitrag von Ute Brüning, der sich mit der Autorschaft von Bayer im Kontext des Studios Dorland und seinen zahlreichen Signierweisen befasst. Der zweite Teil des Bandes leistet eine Werkübersicht, in der rund 500 werbegrafische Entwürfe Bayers beschrieben und abgebildet werden. Hier sind erstmals alle bekannten Arbeiten aus den wichtigen Archiven in Europa und den USA zusammengetragen, ergänzt um einzelne Stücke aus einschlägigen Privatsammlungen.

Lesen Sie mehr im Interview mit Professor Dr. Patrick Rössler.

Weitere Informationen / Kontakt:

Prof. Dr. Patrick Rössler

Navigation

Werkzeugkiste