Universität Erfurt

Aus dem Dunkel ans Licht: Pressemitteilung Nr.: 103/2011 - 01.07.2011

Prof. Dr. Myriam Wijlens
Prof. Dr. Myriam Wijlens

„Aus dem Dunkel ans Licht – Konsequenzen aus den Fällen sexuellen Missbrauchs für die Kirchenleitungen“ lautet der Titel einer Tagung, zu der der Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Universität Erfurt in dieser Woche nach Erfurt eingeladen hatte. Hintergrund ist, dass die Fälle sexuellen Missbrauchs innerhalb der Katholischen Kirche gezeigt haben, dass nicht nur Minderjährige zu Opfern wurden, sondern auch, dass das Vertrauen in die Institution schwer gelitten hat. Welche Möglichkeiten Kirchenleitungen haben, damit umzugehen, darüber haben die Experten aus dem gesamten Bundesgebiet nun diskutiert.

„Die Reaktion der Kirchenleitungen muss ein schonungsloses Vorgehen, ein uneingeschränktes Ausleuchten der Situation sowie die Präventionsmaßnahmen beinhalten“, erläutert Prof. Dr. Myriam Wijlens eines der Ergebnisse der Tagung. Wijlens, Inhaberin des Lehrstuhls für Kirchenrecht der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Erfurt, hat kürzlich zusammen mit Dr. Wunibald Müller, Leiter des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach, ein Buch unter dem Titel „Aus dem Dunkel ans Licht“ veröffentlicht, das Ausgangspunkt der Tagung in Erfurt war. Die Prävention – so lautet eine der darin beschriebenen Thesen – beginne schon mit der Frage, wie die Gerichtsurteile, wie Verjährung, Bewährungsstrafe oder Geldstrafe zu verstehen sind, damit in Bezug auf den Täter Entscheidungen über Verbleib und Einsatz so getroffen werden könnten, dass es keine neuen Opfer geben wird. „Kirchenleitungen tun sich aber oft schwer mit der von ihnen empfundenen Spannung zwischen Prävention und Mitbrüderlichkeit“, sagt Wijlens weiter. Dazu hat im Rahmen der Tagung auch der Generalvikar von Würzburg, Dr. Karl Hillenbrand, einen beeindruckenden Vortrag gehalten und betont, dass die Prävention an erster Stelle stehen müsse. Was aber sind die Hintergründe dieser Spannung und wie können trotzdem kluge Personalentscheidungen getroffen werden? Hinsichtlich der Fälle sexuellen Missbrauchs durch Ordensangehörige kann dies beispielsweise bedeuteten, aus Gründen der Prävention einen Ordensmann nicht aus dem Orden zu entlassen, sondern ihn im Orden, aber unter Aufsicht zu behalten. Wie aber sieht dann die Aufsicht aus und was bedeutet dies Zusammenleben für die anderen Mitglieder der Gemeinschaft? Die Tagung in Erfurt ging nun diesen Fragen nach und richtete sich vor allem an diejenigen innerhalb der kirchlichen Leitungen, die im Bereich Ausbildung, Personal und Verwaltung arbeiten.

Prof. Dr. Myriam Wijlens ist als Kirchenrechtlerin seit vielen Jahren mit genau solchen Fragen beschäftigt. Seit einem Studienaufenthalt in Kanada in den 1980er-Jahren hat sie sich mit Missbrauchsfällen in der Kirche auseinandergesetzt und zahlreiche Anhörungen von Beschuldigten geleitet. „Nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in den vergangenen Jahren und der Einleitung der Strafverfahren stellt sich doch die Frage, wie es nun weitergeht“, sagt die Erfurter Kirchenrechtlerin. „Was können wir für den Opferschutz tun? Wie verfahren wir mit den Tätern? Wie kann Präventionsarbeit künftig aussehen? Und wie gehen wir mit dem Thema Verjährung um?“ Wichtig sei es hier, sich zunächst einmal Klarheit darüber zu verschaffen, wie bestimmte Strafen zustande kommen und wie sie zu bewerten sind. Hier unterscheide sich das kirchliche Strafrecht vom deutschen Recht in einigen Punkten, was oft nur unzureichend berücksichtigt werde. So habe das kirchliche Strafrecht beispielsweise deutlich mehr Handlungsmöglichkeiten als das deutsche Strafrecht. Die Aufgabe der Kirche sei es jedoch, beiden – Opfern wie Tätern – und gleichermaßen der Gesellschaft  gerecht zu werden. Wijlens:  „Deshalb  müssen wir einerseits Transparenz hinsichtlich der Strafen schaffen, andererseits müssen wir Wege finden, mit dem Geschehenen umzugehen und gleichzeitig auch Präventionsarbeit zu leisten. Die Kirche hat hier eine große Verantwortung – den Opfern gegenüber, aber auch im weiteren Umgang mit den Tätern. Und diese Verantwortung muss sie tragen“.

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