Mit einem Vortrag des Historikers Peter Burke startet am 7. Mai 2009 im Spiegelsaal auf Schloss Friedenstein das Frühjahrsprogramm des Forschungszentrums Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt (FGE). Neben öffentlichen Vorträgen werden Tagungen und Workshops angeboten. „Es ist uns gelungen, einige Wissenschaftler von internationaler Bedeutung nach Gotha zu locken“, freut sich Martin Mulsow, Direktor des FGE. Dadurch sei ein weiterer Schritt getan, Gotha als interessanten Forschungsstandort sichtbar zu machen.
Peter Burke (Cambridge), Professor für Kulturgeschichte, beschäftigt sich in seinem Vortrag mit der Figur des Universalgelehrten. Seit etwa 1600 kommt dieses Ideal auf, und mit ihm verbinden sich bestimmte Typen von Wissenschaftlern. Wie hat sich, fragt Burke, dieses Ideal, und wie haben sich diese Typen bis heute verändert? Am 15. Juni lädt das FGE zu einem Vortrag des Kulturhistorikers Carlo Ginzburg (Pisa) ein. Im 2. Korintherbrief 3,6 heißt es: „Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig." Ginzburg mache, so Mulsow, diesen Vers zum Ausgangspunkt einer abenteuerlichen geistesgeschichtlichen Reise. Die Vorträge sind öffentlich und finden, wenn nicht anders ausgewiesen, auf Schloss Friedenstein statt. Ausdrücklich lädt Mulsow auch Studierende der Universität Erfurt ein.
Neben diesen öffentlichen Vorträgen gibt es eine Reihe von Tagungen. Am 28./29.Mai richtet die in Gotha angesiedelte Graduiertenschule „Untergrundkommunikation“, eine Abteilung der Graduiertenschule „Religion in Mobilisierungsprozessen“, ihren ersten Workshop aus. Mulsow, zugleich Leiter der Gothaer Graduiertenschule, umreißt die Fragestellung: Gibt es eine Matrix des Untergrundes – nutzen Spione, Räuber, Freidenker und Separatisten eine gemeinsame Struktur der Kommunikation, der Geheimhaltung, der Flucht und des Verbergens? Mulsow weiter: „Projizieren wir extreme Fälle von Obszönität, Radikalität und Obskuranz nur in den uns nicht zugänglichen Untergrund, oder haben sie sich dort wirklich ereignet?“
Den bisherigen Stand der kultur- und sozialgeschichtlichen Genderforschung zum Gothaer Hof bilanziert ein Arbeitsgespräch über „Frauen am Gothaer Hof“, das am 4./5. Juni stattfindet. Untersuchungszeitraum ist das 16. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert. Bärbel Raschke, als DAAD-Stipendiatin am FGE angesiedelt, zu dem Konzept: „Die Beiträge befassen sich mit einzelnen Biographien, dem Problem der sozialen Rollenzuweisung und Identität, genretheoretische Fragestellungen nach oralen und verschriftlichten Literaturformen weiblicher Kultur am Hofe, Vernetzungen mit der politischen und Kultureliten der Zeit und nicht zuletzt Fragen der Wirkungsgeschichte einzelner Frauen.“
Nach dem Konzept von „Welt-Fiktionen“ fragt der Erfurter Literaturwissenschaftler Jörg Dünne in dem Workshop „Welt-Fiktionen“ am 3. Juli. Beiträge beschäftigen sich mit Tendenzen, die sich aus der Diskussion um Fiktionstheorie, Globalisierung und der neuen Raumwissenschaft, dem "spatial turn" ergeben.