An welchen Orten sind Geheimschriften entstanden? Konnten „öffentliche“ Orte wie das Wirtshaus zugleich Orte konspirativer Treffen sein? Wie hat man Fluchtrouten geplant, um sich der Verfolgung zu entziehen, und wie hat man auf der Flucht geschrieben? Diese und andere Fragen sollen am kommenden Donnerstag und Freitag, 10./11. Dezember, bei einer Tagung am Forschungszentrum Gotha für kulturwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt diskutiert werden.
Unter dem Titel „Vergesellschaftung unter Abwesenden“ sprechen dabei Historiker aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien in der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein über die Untergrundkommunikation in der Frühen Neuzeit. Die Tagung wird vom Graduiertenkolleg „Untergrundkommunikation“ ausgerichtet und vom Direktor des Forschungszentrums, Prof. Dr. Martin Mulsow, geleitet. Mulsow selbst spricht zum Auftakt über den Fall des religiösen Dissidenten Adam Neuser.
„Als frühneuzeitlicher Untergrund gilt jener soziale Raum, der sich durch die Intransparenz entweder der Identität oder aber der Absicht der Akteure auszeichnet“, erläutert Mulsow. Eine solch weite Definition umfasst nicht nur untergetauchte Kriminelle oder Räuber, sondern auch Spione und Geheimdiplomaten, Freidenker, Wirtschaftskriminelle und Alchemisten sowie zahlreiche andere Gruppen oder Individuen, die etwas zu verbergen hatten. Daraus ergibt sich für Frühneuzeitforscher ein interessantes Feld im Querschnitt zwischen historischer Kriminalitätsforschung, religionsgeschichtlicher Sektenforschung, philosophischer Clandestina-Forschung, Zensur-Forschung und historischer Politikforschung. Interessant auch deshalb, weil sich aus der Struktur der Untergrundkommunikation Familienähnlichkeiten im Verhalten der Gruppen erwarten lassen. So machte die erschwerte Kommunikation beispielsweise Decknamen, konspirative Treffen und auch Geheimschriften nötig.
Die Tagung beginnt am Donnerstag um 10 Uhr im Konferenzraum der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein. Interessierte Medienvertreter sind herzlich eingeladen.
Weitere Informationen / Kontakt:
Prof. Dr. Martin Mulsow
- +49(0)361/737-1700
- martin.mulsow@uni-erfurt.de