Mit der Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils für Kirche und Theologie in der Gegenwart beschäftigt sich im gerade begonnenen Wintersemester eine öffentliche Veranstaltungsreihe der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, zu der jeweils am Donnerstag um 20.00 Uhr s.t. in den Hörsaal Coelicum in Domstraße 10 eingeladen wird. Die erste Vorlesung hält am 29. Oktober 2009 der Dekan der Fakultät, Professor Dr. Josef Freitag, zum Thema „‚Kirche kann ich nur im Singular buchstabieren‘ - Eine Kirche - viele Kirchen“.
Was zunächst wenig spektakulär wirken mag, erweist bei genauerem Hinsehen seine Brisanz: Spätestens die Auseinandersetzungen in der katholischen Kirche um die Pius-Bruderschaft und die damit verbundenen Diskussionen in Kirche und Gesellschaft haben gezeigt, wie wichtig gerade heute die Rückfrage nach diesem Konzil ist. Es war die entscheidende Kirchenversammlung des 20. Jahrhunderts, die nicht nur den Katholizismus des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich und spürbar bis in das Leben der Gemeinden und des Einzelnen hinein verändert hat. Das Zweite Vatikanum bleibt auch im 21. Jahrhundert das entscheidende Datum, wenn es um das Selbstverständnis der katholischen Kirche, das Verhältnis zu den anderen Konfessionen und Religionen, das Leben der Kirche in der Gesellschaft, ihre Sicht der Welt uvm. geht.
Doch scheint die Konzilsrezeption derzeit immer mehr zu einem Gegenstand der innerkirchlichen Auseinandersetzung zu werden: Wie können die Konzilsdokumente heute angemessen interpretiert werden? Was ist der häufig beschworene „Geist“ des Konzils? Welchen Weg soll die Kirche gehen, wenn sie die Anliegen und auch Vorgaben des Konzils Wirklichkeit werden lassen will? Sollen die eingeschlagenen Wege der Kirche in der Moderne weiter verfolgt werden oder bedarf es einer „Reform der Reform“?
Die Erfurter Fakultät sieht die Vorlesungsreihe als Möglichkeit, die Studierenden und die interessierte Öffentlichkeit neu an das Konzil, seine entscheidenden Dokumente und seine Wirkungsgeschichte heranzuführen. „Die Dynamiken, Aufbrüche und Neuorientierungen, aber auch auf die offenen Fragen, die sich aus diesem wichtigsten Ereignis der jüngeren Kirchengeschichte ergeben, werden im Mittelpunkt der einzelnen Vorlesungen stehen“, so der Dogmatiker Professor Dr. Josef Freitag, der die Reihe eröffnet. An den folgenden Abenden werden der Exeget Prof. Dr. Claus-Peter März nach den Impulsen für das Verständnis der Bibel und der Moraltheologe Professor. Dr. Josef Römelt nach der Diskussion des Konzils um die Geburtenregelung fragen. Im Mittelpunkt weiterer Vorlesungen sollen Fragen der Liturgiereform wie der Neuausrichtung der Pastoral, die Konzilsrezeption an der kirchlichen Basis, das theologische Profil des Jüdisch-Christlichen Dialogs wie des Dialogs mit den Religionen, Anstöße des Konzils zur Individual- und Gesellschaftsethik, die Suche nach dem „Wesen“ der Kirche und die nachkonziliare Rechtsstruktur stehen.