An den beiden Hochschuleinrichtungen der Stadt Erfurt gibt es zahlreiche Projekte, um ausländische Studierende besser in das Leben am Studienort zu integrieren. Dies geschieht auf dem Campus selbst wie auch in der Stadt durch Kontakte mit Einheimischen. In der Ringvorlesung am Dienstag (27. Mai 2008) werden zwei dieser Projekte vorgestellt, die interkulturelle Dialoge ermöglichen und unterstützen. Elisabeth Geffers-Strübel berichtet über "Springboard to Learning" und Petra Eweleit stellt das Patenschaftsprogramm "Fremde werden Freunde" vor.
Der Verein "Springboard to Learning" versteht sich als Brücke zwischen Hochschulen, Schulen und Bürgergesellschaft. Seit 1999 organisieren die ehrenamtlich tätigen Erfurter Vereinsmitglieder unzählige Begegnungen. Der Verein vermittelt ausländische Studierende und Migranten an Erfurter Schulen, damit sie dort als "Kulturbotschafter" ihrer Herkunftsländer die Welt ins Klassenzimmer bringen. Die interkulturellen Unterrichtsstunden sind stark nachgefragt: zwischen 500 und 800 Unterrichtsstunden werden pro Schuljahr vom Verein vermittelt. Ein "Sprungbrett zum Lernen" und zur Horizonterweiterung ist dies für beide Seiten: für die Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen, die viele fremde Welten - ganz persönlich, mit individuellem Gesicht - kennen lernen und für die ausländischen Studierenden, die das fremde Deutschland nun von innen kennen lernen. Perspektivenwechsel für beide Seiten - das ist auch das Anliegen von "Fremde werden Freunde".
Das gemeinsame Projekt der Universität, der Fachhochschule, der Stadtverwaltung und des Thüringer Institutes für Akademische Weiterbildung kann auf eine mehr als 5-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Zwischen ausländischen Studierenden aus über 40 Ländern und Erfurter Familien bzw. Einzelpersonen werden Patenschaften vermittelt. Derzeit gibt es 149. Es ist nicht nur ein Projekt für Toleranz und Gastfreundschaft. In vielfältigen Begegnungen lernen Paten und Studierende die jeweils andere Kultur, die andere Religion, die unterschiedlichen Lebensweisen, Sitten und Bräuche kennen. Es ist ein ständiges voneinander Lernen. Dabei entwickelt sich Toleranz und Akzeptanz auf beiden Seiten. Unwissenheit wird durch Neugier überwunden und aus Interesse wird Anteilnahme. "Das Fremde wird durch persönliche Kontakte vertrauter, das Anderssein wird nicht mehr als feindlich, sondern als Bestandteil einer multikulturellen Gesellschaft und als Bereicherung empfunden", so Projektleiterin Petra Eweleit. "Fremde werden Freunde" leiste außerdem einen wichtigen Beitrag für Thüringer Unternehmen, sich noch gezielter der zunehmenden globalisierten Wirtschaft anzupassen, da fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenzen für wachstumsorientierte Firmen immer wichtiger werden.
Der Vortrag zeigt die praktische Arbeit beider Projekte. "Begegnungen mit dem Fremden sind immer auch Begegnungen mit sich selbst. Ethnozentrismus, als Prägung jedes Menschen durch die Eigengruppe im Verlauf seiner Sozialisation, kann dabei nicht überwunden werden. Denn die Orientierung auf die Sichtweise und Wertehierarchie der Umgebung, in der jeder Mensch aufwächst, ist notwendig für die Identitätsbildung", so Elisabeth Geffers-Strübel. Jedoch könne dem Menschen seine eigene Perspektive als eine unter vielen bewusst werden. In dem Moment, in dem dies geschehe, beginne interkulturelles Lernen. Der Vortrag berichtet von Fremdheitserfahrungen in der Fremde und daheim und fragt nach den Bedingungen für das Gelingen interkultureller Verständigung.
Die gemeinsame Ringvorlesung von Universität und Fachhochschule Erfurt im Sommersemester 2008 steht unter dem Titel "Das Fremde - Faszination und Bedrohung". Die mit Unterstützung der Stadtverwaltung Erfurt und der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V. veranstaltete und von der Thüringer Allgemeine präsentierte populäre Reihe bietet jeweils dienstags (Beginn 18.00 Uhr) im Rathausfestsaal in insgesamt 12 Veranstaltungen Vorträge von Professoren und weiteren Experten aus unterschiedlichen Bereichen.