Im Erfurter Augustinerkloster findet vom 25. bis 27. Februar eine internationale Konferenz zu den aktuellen Vorbereitungen auf das sogenannte Panorthodoxe Konzil mit dem Titel „The Pan-Orthodox Council of 2016 – a New Era for the Orthodox Church? Interdisciplinary Perspectives“ statt. Organisatoren sind Prof. Dr. Vasilios Makrides und Dr. Sebastian Rimestad vom Lehrstuhl Religionswissenschaft (Orthodoxes Christentum) an der Universität Erfurt.
Ursprünglich sollte das seit vielen Jahrzehnten vorbereite Konzil in Istanbul stattfinden, dem historischen Sitz des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel. Aufgrund der jüngsten politischen Spannungen zwischen Russland und der Türkei im Rahmen des Syrienkonflikts hatte die Leitung der Russischen Orthodoxen Kirche, der numerisch größten Orthodoxen Kirche in der Welt von heute, diese Stadt als Veranstaltungsort jedoch verweigert. Als Alternativlösung bot sich die Insel Kreta an, die kirchlich dem Patriarchat von Konstantinopel untersteht. Dort wird das Konzil nun vom 16. bis 27. Juni stattfinden. Es wird das erste allumfassende Treffen der orthodoxen Teilkirchen aus verschiedenen überwiegend osteuropäischen Gesellschaften seit den Ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends nach Christus sein. Vor diesem Hintergrund sind zahlreiche Hoffnungen und Erwartungen mit ihm verknüpft, aber auch Befürchtungen und Probleme: Wird/werden die Orthodoxe(n) Kirche(n) dieses Konzil zu einer Neuorientierung und ggf. zu bahnbrechenden Entwicklungen nutzen können? Kann es eine vergleichbare Rolle für die Orthodoxe(n) Kirche(n) spielen, wie das Zweite Vatikanische Konzil der 1960er-Jahre für die Katholische Kirche? Kann die fragile gesamtorthodoxe Welt in diesem Konzil Einheit, Kooperationsbereitschaft und Zukunftsvertrauen zeigen? Solche und weitere Fragen sind im Vorfeld des Konzils in vielerlei Kontexten zu vernehmen, teilweise wurden sie heftig und kontrovers diskutiert – einerseits im innerkirchlichen Diskurs, der die theologische Rechtmäßigkeit eines Panorthodoxen Konzils kritisch betrachtet, und andererseits in den damit verbundenen politisierten Kontexten, in denen kirchenpolitische Bestrebungen nach Autorität und Macht eine gewichtige Rolle spielen.
Die nun geplante Fachtagung in Erfurt wird sich diesen Relationen annehmen, um das Konzil auch in Dimensionen seiner theologischen Außenwirkung akademisch zu betrachten. Schwerpunkt der Tagung werden die möglichen Konsequenzen von oder erschwerenden Faktoren für das Konzil im gesellschaftlichen Umfeld der Orthodoxen Kirche(n) sein. „Was am Schluss des Panorthodoxen Konzils herauskommen wird, werden wir sehen“, sagt Prof. Makrides. „Deshalb ist diese Konferenz bewusst explorativ angelegt. Wir betreten in mancherlei Hinsicht Neuland. Ohne Zweifel handelt es sich bei dem Konzil um einen Durchbruch für die gesamtorthodoxe Welt, jedoch sollten die Erwartungen realistisch und eher begrenzt bleiben.“
Die Tagungsteilnehmer kommen aus zehn verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Disziplinen. Sie treffen sich im Augustinerkloster, um das Konzil und seine Themen auf breiter Front zu umreißen. Auch Experten aus nicht-orthodoxen kirchlichen Zusammenhängen werden teilnehmen, um den Blick über die Orthodoxe(n) Kirche(n) hinaus zu gewährleisten. Die Tagung bietet so eine interdisziplinäre Sicht auf das Konzil, aus dem alle beteiligten Disziplinen neue Perspektiven und weiterführende Einsichten schöpfen können.
Die Konferenz in Erfurt wird von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie der Stiftung Renovabis, der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa, finanziell unterstützt.
Weitere Informationen / Kontakt:
Dr. Sebastian Rimestad