Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt und der Freundeskreis der Forschungsbibliothek Gotha e.V. laden alle Interessierten zum Vortrag „Alles Schicksal? Der Himmel als astrologische Auskunftei für die Zukunft auf Erden im Blick auf die frühe Neuzeit“ von Prof. em. Dr. Walter Sparn (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) ein. Die Veranstaltung findet am Mittwoch, 13. Mai, um 18.15 Uhr, im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein statt. Der Vortrag beschreibt die Funktion der Astrologie in der Frühen Neuzeit und ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Himmelspektakel. Astronomie im Protestantismus der Frühen Neuzeit “, die noch bis zum 21. Juni im Spiegelsaal zu sehen ist.
Horoskope gehören offiziell einer vergangenen, abergläubischen Welt an – trotzdem versäumen viele Medien auch heute nicht, Horoskope zu drucken, und die Frage, unter welchem Sternzeichen man geboren wurde, ist auch in gebildeten Kreisen keineswegs tabu. Um unsere kulturelle Lage zu verstehen, lohnt sich ein Blick zurück – besonders ins protestantische Deutschland. Denn die Reformation schuf zunächst keine klaren Verhältnisse: Luther hielt die Astrologie für Unfug, Melanchthon stellte Zeit seines Lebens Horoskope, wie auch Kepler und viele andere seriöse Gelehrte. Woran lag das? Grundlage der Astrologie waren einerseits die Astronomie, d.h. Vorgänge am Himmel wie Kometen oder Planetenkonjunktionen, andererseits die Apokalyptik, d.h. die Erwartung eines baldigen, von stellaren und terrestrischen Katastrophen begleiteten Weltuntergangs. Beides verstärkte sich gegenseitig, konnte sich aber auch gegenseitig schwächen. Warum verloren beide Typen der Prognostik gegen Ende des 17. Jahrhunderts ihre wissenschaftliche Reputation und gingen in die Subkultur? Der Vortrag wird sich auch der Frage widmen, welche Formen der Zukunftsbewältigung an die Stelle der Astrologie traten, und der Frage, was der Preis dafür war, an dem wir noch heute zu tragen haben.
Walter Sparn, in Wels (Österreich) geboren, studierte evangelische Theologie, Philosophie, Geschichte und Soziologie in Tübingen, Erlangen, Bonn und Edinburgh. Die Promotion erfolgte 1974, die Habilitation 1982 in Göttingen. 1980 bis 1986 übte er eine leitende Forschungstätigkeit an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel aus, anschließend war er Professor für Systematische Theologie und religiöse Gegenwartsfragen an der Universität Bayreuth. 1994 folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie I (Dogmatik und Fundamentaltheologie) der Universität Erlangen-Nürnberg. Prof. Sparn hat sich mit der Philosophie und Theologie der Frühen Neuzeit, des Luthertums und der Aufklärung befasst. Weitere Forschungsarbeiten galten der religiösen Biografie und Sozialisation, der Religiosität im modernen Pluralismus und Synkretismus und dem Wandel von Weltanschauungen in kulturellen Krisen.
Vor seinem Vortrag findet um 17 Uhr eine Sonderführung durch die „Himmelsspektakel“-Ausstellung mit den Kuratoren statt. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird jedoch gebeten.
Weitere Informationen / Kontakt:
Dr. Sascha Salatowsky
- +49 361 737-5562
- sascha.salatowsky@uni-erfurt.de