Welche Verbindung besteht zwischen dem politischen und ästhetischen Aufklärer Friedrich Schiller und dem Whistleblower Edward Snowden? Der Künstler Thomas Kilpper hat dieser Frage ein monumentales Triptychon gewidmet, das ab dem 18. November in der Universitätsbibliothek Erfurt zu sehen ist. Innerhalb der Herbstausstellung der Griffelkunst-Vereinigung kommt diesem dreiteiligen Druck eine Sonderrolle zu, denn es handelt sich um das 500. Einzelblatt der Reihe, an das natürlich besondere Maßstäbe angelegt wurden.
„Diese imposante Grafik veranschaulicht eindrucksvoll, wie wichtig es ist und schon immer war, dass sich Künstler auch politisch äußern“, erläutert Prof. Dr. Patrick Rössler, Leiter der hiesigen Griffelkunst-Gruppe. Die während der Öffnungszeiten der Uni-Bibliothek frei zugängliche Ausstellung kennzeichnet eine außergewöhnliche thematische Vielfalt ebenso wie der Variantenreichtum künstlerischer Techniken: Der jungen Bildhauer Thomas Straub beispielsweise fertigte mit Jade-Mehl überdruckte Photokopien, die seinen Blättern eine unverwechselbare Anmutung verleihen. Axel Loytved hingegen hat sich für seine stark konzeptionelle Edition „What a Day“ nicht nur die Nacht in Kiez-Clubs um die Ohren geschlagen, sondern sich auch zutiefst in den Mechanismus der vervielfältigten Kunst eingearbeitet. Ergebnis ist eine Serie aus vier Stempeln, die die Mechanismen von Ein-und Ausschluss befragt und den Betrachter ausdrücklich auffordert, selbst Hand anzulegen. In die Welt der Traumdeutung führt Marcel van Eeden, der sich von Sigmund Freuds berühmtem Werk zu einer Serie von Radierungen inspirieren ließ, wobei alle Deutungsstränge letztlich immer nach Den Haag, der Geburtsstadt des Künstlers, führen. Der britische Minimal Künstler David Tremlett ist mit aufwendigen Farbradierungen vertreten, die von Kreidezeichnungen in den Druck übertragen wurden. Lorenz Estermann entschied sich für den Siebdruck, um das Bildpaar „Tower I“ und „Tower II“ umzusetzen, während Oliver Ross in seinen grellbunten Einzelblättern gleich vier unterschiedliche Techniken verknüpft hat.
Den traditionellen Foto-Schwerpunkt der Griffelkunst-Ausstellung eröffnen diesmal sehr frühe Arbeiten, nämlich fast schon piktorialistische Motive von Heinrich Kühn (1866–1944), einem Kunstfotografen der ersten Stunde. Linn Schröders nachtschwarze Fotos aus der Serie „To the Moon“ entführen den Betrachter in die Welt der Phantasie und Magie, immer ausgehend von scheinbar unspektakulären Alltagssituationen. Friedrich Einhoff schließlich kann man malerisch als eine graue Eminenz der Szene bezeichnen; umso mehr überrascht deswegen, dass er nun erstmals fotografisch arbeitet. Seine Bilder sind durch das Zusammenspiel von historischen Glasnegativen und heutigem Bildmaterial entstanden – ein künstlerisches Verfahren, das er eigens für die Arbeit an dieser Edition entwickelt hat.
Die Griffelkunst-Vereinigung, die nun schon seit mehr als 80 Jahren Originalwerke renommierter Künstler an ihre Mitglieder abgibt, führt damit ihre Edition namhafter Künstler fort. Für alle Mitglieder und Interessenten findet am Dienstag, 18. November, zwischen 18 und 21 Uhr ein Besichtigungstermin in der Ausstellung statt, zu dem frühere Wahlblätter ausgegeben und Fragen zur Arbeit der Griffelkunst-Gruppe Thüringen beantwortet werden. Die Ausstellung ist danach noch bis zum 30. November während der Öffnungszeiten der Bibliothek zugänglich.