Nutzen Personalmanager soziale Netzwerke im Internet, um Näheres über ihre Bewerber herauszufinden? Und wenn ja: Welche nutzen sie und wie? Diese Frage haben sich acht Studierende der Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt gestellt und sich auf die Suche nach Antworten gemacht. Das Ergebnis ihrer Studie, die sie in Kooperation mit dem Online-Karriereportal „monster.de“ gemacht haben, liegt nun vor. Und fördert Erstaunliches zutage.
Im Rahmen ihrer Bachelor-Abschlussarbeiten haben die Studierenden Recruiting-Messen besucht, Bewerber, aber vor allem auch die Personalverantwortlichen großer Unternehmen befragt – über die tatsächliche Nutzung von Xing, Facebook und Co. im Bereich der Rekrutierung und über die Effizienz der Informationssuche im Netz. Dabei wurde schnell deutlich: Personaler spähen Bewerber nur selten mithilfe von Suchmaschinen aus. Google oder soziale Netzwerke spielen also bei der Bewerberauswahl kaum eine Rolle. „Vielen Personalabteilungen ist der Zeitaufwand für einen vorherigen Check der Bewerber im Internet zu hoch“, sagt Heiner Stahl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Vergleichende Literaturwissenschaft, Kultur- und Medientheorie, Mediengeschichte an der Universität Erfurt, der die Studie zusammen mit Professor Michael Giesecke im Rahmen der Projektstudienphase des BA-Kommunikationswissenschaft der Universität Erfurt betreut hat. Der „schnüffelnde“ bzw. googlende Personaler sei ein Mythos. „Vom gläsernen Bewerber sind wir weit entfernt. Die Untersuchung unserer Studierenden hat gezeigt, dass zwischen Unternehmensrealität und medialer Präsenz eine große Lücke klafft.“ Das klassische Bewerbungsverfahren verlaufe nach wie vor „analog“. Geeignete Kandidaten würden, wenn überhaupt, erst zum Ende einer Bewerbungsphase digital „durchleuchtet“. So sei es beispielsweise denkbar, dass es im Fall von mehreren gleich qualifizierten Bewerbern eine Recherche im Internet gebe. Am Ende sei jedoch für die Anstellung immer noch der persönliche Eindruck ausschlaggebend.
Dennoch kann eine gute Präsentation in den sozialen Netzwerken nicht schaden, raten die Experten. Denn: Der Einfluss des Internets auf den Rekrutierungsprozess wächst. Was aber sollte man als Bewerber posten und was nicht? „Die Lösung ist denkbar einfach“, sagt Stahl: „Wer in sozialen Netzwerken unterwegs ist, legt sich einfach zwei Profile an - eins, das ausschließlich für private Zwecke genutzt und in den Einstellungen „unsichtbar“ geschaltet wird, und ein Bewerbungsprofil für potenzielle Arbeitgeber.“ Aber auch für die digitale Zukunft gilt: Überzeugen muss man letztlich offline.
Hintergrund:
Die vorliegende Studie haben die Studierenden im Rahmen ihrer Projektstudienphase an der Universität Erfurt erarbeitet. Sie stellt eine Besonderheit in der deutschen kommunikationswissenschaftlichen Lehre dar. In ihrem letzten Studienjahr wenden die Studierenden darin in Kleingruppen von sechs bis acht Personen ihr bis dahin erworbenes Wissen auf die Lösung realer oder realitätsnaher Problemstellungen an. Über zwei Semester hinweg ist dies ihre einzige Lehrveranstaltung, die von einem Professor individuell betreut wird. Gemeinsam mit externen Projektpartnern (z.B. Einrichtungen der öffentlichen Hand, öffentliche Institutionen und Organisationen, freie Unternehmen) werden die Themen und Fragestellungen entwickelt. In der Vergangenheit konnten u.a. das ZDF, MTV, Premiere und die Pro-Sieben-SAT.1-Gruppe, T-Online, die Deutsche Post und das Bundespresseamt oder die Hubert Burda Media AG als Projektpartner gewonnen werden.
Die vollständige Studie „Der Einfluss sozialer Netzwerkseiten auf den Bewerbungs- und Rekrutierungsprozess“ kann bei Monster Worldwide Deutschland unter studien@monster.de angefordert werden.