Mit dem Preis „Recht und Gesellschaft“ der Christa-Hoffmann-Riem-Stiftung hat jetzt die renommierte Vereinigung für Recht und Gesellschaft Prof. Dr. Arno Scherzberg, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften an der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt, ausgezeichnet. Mit der mit 2000 Euro dotierten Auszeichnung würdigt die Vereinigung Scherzbergs Verdienste um die rechtswissenschaftliche Grundlagenforschung.
Laudator Prof. Dr. Peer Zumbansen von der York University Toronto bezeichnete die wissenschaftliche Arbeit Scherzbergs auf einem internationalen Kongress der deutschsprachigen ‚Recht und Gesellschaft’-Forschung in Bremen als „im besten Sinne Ausdruck einer hartnäckigen und anhaltenden Suche nach den Grundlagen und dem Kontext juristischen Denkens und Handelns vor dem Hintergrund radikal in Frage gestellter institutioneller und normativer Rahmenbedingungen.“ Scherzberg verbinde eine ungemeine Produktivität mit der hellsichtigen Sensibilität für Entwicklungen und Problemfelder, deren er sich mit scharfer Analytik und risiko- und experimentierfreudigem Wissensdurst annehme. So sei im Laufe der vergangenen zehn Jahre an der Universität Erfurt ein beeindruckend eingerichteter und ausgeübter Innovationsbetrieb entstanden, der sich nicht nur der Erforschung und kritischen Hinterfragung zentraler Konzepte der Staatswissenschaft, der Verwaltungslehre und des Europa- und Umweltrechts widme, sondern auch ein ambitioniertes Theorieprogramm entfalte, das in bisher erkennbar letzter Instanz auf die Formulierung einer juristischen Entscheidungstheorie als Handlungstheorie unter radikalen Ungewissheitsbedingungen gerichtet sei.
Bereits in seiner Habilitationsschrift über die „Öffentlichkeit der Verwaltung“, später dann in Arbeiten zur „Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft“ und zu einem Konzept der Klugheit des Entscheidens werde Scherzbergs Sicht auf das Recht und die Rechtswissenschaft deutlich. Während er auf der einen Seite die Rechtswissenschaft unermüdlich der Herausforderung aussetze, ihre Instrumente, Konzepte und Entscheidungsprogramme einem interdisziplinären Gesellschaftstheoriediskurs gegenüber anschlussfähig zu halten, zielten seine Arbeiten auf der anderen Seite darauf ab, Maßstäbe für die Nutzung von Recht als Handlungsnorm, als Anleitung zur Auswahl von Gestaltungsalternativen zu entwickeln. Dem Glauben an eine immer weiter getriebene und auch angesichts der eigenen Widersprüche noch zuversichtlichen Rationalität erteile er dabei eine deutliche Absage. Stattdessen gehe es ihm um Klugheit: um die Fähigkeit zur Orientierung in einer Welt, in der – auch innerhalb des Rechts – vielfach vorgegebene Maßstäbe fehlen und die Begrenztheit der Leistungskraft des vernunftgemäßen Denkens unhintergehbar geworden ist.
Zumbansen hob vielfältige Bezüge des Werkes Scherzbergs zu gegenwärtigen wissenssoziologischen, psychologischen, organisationswissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungen hervor und unterstrich, wie sehr die hier wie dort betriebene Relativierung von trügerischen Anfangsgewissheiten, hergebrachten Prämissen und Rationalitätsvorstellungen heute eine Grundbedingung gerade auch des juristischen Denkens und Handelns werden müsse. Scherzberg, dessen Forschungen nicht zuletzt der Erschließung dieser jenseits der tradierten Disziplingrenzen liegenden Wissenssphären gelte, habe eine reflexions- und anwendungsorientiert verstandene Rechtswissenschaft nachhaltig bereichert.
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Prof. Dr. Arno Scherzberg
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