Universität Erfurt

Wissenskulturen am protestantischen Hof: Pressemitteilung Nr.: 205/2010 - 21.10.2010

Das Spannungsfeld zwischen Wissenskultur am Hof und höfischer Lebenswelt untersucht ein Arbeitsgespräch, zu dem das Forschungszentrum Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt Frühneuzeitforscher vom 28. bis 30. Oktober in die Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein einlädt. Sein Titel: „Modell Gotha. Wissenskulturen am protestantischen Hof um 1700“.

Um 1700 florierten die Wissenschaften am Gothaer Hof auf Schloss Friedenstein. Unter Friedrich II. von Sachsen-Gotha und Altenburg vergrößerte sich die herzogliche Büchersammlung, eine in ganz Europa Aufsehen erregende Münzsammlung wurde erworben und Schloss Friedenstein erlangte einen bis heute nachklingenden Ruf als frühes Reformationsforschungszentrum. Hatte also die vom Herzog geförderte Wissenskultur auf Schloss Friedenstein über das Herzogtum hinaus Vorbildcharakter? Dieser Frage nach dem  „Modell Gotha“ gehen Frühneuzeitforscher in der kommenden Woche in einem Arbeitsgespräch nach. Damit folgen sie einer Einladung des Direktors des zur Universität Erfurt gehörenden Forschungszentrums Gotha, Prof. Dr. Martin Mulsow. Am historischen Ort werden sich drei Tage lang Teilnehmer aus unterschiedlichen Disziplinen – Historiker, Bildungsforscher, Kunstwissenschaftler und Ideengeschichtler – austauschen und erste Forschungsergebnisse diskutieren. Ein zentrales Thema ist dabei die herzogliche Sammeltätigkeit, die sich bis heute in Archiv, Bibliothek und Museum wiederfindet. Weitere Schwerpunkte sind die Rolle der Hofgeistlichkeit, das herzogliche Gymnasium sowie das Verhältnis von Hof und Dynastie.

„Das wird eine spannende Tagung“, freut sich Professor Mulsow. Denn gerade die Regierungszeit Friedrich II. sei bisher von der Forschung wenig beachtet worden. „Uns interessiert dabei vor allem das Spannungsfeld zwischen den Wissenskulturen der Frühaufklärungszeit und höfischer Lebenswelt um 1700.“ Hier eröffne sich ein Kommunikationsraum, den es zu erschließen gelte. Wie stand das Personal am Hof miteinander in Kontakt? Welchen Einfluss hatten möglicherweise auch die informellen Austauschprozesse auf die Ausbildung der höfischen Gelehrtenkultur? Am Beispiel der Untersuchung des Gothaer Hofs um 1700 könnten, sagt Mulsow, wichtige Impulse für die Frühneuzeitforschung ausgehen. Ziel sei es, die Residenz- und Hofforschung um wissens- und ideengeschichtliche Perspektiven zu erweitern, zugleich aber auch die frühneuzeitliche Wissenschaftsgeschichte an die soziokulturellen und politisch-konfessionellen Rahmenbedingungen an einem protestantischen Hof rückzubinden.

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