"Er ist doch mein Nachbar!" An der Doppeldeutigkeit dieses Ausspruchs könne man treffend Strukturen und Ziele der Nachbarschaft aus theologischer Sicht erläutern, sagt Michael Gabel. Der Professor für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt wird die Ringvorlesung zum Thema "Der fremde Nächste" am Dienstag nach Pfingsten (13.5.2008) um 18 Uhr im Erfurter Rathausfestsaal halten.
Das Thema "Glaube(n) in Nachbarschaft" ist Bestandteil des aktuellen Forschungsprojektes der Fakultät "Minderheit, Migration und Mission". "Diese Phänomene prägen die katholischen Gemeinden im Osten Deutschland auch heute noch", stellt Professor Gabel fest. Die katholische Kirche sei eine "Migrationskirche". "Die Flüchtlinge und Vertriebenen bildeten nach dem Krieg eine natürliche und eine konfessionelle Minderheit. Das ostdeutsche Diaspora-Christentum ist somit nicht historisch gewachsen, sondern jäh entstanden". Beide Kirchen seien in einer weitgehend konfessionslosen Gesellschaft "fremd", aber ungleich integriert. Mission in der Fremde bedeute für die katholische Kirche, bewusster, entschiedener ihre Aufgaben wahrzunehmen. Zugleich sei die Religion eine "Brücke in fremde Kulturen". "Ein Christ würdigt auch die Moschee als einen Ort des Gebetes und betritt sie mit Ehrfurcht", so Gabel. Wer in seiner Religion verwurzelt sei, dem erschienen auch andere fremde religiöse Formen als etwas Gemeinsames, selbst wenn sie in einen fremden Kulturraum führten.
Professor Dr. Michael Gabel ist seit 2000 Professor für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät. Der gebürtige Erfurter studierte von 1972 bis 1976 Theologie am damaligen Philosophischen Studium und wurde 1978 zum Priester geweiht. Seit 1989 lehrt er auch in Erfurt. 1990 promovierte er zum Doktor der Theologie mit einer Arbeit über Max Scheler. Von 2001 bis 2007 war er Prodekan der Fakultät. Seit Februar 2008 ist er Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentages und jetzt seit einer Woche auch im Präsidium des allgemeinen Fakultätentages in der Funktion des Sprechers für alle geisteswissenschaftlichen Fakultäten zuständig.
Die gemeinsame Ringvorlesung von Universität und Fachhochschule Erfurt im Sommersemester 2008 steht unter dem Titel "Das Fremde - Faszination und Bedrohung". Die mit Unterstützung der Stadtverwaltung Erfurt und der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V. veranstaltete und von der Thüringer Allgemeine präsentierte populäre Reihe bietet jeweils dienstags (Beginn 18.00 Uhr) im Rathausfestsaal in insgesamt 12 Veranstaltungen Vorträge von Professoren und weiteren Experten aus unterschiedlichen Bereichen.