Universität Erfurt

Das Seminarfach - wissenschaftlich arbeiten

Exzerpieren und Konspektieren: Literatur auswerten

Literatur auswerten

Exzerpieren und Konspektieren sind zwei Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens. Sie dienen dazu, Literatur auszuwerten.

Weitere Literaturauswertungsverfahren sind z. B.:

  • das Fakten entnehmende Lesen,
  • das Bilden von Zwischenüberschriften,
  • das Schreiben von Inhaltszusammenfassungen zu einem Abschnitt, zu mehreren Abschnitten, zu einem Kapitel usw.,
  • das Unterstreichen von Schlüsselwörtern,
  • die Inhaltswiedergabe mit vollständig eigenen Worten,
  • das Anlegen einer Wortschatzkartei (Diese enthält die Wörter aus dem Text, welche man nicht verstanden hat. Die Wortbedeutungen werden nachgeschlagen und zu den Wörtern dazugeschrieben.),
  • das Anfertigen von Randglossen,
  • das Schreiben von Kommentaren, Anmerkungen usw. zwischen die Textzeilen,
  • das Zuordnen eines Schlagworts oder mehrerer zu einem Textabschnitt, mehreren Abschnitten, einem Kapitel usw.,
  • das Anfertigen einer Inhaltslandkarte,
  • das Erfassen der Hauptgedanken,
  • das Formulieren von Fragen,
  • das Nachschlagen zentraler Begriffe,
  • das Erfassen von Fakten/Daten und das Überprüfen dieser mit Hilfe einer anderen Quelle.

Weitere Arbeitstechniken und Anleitungen zu diesen siehe Abschnitt "Wissenschaftliche Arbeitstechniken" in Lektion 5.

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Exzerpieren

Das Ergebnis des Exzerpierens ist ein Exzerpt(um).

Das Exzerpt verkörpert eine spezielle Textsorte. Grob gesagt ist es ein Textauszug unter einer bestimmten Fragestellung.

In Johann Heinrich Zedlers (1706 – 1751) "Grossem vollständigen Universallexicon Aller Wissenschafften und Künste", welches von 1732 bis 1754 erschienen ist, findet sich folgender Eintrag unter dem Lemma "Excerpiren":

Incipit des Eintrags "Excerpiren" aus Zedlers "Grosses vollständiges Universallexicon Aller Wissenschafften und Künste"

Excerpiren, ist diejenige Bemühung derer Gelehrten, da man aus dem, was man gelesen, einen Auszug macht, und solches dem Gedächtniß zum Besten aufzeichnet, damit solches zu rechter Zeit kann wieder gefunden, und gebraucht werden. Es bestehet also dasselbe in einer Sammlung von denen Gedancken andrer, die wir zu unsrer eigenen Meditation nöthig haben. Diejenigen machen sich den Weg in der Gelehrsamkeit  selber schwer, welche nur durch ihre eigene Meditationen klug werden wollen. Dieses eigene Nachdencken ist zwar der Grund einer wahrhafften und gründlichen Gelehrsamkeit, man muß sich anderer ihre Gedancken durch dasselbe eigen machen, wenn wir sie gebrauchen wollen. Dessen  ungeachtet aber müssen wir dasjenige, was uns von andern vorgearbeitet worden, nicht aus einem eiteln Hochmuthe bey Seite setzen." (1)

(1) Excerpiren, in: Zedler, Johann Heinrich (Hrsg.): Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschafften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden ... [Online-Dokument] http://www.zedler-lexikon.de [Zugriff am 09.08.2011], Bd. 8, S. [1192], Spalten 2321 – 2322, dort Spalte 2321. – Online-Version der Ausgabe Leipzig, Zedler, 1732 – 1754. Herausgeber der Online-Version: Bayerische Staatsbibliothek München und Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel

Wenn Du exzerpierst, liest Du eine Textquelle unter einer bestimmten Fragestellung durch. Du hast also beim Lesen eine bestimmte komplexe Frage im Hinterkopf. Diese komplexe Frage ist für Dich die Brille, durch die Du den Text anschaust. Du entnimmst dem Text ausschließlich die Antworten auf die Fragestellung. Diese Antworten ziehst Du aus dem Text heraus. Insofern ist ein Exzerpt ein Auszug aus einem Text unter einer bestimmten Fragestellung.

Die Antworten kannst Du dem Text wörtlich (Du fertigst wörtliche Zitate an) oder nicht wörtlich (Du fertigst nicht wörtliche Zitate, Paraphrasen, an) entnehmen. Eigene Gedanken, die die Antworten des Textes ergänzen, kannst Du ebenso notieren.

 
Aufbau des Exzerpts:

  1. Im Kopf des Exzerpts steht der Literaturnachweis der Textquelle,
  2. evtl. folgt, wo die Textquelle aufbewahrt wird (bei veröffentlichten Textquellen: Bibliothek, Standort und Signatur),
  3. dann machst Du evtl. einige wenige zusammenfassende Angaben zur Quelle (z. B. Inhalt, Form, Entstehung),
  4. schließlich folgen die Antworten, die Du im Text zu Deiner Fragestellung finden konntest.

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Konspektieren

Das Ergebnis des Konspektierens ist ein Konspekt.

Der Konspekt verkörpert eine spezielle Textsorte. Grob gesagt ist er ein Textüberblick.

Wenn Du konspektierst, liest Du eine Textquelle nicht unter einer bestimmten Fragestellung, sondern Du erfasst beim Lesen Inhalt und/oder Form des Textes. Ziel des Konspektierens ist es, einen Überblick über Inhalt und/oder Form zu geben. Die inhaltliche und/oder formale Gesamtheit des Textes sowie die schrittweise Entfaltung von Inhalt und/oder Form im Text steht im Mittelpunkt Deiner Aufmerksamkeit.

Welcher Inhalt folgt auf welchen? Wie sieht der "rote Faden" bzw. der Inhaltsfaden des Textes aus? Hat der Autor oder die Autorin Kapitel, Zwischenüberschriften o. ä. Gliederungen gewählt? Werden Illustrationen verwendet? Gibt es Literaturhinweise? Welche Autor_innen werden zitiert? Welche Argumentationsstränge wurden aufgebaut? Welcher Textsorte gehört der Text an? Ist es eine verschriftlichte Rede, ein wissenschaftlicher Aufsatz, ein Lehrbuch, ein Gedicht, ein Roman, eine Erzählung, ein Zeitungsbericht, ein Werbetext oder etwas anderes? Will der Text überreden, beschreiben, irrtumsfreies Wissen konstruieren, ein ästhetisches Weltverhältnis formulieren? An wen wendet sich der Text bzw. wer ist die Zielgruppe des Textes? Wie ist der Text formal gegliedert? Besteht er eventuell – wenn es sich um ein Theaterstück handelt – aus Akten und Szenen? Welche Person tritt wann, wo und  zu welcher Zeit auf? Wem begegnet sie? Was tut sie? Und so weiter.

Zu einer Textquelle kann man mehrere Konspekte anfertigen, z. B. einen zum Inhalt und einen zur Form.

Das Anfertigen von Konspekten ist insbesondere sehr hilfreich, wenn man eine Quellen untersuchende Arbeit anfertigt, somit Primärquellen auswerten wird.

Wie ausführlich man einen Konspekt ausarbeitet, kommt auf die Zielstellung an, die man verfolgt.

Beim Konspektieren kannst Du Inhalte wörtlich zitieren oder nicht wörtlich zitieren (paraphrasieren). Eigene Gedanken, die Inhalt und/oder Form kommentieren, kannst Du ebenso notieren.

 
Aufbau des Konspekts:

  1. Im Kopf des Konspekts steht der Literaturnachweis der Textquelle,
  2. evtl. folgt, wo die Textquelle aufbewahrt wird (bei veröffentlichten Textquellen: Bibliothek, Standort und Signatur),
  3. dann machst Du evtl. einige wenige zusammenfassende Angaben zur Quelle (z. B. Textsorte, Angaben zum Autor/zur Autorin, Entstehungsjahr),
  4. schließlich folgt der Inhalts-/Formüberblick. Der Abfolge der Inhalte/Formen, die der Text vorgibt, folgst Du beim Erstellen des Konspekts streng nach.

Somit stellst Du beim Konspektieren ein Abbild von Inhalt und Struktur des originalen Textes her.

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Impulse

  1. Wähle einen kürzeren wissenschaftlichen Text (z. B. einen Lexikoneintrag)! Formuliere eine Fragestellung, die Du an den Text richten möchtest! Fertige ein Exzerpt an!
  2. Fertige zum gleichen Text einen Konspekt an!
  3. Wähle einen fiktionalen, einen künstlerisch-literarischen Text! Fertige einen Konspekt an!
  4. Schlage in der Wikipedia einen Begriff nach, der unmittelbar mit Deinem Thema zusammenhängt! Schlage den Begriff auch in einem Fachlexikon nach! Formuliere eine Fragestellung, die Du an beide Texte richten möchtest! Fertige jeweils ein Exzerpt an! Vergleiche anschließend beide Exzerpte miteinander! Welche Antworten gab der eine und welche der andere Text?
  5. Schlage in der Wikipedia einen Begriff nach, der unmittelbar mit Deinem Thema zusammenhängt! Schlage den Begriff auch in einem Fachlexikon nach! Fertige jeweils einen Konspekt an! Vergleiche anschließend beide Konspekte miteinander! Wodurch unterscheiden und worin gleichen sich beide Lexikoneinträge formal und inhaltlich?

Exzerpiere die Sekundärliteratur, die Du für die Anfertigung Deiner Seminarfacharbeit nutzen möchtest!

Konspektiere die Primärliteratur, falls Du eine Quellen untersuchende Seminarfacharbeit schreibst!

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