Praktisches Projekt
Dass die Illustration nicht unbedingt ein einfaches Geschäft ist, haben Studierende des Studium Fundamentales "Von Dürer bis Janosch: Illustrierte Bücher nicht nur für Kinder" im Sommersemester 2018 an der Universität Erfurt erfahren können.
Ausgehend von frühen Einblattholzschnitten über die Ulenspiegel-Illustrationen der Dürerzeit, Zeichnungen zwischen Klassizismus und Biedermeier (Wilhelm von Kaulbach), der viktorianischen Zeit (Tenniel), den Jugendstil (Emil Preetorius), den Expressionismus (Kirchner) bis zur Illustration des 20. Jahrhunderts (Walter Trier, Jean-Jacques Sempé…) konnten sie feststellen, dass Buchillustration ein Medium von großer Bandbreite ist. Aufgabe des Illustrators / der Illustratorin ist es, den Inhalt einer Geschichte mit Bildern zu unterstreichen, aber nicht durch die Illustration zu dominieren. In manchen Fällen, wo der Illustrator und der Textschreiber ein und dieselbe Person sind, funktioniert diese Ergänzung gut, denken wir an die Geschichten von Janosch, wo die humorvollen Illustrationen die Wirkung des Textes verstärken. Von diesen Doppelbegabungen gibt es im Kontext des illustrierten Buches gar nicht so wenige, wie Alfred Kubin, Wilhelm Busch oder Walter Moers. Letztgenannte reihen sich in die große Phalanx derer ein, deren Haupterwerbszweig die komische Zeichnung: die Karikatur, der Cartoon oder der Bildwitz ist: Hans Traxler (Neue Frankfurter Schule), John Tenniel, E. H. Shepard (beide Punch), Walter Trier, Emil Preetorius, Alfred Kubin (alle drei Simplicissimus), Grandville (La Caricature und Le Charivari). Dies war kein Seminar über komische Zeichnungen, aber es ist deutlich geworden, dass man beides nicht trennen kann. Manche Illustrationen geraten zu eigenständigen Kunstwerken - oft sogar im Streit mit dem Autor, wie das Beispiel von Beardsleys Illustrationen zu Salome zeigt. Auch die Nibelungen-Illustrationen vom Karl Otto Czeschka, die zunächst auch in einer Prachtausgabe erschienen, gerieten zu einem autonomen Kunstwerk ebenso wie die expressionistischen Holzschnitte Kirchners zu Chamissos "Schlemihl".
Um das Programm abwechslungsreich zu gestalten und auch um ein gewisses Maß an Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten, habe ich auch Illustrationen gewählt, die uns aus Kindertagen vielleicht noch bekannt sind wie diejenigen zu "Pu der Bär" oder "Emil und die Detektive". Es ist vielleicht nicht so bekannt, dass deren Illustratoren recht zeitkritische Geister waren, was den einen (Trier) sogar ins Exil vor den Nazi-Schergen getrieben hat.
Da ein Stufu stets auch eine enge Anbindung an die praktischen Erfahrungen mit sich bringen will, habe ich mich entschlossen, die Studierenden in die Rolle des Illustrators "schlüpfen" zu lassen. Das bringt mit sich, dass man merkt, dass Illustration und auch Kunst allgemein weit davon entfernt sind, einfach zu sein.
Und so mussten zum Schluss die Studierenden die Kurzgeschichte "Zwergtaucher" des japanischen Autors Haruki Murakami aus dem Sammelband "Blinde Weide, schlafende Frau" illustrieren. Warum gerade Murakami? Seine Texte sind schon vom literarischen Standpunkt her sehr bilderreich, und deshalb vielleicht auch nicht schlecht zu illustrieren. Die Studierenden sollten - auch dies ist wichtig - selbst illustrierbare Textstellen auswählen und sich dann für eine entscheiden. Manche Textstellen waren so beliebt, dass sich gleich drei Personen dafür interessierten. Ich habe dies gewähren lassen, weil es auch die Vielzahl an Möglichkeiten aufzeigt. Man muss bedenken, dass - mit drei Ausnahmen - die Studierenden keinerlei künstlerische Ausbildung haben, und vor diesem Hintergrund ist ihnen Erstaunliches gelungen.
Ulrike Wollenhaupt-Schmidt
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Jasmin Rana |
Elisabeth-März |
Hanna Niemann |
Ulrike Wollenhaupt-Schmidt |
Pia Dzaak |
Robert Görl |
Clara Gesellensetter |
Gitta Saitz |
Ulrike Wollenhaupt-Schmidt |
Nicholas Kucker Triana |
Pia Dzaak |
Luisa Scharf |
Julia Schettler |
Halina Diedrichs |
Ulrike Wollenhaupt-Schmidt
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Jana Michels |
Linda Hoffmann |
Julia Barthel |
Johanna Oldenburg |
Aus Gründen des Urheberrechts verzichte ich für die Online-Version auf alle Textangaben. Leider bekam ich auch auf wiederholtes Nachfragen keine Antwort des DuMont-Buchverlages. So gilt: wer schweigt, stimmt zu. Übrigens ist Murakami mit der Zustimmung zu Illustrationen sehr heikel, und die einzige deutsche Illustratorin, die ihn illustrieren darf, ist Kat Menschik (
http://www.galiani.de/autor/kat-menschik/1481/).
Damit ist die Messlatte sehr hoch gehängt, aber das möge den Illustrator*innennachwuchs nicht bekümmern.