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    | Arnstadt | 
  
    | Übersicht LageDiözese
 Orden
 Bezeichnungen
 Patrozinien
 Gründung
 Aufhebung
 Geschichte
 Vogtei
 Konvent
 Beziehungen
 Pfarr-Rechte
 Besitzungen
 Bauten
 Schule
 Bibliothek
 Siegel
 Anmerkungen
 QuellenLiteratur
 Kurzfassung Zitiervorschlag |  | Walpurgiskloster/Nonnenkloster
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    | Langfassung | 
  
    | K.
    Heinemeyer  A. SchedelStand: 26.1.1998
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    |  Aufnahme:
    K. Heinemeyer | 
  
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    |  Lage
 
 |  | Stadt Arnstadt, Ilmkreis  a) bis rd. 1309: rd. 2 km südlich der Stadt auf dem Sporn des Walpurgis-
    oder Walperberges, des nördlichen Ausläufers des Höhenzuges "Wasserleite", in
    rd. 400 m Höhe über NN auf einem durch Steilhänge nach Westen zur Gera, nach Norden und
    nach Osten begrenzten Plateau
 (10° 56' 54" O  50° 49' 5" N)
 b) ab rd. 1309: innerhalb der Stadt im Südwesten bei der Liebfrauenkirche
 (10° 56' 34" O  50° 50' 4" N)
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    |  Diözese
 |  | Erzdiözese Mainz, Archidiakonat St. Marien in Erfurt | 
  
    |  Orden Rechtsform
 |  | BenediktinerinnenklosterPropstei (Priorat)
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    | Bezeichnungen 
 |  | claustrum ... montis sancte Waltpurgis (1273)1; prepositura montis sancte Walpurgis (1273)2; ... preposito, ... priorisse totoque conventui sanctimonialium
    ecclesie montis sancte Walpurgis prope Arnstete (1301)3; cenobii
    sanctimonialium monasterii montis sancte Walpurgis (1309)4; di closter vrowen
    zu Arnstete (1319)5; ... prepositus, ...
    priorissa ... totusque conventus sanctimonialium ecclesie sancte Marie in Arnstete (1332)6; ... probist, ... priorin und die gancze gemeyne der heiligen
    sampnunge der closter frouwin czu Arnstete sente Benedicti ordens (1416)7 | 
  
    |  Patrozinien
 
 |  | Maria, WalpurgisDie Klosterkirche war der hl. Maria geweiht. Der Berg dürfte schon früh nach der hl.
    Walpurgis genannt worden sein, möglicherweise aufgrund einer dort vermuteten älteren
    Walpurgiskapelle8. Wegen der Lage
    des Klosters auf dem Walpurgisberg trat Walpurgis als Mitpatronin neben Maria; darauf
    deutet das seit 1294 überlieferte Konventssiegel, das in der Umschrift die "hl.
    Maria auf dem Berge der hl. Walpurgis" nennt9. Nach der
    Verlegung des Klosters in die Stadt zur Liebfrauenkirche verschwindet das
    Walpurgispatrozinium10.
 Walpurgis, Schwester der Angelsachsen Willibald und Wynnebald, gehört in den Kreis um
    Erzbischof Bonifatius. 742 weihte dieser in der Kirche Wynnebalds zu Sülzenbrücken
    (nordwestl. Arnstadt) Willibald, den Gründer des Klosters Eichstätt, zum Bischof,
    wahrscheinlich für das neue Bistum Erfurt11. Walpurgis starb
    vermutlich 779 als Äbtissin des Klosters Heidenheim12. Ihre Verehrung
    breitete sich aus, nachdem Bischof Otgar von Eichstätt ihre Gebeine 870/879 nach
    Eichstätt überführt hatte. Bemerkenswert ist auch das Walpurgis-Patrozinium der oberen
    Kirche in dem Sülzenbrücken dicht benachbarten Apfelstädt, wo sowohl die Reichsabtei
    Hersfeld schon seit dem 8. Jh. als auch seit dem 9./10. Jh. das Bistum Eichstätt
    begütert waren13.
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    |  Gründung
 |  | Vor 1196, vielleicht um 1100 oder schon im 11. Jh.;
    1196 erste Erwähnung: Gebehardus prepositus de monte sancte Walburge14. | 
  
    |  Aufhebung
 |  | 1533 mit Einführung der Reformation in Arnstadt. | 
  
    |  Geschichte
 
 |  | Das Walpurgiskloster15 wurde von der Reichsabtei Hersfeld
    gegründet, die seit dem 8. Jh. (vor 775) zahlreiche Besitzungen in der Umgebung von
    Arnstadt erworben hatte und spätestens seit Anfang des 10. Jh. Arnstadt selbst besaß16. Irrig ist die wiederholt
    geäußerte Annahme, das Kloster sei schon i. J. 925 durch die Grafen von Käfernburg bei
    der nahen Wachsenburg gegründet und später auf den Walpurgisberg bei Arnstadt verlegt
    worden17.  Die Gründung wird
    meist in der Zeit um 110018 oder schon im 11.
    Jh. vermutet19. In den Quellen
    erscheint das Kloster zuerst i. J. 1196, als "Propst Gebhard vom Berge der hl.
    Walpurgis" als Zeuge in einer in Erfurt ausgefertigten Urkunde Erzbischof Konrads I.
    von Mainz für das nahe Zisterzienserinnenkloster Ichtershausen auftritt20.Seit seiner Gründung war das Walpurgiskloster ein Eigenkloster der
    Reichsabtei Hersfeld. An der Spitze des Konventes stand eine Priorin; die Seelsorge und
    die Verwaltung besorgte ein Propst. Er erscheint in den Urkunden stets an erster Stelle
    vor Priorin und Konvent21 und galt als der
    eigentliche Vorsteher22. Dementsprechend
    wurde die Niederlassung 1273 als "Propstei" auf dem Walpurgisberg bezeichnet23. Der Propst wurde von Beginn an
    durch den Hersfelder Abt ausgewählt und eingesetzt, wie Propst Gunther, Priorin Gerlind
    und der ganze Konvent wahrscheinlich 1273  offenbar im Zusammenhang mit dem
    gleichzeitigen Vergleich der Grafen von Käfernburg und Hersfeld um die beiderseitigen
    Rechte in Arnstadt  der Reichsabtei urkundlich bestätigten; sie versprachen, auch
    in Zukunft niemals ohne ausdrückliches Einverständnis und besondere Erlaubnis von Abt
    und Konvent zu Hersfeld einen Propst zu wählen24. Erneut erkannten
    Priorin und Konvent 1296 Hersfeld gegenüber diese Rechte an25, nachdem sie doch versucht hatten, selbstständig einen
    Propst zu wählen26.
 Das Kloster war anscheinend ausreichend ausgestattet und befand sich
    zunächst in einem guten Zustand. Gegen Ende des 13. Jh. aber, als die Reichsabtei
    Hersfeld mit ihren Arnstädter Vögten, den Grafen von Käfernburg-Schwarzburg, um den
    Erhalt ihrer Herrschaftsrechte über Arnstadt rang27, geriet es
    offenbar in eine ernste Krise, die auch zu dem eigenmächtigen Vorgehen bei der Wahl des
    Propstes 1296 führte. Priorin und Konvent baten Abt Heinrich von Hersfeld dringend, ihren
    Kandidaten Hermann gen. den Reichen als Propst einzusetzen, weil er im Stande sei, ihre
    "einst in geistlichen Dingen blühende und in weltlichem Besitz reiche Kirche in den
    rechten Stand zurückzuführen, und weil Gefahr im Verzuge sei"28. Fünf Jahre später übertrug die
    Reichsabtei Hersfeld dem Kloster unter Propst Hermann gegen eine jährliche Getreideabgabe
    eine ihr inkorporierte Vikarie im Dorf Gebesee (nördl. Erfurt), damit nicht aus Mangel an
    weltlichen Gütern die sorgfältige Beachtung und Häufigkeit des Gottesdienstes sowie die
    klösterliche Lebensweise der Nonnen abkühlen und erkalten könnten29.
 In diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund der wachsenden Bedrängnis der
    Hersfelder Stellung in Arnstadt ist auch die Verlegung des Klosters von der Höhe des
    Walpurgisberges in die Stadt zu sehen, die wenig später unter demselben Propst Hermann
    vollzogen wurde. 1309 erklärte Landgraf Friedrich I. von Thüringen, dass Abt Simon von
    Hersfeld auf seine Bitte hin entschieden habe, das Kloster wegen des mühsamen Anstieges
    auf den Berg und aus anderen "vernünftigen", aber ungenannten Gründen in die
    Stadt Arnstadt zur Liebfrauenkirche zu verlegen30. Der Landgraf
    sicherte den Fortbestand der Hersfelder Rechte auch an dem neuen Standort des Klosters in
    vollem Umfang zu und verpflichtete sich, den Walpurgisberg künftig nicht zum Nachteil der
    Rechte Hersfelds in Arnstadt zu befestigen oder anderweitig zu nutzen und dies auch nicht
    durch Dritte zuzulassen.
 Die Verlegung erfolgte um 130931. Die
    Liebfrauenkirche diente fortan neben ihrer Funktion als Pfarrkirche dem Nonnenkonvent als
    Klosterkirche.
  Die
    ehem. Klosterkirche auf dem Walpurgisberg wurde künftig als Wallfahrtskirche genutzt; die
    übrigen Klostergebäude aber wurden in der Folgezeit abgebrochen32. Als hersfeldische Tochter entwickelte das Kloster auch zu den Grafen von
    Schwarzburg, die ihre Herrschaft über Arnstadt immer weiter ausbauten, gute Beziehungen;
    1325 nahmen die Grafen es in ihren Schutz33. Als 1332 die
    Reichsabtei Hersfeld ihre noch verbliebenen Rechte an Stadt und Vogtei Arnstadt den Grafen
    von Schwarzburg verkaufte, nahm sie ihre Rechte an dem Nonnenkloster davon ausdrücklich
    aus34.
 In der ersten Hälfte des 15. Jh. geriet das Kloster anscheinend wieder in
    eine schwierige Lage. 1417 bat die Priorin Barbara von Ulstedt den Abt von Hersfeld dafür
    um Verständnis, dass ihr Kloster seiner Aufforderung nicht nachkommen könne, den Propst
    oder einen anderen Bevollmächtigten zum Konstanzer Konzil zu entsenden, denn dafür sei
    es zu arm35. In der Mitte des
    15. Jh. hatte die geistliche Zucht der Nonnen so weit nachgelassen, dass eine Reform
    notwendig wurde. 1453 forderte deshalb der Abt des Petersklosters zu Erfurt als
    päpstlicher Kommissar Abt Ludwig von Hersfeld zur Mitwirkung an der Reform des
    "durch die Nachlässigkeit der Vorgesetzten in geistlichen Dingen
    zusammengebrochenen" Nonnenklosters in Arnstadt auf36. Offenbar als Ergebnis dieser Bemühungen wurde es der
    Bursfelder Kongregation angeschlossen37.
 Nach dem Tode Graf Günthers XXXIX. von Schwarzburg, der sich noch der
    Einführung der Reformation in seinem Lande widersetzt hatte, führte sie sein Sohn Graf
    Heinrich XXXII. ab 1531 in Arnstadt ein. Bei der ersten Visitation 1533 wurde das
    Nonnenkloster aufgehoben; der Güterbesitz ging an die Herrschaft über, zur Verwaltung
    wurde ein gräflicher Verwalter eingesetzt; die Nonnen durften im Kloster weiter leben und
    wurden hier versorgt; die letzte starb 1566.38
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    |  Vogtei
 
 |  | Die Quellen enthalten für die ältere Zeit keine
    Angaben zur Vogtei. Doch werden die Grafen von Käfernburg-Schwarzburg als Vögte der
    Reichsabtei Hersfeld für Arnstadt auch die Vogtei des Hersfelder Tochterklosters von
    Beginn an ausgeübt haben39. Im Zuge ihres
    Bemühens, Arnstadt ganz in ihre Hand zu bekommen, dürften die bisher von Hersfeld
    belehnten Grafen ihre Hersfelder Lehen dem Landgrafen von Thüringen aufgetragen haben, so
    dass dieser seit 1302 als ihr Lehnsherr u. a. in Arnstadt auftrat40. In diesem Zusammenhang trat Landgraf Friedrich I. von
    Thüringen 1309 für das Kloster bei seiner Verlegung ein41. 1325 nahmen die Grafen von Schwarzburg das Kloster
    ausdrücklich in ihren Schutz42. | 
  
    |  Konvent
 
 |  | Geleitet wurde das Kloster durch den Propst, der die
    Seelsorge und die Verwaltung versah43. An der Spitze des
    Konventes stand eine Priorin. Weiterhin werden Kellerin (celleraria), Kämmerin (cameraria), Küsterin (custodissa) und
    Siechenmeisterin (infirmarum magistra) genannt44. So weit zu sehen, entstammten die Insassinnen nur zu
    geringem Teil dem  vermutlich niederen  Adel; Angehörige des
    schwarzburgischen Grafenhauses sind unter ihnen nicht bezeugt. Die Größe des Konventes
    ist vor dem 15. Jh. nicht auszumachen. 1457 bestand er aus 32 Nonnen, hinzu kamen weitere
    "unbeschleierte" Jungfrauen45. 1528 umfasste der
    Konvent rd. 20, 1533/34 nur noch 8 Nonnen; als letzte starb Magdalene von Heßberg 1566
    und wurde in der Liebfrauenkirche bestattet46. | 
  
    |  Beziehungen zu anderen
 Klöstern
 |  | Das Kloster war seit seiner Gründung Eigen- bzw.
    Tochterkloster der Reichsabtei Hersfeld. Sie behielt sich 1332 beim Verkauf ihrer letzten
    Rechte in Stadt und Vogtei Arnstadt an die Grafen von Schwarzburg ihre Rechte an dem
    Nonnenkloster ausdrücklich vor47. Noch Anfang des
    16. Jh. beanspruchte der Hersfelder Abt eine Oberhoheit (superioritas)48. | 
  
    |  Pfarr-Rechte, Patronate
 
 |  | Das Kloster war Patron der drei Arnstädter
    Pfarrkirchen Marien (Liebfrauen), Bonifatius und Jakobus  und besaß eine Vikarie in Gebesee (nördl.
    Erfurt)49. Der Propst führte die Aufsicht
    über die Geistlichen in der Stadt, wie aus der Ordnung Graf Heinrichs von Schwarzburg
    für den Gottesdienst in der Stadt Arnstadt von 1452 hervorgeht50. | 
  
    |  Besitzungen
 |  | Grundbesitz, Rechte und Einkünfte waren recht
    umfangreich. Sie lagen in der Masse in der Stadt Arnstadt und der näheren Umgebung, zu
    einem geringen Teil auch weiter entfernt51. So bezog das
    Kloster im 15./16. Jh. u. a. Erbzinse aus der Stadt und weiteren 53 Ortschaften; besonders
    erheblich waren die Einnahmen an Zinsgetreide52. | 
  
    |  Bauten
 
 |  | a) Auf dem Walpurgisberge: Von der Anlage
    haben sich keine Bauten erhalten. Nach der Verlegung des Klosters in die Stadt um 1309
    diente die bisherige Klosterkirche weiterhin als Wallfahrtskirche; 1495 wurde ihr Dach
    ausgebessert53. Seit der
    Reformation (1533) verfiel der Bau und wurde schließlich abgetragen. Die übrigen
    Klostergebäude waren anscheinend schon im 14./15. Jh. abgebrochen worden54. In der Folgezeit wurde das ehem. rd. 5.000 m2
    große Klostergelände landwirtschaftlich genutzt, nach 1867 wurde es aufgeforstet55.Durch Ausgrabungen der jüngsten Zeit, besonders 1991-1993, wurden die
    Klosterkirche und zwei weitere Gebäude in ihren Fundamenten aufgedeckt56. Für die ost-west-orientierte Klosterkirche ergaben sich
    drei Bauphasen57:
  zunächst eine Saalkirche (Langhaus innen
    9,40 m · 5,30 m) mit eingezogener halbrunder Apsis (I); Verlängerung des Langhauses nach
    Westen (II); Saalkirche (insgesamt 33 m lang) mit wiederum quergeteiltem Langhaus58, Querhaus, Krypta, verlängertem Chor und drei halbrunden
    Apsiden (III).  In
    der westlichen Verlängerung der Kirche fanden sich ein gemauerter, ehedem überdachter
    Rundbau mit einer Filterzisterne (8,50 m Innendurchmesser, im Zentrum eine 12 m tiefe
    Brunnenröhre von rd. 1 m Durchmesser) sowie dicht vor dem Steilhang zur Gera ein
    nord-süd-gerichtetes großes Steinhaus (rd. 33 m · 6,80 m). Reste von Kalkestrich fanden
    sich sowohl in dem Westgebäude als auch in der Kirche. Vom Haus liefen nach Osten zur
    Zisterne und zur Kirche Verbindungsmauern. An dem Westbau und an der Südwand der Kirche
    wurden vermutlich auch die Ansätze eines Kreuzganges aufgedeckt; in seinem zu vermutenden
    Areal befinden sich mehrere Gräber. Sämtliche Bauten waren mit Ziegeln gedeckt, wie der
    reichlich vorgefundene Ziegelschutt zeigt. Keramik des 14./15. Jh. im Abbruchschutt auf
    dem Boden des Westbaus deuten auf den Abbruch der Klostergebäude in dieser Zeit. Einen Datierungsversuch der Bauten legten die Ausgräber bisher nicht vor.
    Einige Scherben des 10./11. Jh. außerhalb des älteren Kirchenbaus können über das
    Alter dieses Baus nichts aussagen. Eine Kulturschicht unter dem Chor und dem Querhaus der
    dritten Bauphase aber enthielt Keramik des 12. Jh.; demnach wurde dieser Bau
    wahrscheinlich im 12. Jh. errichtet59.
 b) In der Stadt: Das Kloster wurde um 1309 an den Südwestrand der
    Altstadt zur Liebfrauenkirche verlegt. In diesem Bereich ist am ehesten der einstige
    Herrenhof zu vermuten, der i. J. 704 vom Würzburger Herzog Heden Erzbischof Willibrord
    übereignet und von diesem über das Kloster Echternach spätestens zu Anfang des 10. Jh.
    in den Besitz der Reichsabtei Hersfeld gelangt war60. Wahrscheinlich in
    diesem hersfeldischen Hof wohnte König Otto I., als er i. J. 954 zur Aussöhnung mit
    seinem Sohn Liudolf und seinem Schwiegersohn Konrad, die sich gegen ihn erhoben hatten, in
    Arnstadt einen Reichstag abhielt. Gleichzeitig wurde  vermutlich in einem
    Vorgängerbau der unmittelbar benachbarten Liebfrauenkirche  der Sohn des Königs,
    Wilhelm, zum Erzbischof von Mainz gewählt61. Hieran dürfte
    die freilich im 19. Jh. erneuerte Inschrift (rechts) WILHELMUS und (links) EPISCOPUS
    am Tympanon  des
    Langhaus-Nordportals  der
    Liebfrauenkirche erinnern, auch wenn die Lesung der Bischofsbezeichnung schon im 18. Jh.
    umstritten war62. Der Vorgängerbau
    der heutigen Kirche war mit Sicherheit ebenfalls repräsentativ ausgestaltet und besaß
    ein Querhaus und eine Westempore63. Der heutige Bau der bis zur Reformation hersfeldischen Liebfrauenkirche64 wurde gegen Ende des 12. Jh. als romanische dreischiffige
    flachgedeckte Pfeilerbasilika  mit Westwerk errichtet; seit etwa 1240 wurden das
    Langhaus eingewölbt
  und
    über seinem östlichsten Joch ein dritter Turm errichtet; um 1280  um 1300 wurden
    der bisher unbekannte Ostabschluss der romanischen Pfeilerbasilika durch einen
    dreischiffigen gotischen Hallenchor mit drei 5/8-Schlüssen ersetzt und der Nordturm
    vollendet.    Als das Nonnenkloster um 1309 hierher verlegt wurde, dürfte der
    ungewöhnlich große Kirchenbau65 im wesentlichen
    fertiggestellt gewesen sein. Für die Teilnahme der Nonnen am Gottesdienst wurde damals in
    das südliche Seitenschiff des Chores eine Nonnenempore eingebaut. Sie fiel der
    Restaurierung des 19. Jh. zum Opfer, nur die Gewölbeansätze sind noch sichtbar. Der Bau
    wurde 1880-1894, 1912 und seit 1956 durchgreifend restauriert. Dabei wurde 1881 der 
    ungewöhnliche  Glockenturm
  über dem Langhaus nach einem historisierenden Entwurf mit einem schweren Steinhelm
    erneuert;  er
    beherrschte seitdem "als mächtige Dominante" das äußere Bild des ganzen
    Kirchenbaus,  bis er in der jüngsten Restaurierung aus bautechnischen Gründen durch
    den heutigen schlichten, zurückhaltenderen Turm ersetzt wurde66.   Die Wohn- und sonstigen Gebäude des Klosters lagen südlich und östlich der
    Liebfrauenkirche.
   Erhalten sind zwei Bauten im Südosten der
    Kirche: das "Oberkloster" und das "Unterkloster". Das
    "Oberkloster" (Untergasse 3, im Katasterplan des 19. Jh. Nr. 416) war das
    Konventshaus67.  Es handelt sich um einen
    nord-süd-gerichteten zweigeschossigen, schmucklosen, verputzten Bau mit einem
    bescheidenen, heute verunstalteten Renaissance-Portal an der Ostseite, das freilich nach
    Ausweis der Jahresangabe "1564" erst aus nachklösterlicher Zeit stammt.  Im Verband mit diesem Gebäude steht im
    Norden das west-ost-gerichtete "Unterkloster" (Untergasse 1, ehem. Nr. 417), ein
    ebenfalls schmuckloser Fachwerkbau auf steinernem Untergeschoss. Es wurde im 16. Jh.
    "die Eptey" genannt und gilt als das frühere Wohnhaus der Priorin68.  Auch
    das große, ostwärts der Liebfrauenkirche bis zur Berggasse gelegene Gelände des
    "Prinzenhofes" ist, zumindest teilweise, aus dem Klosterbezirk hervorgegangen.
    Hier lagen die Gebäude des Propstes, die seit 1594 Angehörigen des schwarzburgischen
    Hauses zunächst als Witwensitz, seit 1723 als Prinzenwohnung dienten69; sie wurden seit dem 16. Jh. so umgestaltet, erweitert und
    verändert, dass von den Klosterbauten nichts mehr zu erkennen ist.   | 
  
    |  | 
  
    | Schule |  | Ob das Kloster nach seiner Verlegung zur
    Liebfrauenkirche seit dem 14. Jh. eine Schule unterhielt, wie vermutet wurde, lässt sich
    bisher nicht nachweisen; im 15. Jh. unterstand der Schulmeister dem Rat der Stadt70. | 
  
    | Bibliothek |  | Bisher keine Nachrichten. | 
  
    |  Siegel
 
 |  | a) Konventssiegel, belegt seit 129471: rund, 5,5 cm; auf verzierter Sitzbank thronende Maria mit
    Jesusknaben auf dem linken Knie, seine linke mit der rechten Hand haltend, links von
    beiden stehende Heilige (Walpurgis); Umschrift: + SIGILLVM S(ANCTE) MARIE IN MONTE
    S(ANCTE) WALPVLGE VIRGINIS.   b) Siegel des Propstes:Älterer Typus mit Namen des Propstes, belegt seit 128972: spitzoval, 4 : 2,7 cm; Lamm Gottes mit der Kreuzesfahne,
    darunter eine männliche betende Gestalt; Umschrift: + S(IGILLVM) GVNTHERI PREPOSITI MONTIS
    S(ANCT)E WALBVRGIS.
   Jüngerer Typus ohne den Namen des Propstes in mehreren Formen: erst
    spitzoval, später rund. Zuerst belegt 133273: auf Sitzbank
    thronende Maria mit Jesusknaben auf den Knien, darunter Schild mit zunächst dem
    Arnstädter Adler, seit der zweiten Hälfte des 15. Jh. mit dem schwarzburgischen Löwen;
    Umschrift: + S(IGILLVM) PREPOSITI IN ARENSTETE.
   | 
  
    |  | 
  
    | Zitiervorschlag |  |  | 
  
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