Warum lassen sich Menschen (nicht) impfen? – Neues Messinstrument soll Antworten liefern 10.12.2018 - Philosophische Fakultät
Geringe Impfraten sind eine ernsthafte Bedrohung für die Gesellschaft. Zuletzt informierte die Weltgesundheitsorganisation wieder über dramatisch gestiegene Masernfälle. Die Ausrottung der Krankheit ist nach wie vor ein unerreichtes Ziel. Obwohl seit vielen Jahrzehnten ein effektiver und sicherer Impfstoff vorhanden ist, lässt sich immer noch ein kleiner, aber bedeutsamer Teil der Deutschen nicht impfen. Was sind die Gründe dafür? Die Beantwortung dieser Frage ist wichtig, denn nur wenn die Ursachen für unterlassene Impfungen bekannt sind, können Interventionen zur Erhöhung von Impfraten gezielt entwickelt und eingesetzt werden.
Forscherinnen und Forscher der Universität Erfurt und RWTH Aachen um die Psychologin Prof. Dr. Cornelia Betsch haben nun ein neues Messinstrument entwickelt, mit dem mittels eines Fragebogens erfasst werden kann, warum sich eine Person für oder gegen Impfungen entscheidet. Der Artikel ist aktuell im Fachmagazin PLoS ONE erschienen.
Grundlage für das neue Messinstrument sind zahlreiche Vorarbeiten der Wissenschaftler, in denen sie fünf wesentliche Gründe für die Entscheidung für oder gegen Impfungen identifiziert haben: Vertrauen in die Impfung, Risikowahrnehmung rund um die Erkrankungen, Barrieren in der Ausführung, das Ausmaß der Informationssuche und Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft. Studien mit dem neu entwickelten Messinstrument zeigen, dass in Deutschland nicht primär Impfgegner für zu geringe Impfraten bei der Masernimpfung für Kinder verantwortlich sind – tatsächlich war die Zustimmung zur Aussage „Alltagsstress hält mich vom Impfen ab“ (also erlebte Barrieren) und eine übermäßige Informationssuche der Eltern ausschlaggebend für die Auslassung der Masernimpfung.
Das Messinstrument bietet nun erstmals die Möglichkeit, diese Gründe zuverlässig zu messen und dies zur Planung von Kampagnen zu nutzen. „Eine Testung des Messinstruments in afrikanischen Ländern, Frankreich und Russland steht als nächstes auf dem Programm“, erklärt Studienleiterin Cornelia Betsch. „Das ist insofern wichtig, denn die Gründe können sich in verschiedenen Regionen oder Ländern durchaus unterscheiden, wie die bisherige Forschung innerhalb Deutschlands und den USA gezeigt hat.“