Ringvorlesung: „Religionswissenschaftliche Perspektiven auf Behinderung“ 19.12.2018 - Philosophische Fakultät
Genderorientierte und behinderungsbezogene Religionswissenschaft verfolgen ähnliche Erkenntnisinteressen: Sie wollen zur Erforschung der Zusammenhänge zwischen Religionen einerseits und sozialen Rollen andererseits beitragen. Menschen, die als behindert gelten (etwa 10% der Bevölkerung), sind jedoch eine Gruppe, die weitgehend aus Öffentlichkeit und Wissenschaft verdrängt wird – so auch aus der Religionswissenschaft. Ein Blick in die Geschichte zeigt aber, dass Religionen ihren Beitrag zur Konstruktion von Behinderung geleistet haben. Noch heute spielen religiöse Institutionen als Teil wohlfahrtsstaatlicher Strukturen eine bedeutende Rolle, wenn es um die soziale Positionierung von behinderten Menschen geht. Außerdem sind religiöse Anschauungen und Praktiken Teil des Alltags vieler Menschen, die als behindert gelten. Es gibt also zahlreiche Gründe, aus denen sich eine religionswissenschaftliche Beschäftigung mit Behinderung lohnt und behinderte Menschen in die Religionswissenschafteinbezogen werden sollten. Die Konzepte der Disability Studies sind dafür ein geeigneter Ausgangspunkt.
Der Vortrag von Ramona Jelinek-Menke wird zeigen, dass genderorientierte und behinderungsbezogene Religionswissenschaft – neben ähnlichen Erkenntnisinteressen – verwandte Grundlagen teilen und vor vergleichbaren Herausforderungen stehen, wenn sie innerhalb der Religionswissenschaft etabliert werden sollen. Er diskutiert eine behinderungsbezogene Religionswissenschaft als einen Ansatz, der an die genderorientierte Religionswissenschaft anknüpft und diese konstruktiv fortführen will.