Universität Erfurt

Engel – nicht nur zur Weihnachtszeit!: 13.11.2012

„Engel – mehr als himmlische Boten?“ – In diesen Tagen trafen sich angehende evangelische Religionslehrer in Neudietendorf zu einem religionspädagogischen Blockseminar der besonderen Art. Sie wollten dem Phänomen der Engel auf die Spur kommen, das aus der Alltagskultur nicht mehr weg zu denken ist. „Engel begegnen nicht mehr nur zur Advents- und Weihnachtszeit. Seit gut 30 Jahren sind sie in der westlichen religiös-spirituellen Kultur im Aufwind. Der Engel-Markt boomt. Es gibt umfangreiche Ratgeber-Literatur, Schutzengel-Utensilien oder ‚Engelessenzen‘. Auch die Popkultur und Werbe- und Filmindustrie haben die Engel als zugkräftige Werbeträger entdeckt,“ erklärt Prof. Dr. Andrea Schulte von der Universität Erfurt, die die Idee zu diesem Seminar hatte und zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen Ellen Baumgärtel und Suselin Schwedas realisierte.

Mit Hilfe unterschiedlicher Mitbringsel (z.B. Schutzengel als Schlüsselanhänger, Engelfiguren verschiedener Couleur, Fotos von Freunden) tauschten die Teilnehmer untereinander ihre persönlichen Sichtweisen über Engel aus und fragten dann nach den Gründen der Popularität der Engel als Teil moderner Religions-Praxis. Der Engel-Markt hält ein breit gefächertes Warenangebot bereit, aus dem der Einzelne je nach persönlicher Bedürfnislage frei auswählen kann. Engel stehen als praktische Lebenshelfer unterstützend zur Seite. Sie sorgen für Licht in der Dunkelheit des Lebens, spenden Trost in schwierigen Lebenssituationen, versprechen körperliche und seelische Heilung und verhelfen zu Klarheit und Ordnung im eigenen Lebenswirrwarr. Engel sprechen sowohl religionslose als auch religiöse Menschen an. Das Phänomen der Engel steht in einer langen Tradition. Alle monotheistischen Religionen kennen Engel, die im menschlichen und im göttlichen Bereich wirken.

Die Beschäftigung der Studierenden und Referendare mit dem biblischen Befund lenkte jetzt im Seminar die Aufmerksamkeit insbesondere auf zwei wichtige Funktionen bzw. Aufgaben der Engel: Engel sind Mitglieder des himmlischen Hofstaats Gottes. Sie huldigen und lobsingen Gott. Bekannter ist allerdings ihre Bedeutung als Boten Gottes, die den Menschen Aufträge von Gott übermitteln. Der Evangelist Lukas erzählt von einem „Engel des Herrn“ (Lk 1, 11) bzw. vom „Engel Gabriel“ (Lk 1, 26), die die Geburt Johannes‘ des Täufers (Lk 1, 5-15) sowie die Geburt Jesu (Lk 1, 26-38) ankündigen. Das Fazit der Studierenden und Referendare: Die Engel sind ein Teil christlicher Religionskultur. Sie sind aber nicht zentraler Inhalt des christlichen Glaubens.

In drei Workshops wurden weitere Klärungen zur Bedeutung der Engel in der Gegenwartskultur (z.B. Engel in der Werbung), in den Religionen (z.B. im Islam) und in der Kinder- und Jugendliteratur herbeigeführt. Zum Abschluss waren die Teilnehmer eingeladen, die Früchte ihrer intensiven und mehrperspektivischen Arbeit für die Konzeption und Gestaltung einer fiktiven Zeitung, der „Angel News“, zu nutzen. In kreativer Gruppenarbeit entstanden drei „Erstausgaben“, von denen alle begeistert waren. Prof. Schulte resümiert: „Angehende Religionslehrer, die Religion professionell in der Öffentlichkeit zu vertreten haben, sind gehalten, sich über das breite Spektrum der ‚Engelreligion‘ als Teil der Gegenwartskultur seriös zu informieren und sie durch verschiedene ‚wissenschaftliche Brillen‘ zu lesen und zu deuten. Sie werden dadurch befähigt, das Phänomen der Engel in religiös-christliche Lern- und Bildungsprozesse (z.B. in der Schule) durch differenzierte und kritische Auseinandersetzung und kreative Gestaltung einzutragen. Theologisch und religionspädagogisch sind die Engel ein spannendes Thema, das Kinder und Jugendliche konkret erfahrbare Lebensressourcen aufzuschließen ermöglicht und Spuren Gottes in dieser Welt zu entdecken hilft. Insofern haben wir dieses religionspädagogische Blockseminar auch als Ausdruck einer innovativen Lernkultur in der Ausbildung von Religionslehrern verstanden. Das Seminar lebte von der guten Mischung aus eigenem Erfahrungsbezug und Glaubensreflexion, mehrperspektivischer Bearbeitung und kreativer Gestaltung. Also: Engel – nicht nur zur Weihnachtszeit!“

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