„Nieder mit Hitler“ steht in großen Lettern auf dem Cover zu lesen. Worum es geht? Um den Widerstand einer Gruppe von Handelsschülern um Jochen Bock, die in Erfurt während der NS-Zeit mit Parolen an Hauswänden und Flugblattaktionen gegen das Nazi-Regime aufbegehrten. Das Buch ist ein Ergebnis eines Kooperationsprojekts der Universität Erfurt mit der Stiftung Ettersberg/Gedenkstätte Andreasstraße (Dr. Jochen Voit) und des Erinnerungsorts Topf & Söhne (Dr. Annegret Schüle) und wird im November erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
„Der mutige Widerstand der Erfurter Gruppe um Jochen Bock ist bislang wenig bekannt und kaum wissenschaftlich bearbeitet“, sagt Prof. Dr. Christiane Kuller, Professorin für Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik an der Universität Erfurt. Im Projekt, das noch bis 2017 andauern wird, sollen deshalb die Ereignisse von damals erstmals wissenschaftlich erforscht und in die Öffentlichkeit getragen werden. Prof. Kuller: „Mir ist es ein Anliegen, historische Forschung nicht nur zu betreiben, sondern sie auch im Sinne von ‚public history‘ ins gesellschaftliche Gespräch zu bringen.“ Und so soll das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit im Verlauf nicht nur Wissenschaftlern, sondern auch der nichtwissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – unter anderem in Form einer wissenschaftlichen Tagung zum Thema „Jugendwiderstand“, einer Grafic Novel sowie mit einem 20-minütigen Dokumentarfilm. Aber auch pädagogische Materialien für den Unterricht an den außerschulischen Lernorten der Stiftung Ettersberg/Gedenkstätte Andreasstraße und am Erinnerungsort Topf & Söhne werden im Rahmen des Projekts, das von der Friedrich-Ebert-Stiftung mit entwickelt und gefördert wird, erarbeitet. Beteiligt sind auch Master-Studierende der Universität Erfurt, die einschlägige Quellen recherchiert und auswertet haben, darunter Zeitzeugeninterviews und unveröffentlichte Lebenserinnerungen sowie Fotomaterial.
Auf die Frage, was wir heute von Jochen Bock und seinen Mitstreitern lernen können, muss Prof. Christiane Kuller nicht lange überlegen: „Der Mut dieser Jugendlichen im Alter von 15 und 16 Jahren, für ihre Werte und Überzeugungen aufzustehen und zum Sturz der Diktatur aufzurufen – das mahnt und ermutigt auch heute zu kritischem Denken und Zivilcourage. Die Jugendgruppe wollte ein anderes, freies Deutschland aufbauen. Dafür haben die Freunde ihr Leben riskiert. Das erinnert uns daran, wie wertvoll eine freie, demokratische politische Ordnung ist, und wie wichtig es ist, diese zu erhalten.“
Die Buchvorstellung findet am Mittwoch, 2. November, um 17 Uhr, am historischen Ort statt: in der Aula der Ludwig-Erhard-Schule, Talstraße 24, der vormaligen Handelsschule, die Jochen Bock und seine Mitstreiter besucht haben. In diesem Rahmen wird auch ein 20-minütiger Dokumentarfilm über die fünf Erfurter Schüler im Jugendwiderstand gegen den Nationalsozialismus gezeigt. Anschließend besteht die Möglichkeit zum Gespräch mit Zeitzeugen. Der Eintritt ist frei.
Weitere Informationen zum Projekt:
www.uni-erfurt.de/geschichte/zeitgeschichte-und-geschichtsdidaktik/forschung/jugendwiderstand-im-nationalsozialistischen-erfurt-am-beispiel-der-gruppe-um-jochen-bock/
Trailer zum Film:
http://nieder-mit-hitler.de