Eine neue Literaturübersicht von Psychologen der Universität Erfurt, der RWTH Aachen und der Rutgers University hat vier Arten von Nicht-Impfern identifiziert. Sie ist jetzt unter dem Titel „Using Behavioral Insights to Increase Vaccination Policy Effectiveness“ („Verhalten verstehen, um Impfprogramme effektiver zu gestalten“) in der Zeitschrift „Policy Insights from the Behavioral and Brain Sciences“ erschienen.
„Wir können vier Personengruppen unterscheiden, die sich nicht impfen lassen“, erklärt Dr. Cornelia Betsch, Akademische Rätin am Lehrstuhl für Sozial-, Organisations-, und Wirtschaftspsychologie der Universität Erfurt, das Ergebnis der Arbeit, die sie jetzt zusammen mit Dr. Robert Böhm von der RWTH Aachen und Dr. Gretchen B. Chapman von der Rutgers University (New Jersey/USA) veröffentlicht hat. „Wir haben psychologische Profile von Personen angelegt, die sich nicht impfen lassen und geben Empfehlungen, wie diese zum Impfen motiviert werden können.“ Folglich gibt es vier Gruppen von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht impfen:
- Selbstzufriedene Personen, denen die Immunisierung egal ist – bei ihnen gibt es zu wenig Bewusstsein für das Thema Impfen und mögliche Folgen von fehlenden Impfungen. Um diese Gruppe vom Impfen zu überzeugen, sind Kampagnen sinnvoll, die verdeutlichen wie gefährlich es ist, wenn man nicht impft. Hier ist es hilfreich, Krankheitsrisiken zu erklären und den sozialen Nutzen des Impfens zu betonen.
- Bequeme Menschen, die Impfen im Prinzip befürworten, aber den Aufwand scheuen: Hier verhindern Barrieren wie z.B. Alltagsstress das Impfen. Dieser Gruppe sollten starke Empfehlungen ausgesprochen und Anreize zum Impfen geschaffen werden. In dieser Gruppe sollte auch Nudging (engl. „stupsen“) wirken, also kleine Schubser in Richtung Impfen (z.B. konkrete Terminvorschläge für die Impfung).
- Impfgegner sind schwer zu überzeugen und haben kein Vertrauen ins Impfen. Hier empfehlen die Psychologen, Impf-Mythen zu korrigieren.
- Rationale Entscheider wägen die Vor- und Nachteile des Impfens gegeneinander ab. Diese Personen entscheiden sich zum „Trittbrettfahren“ auf dem indirekten Schutz anderer oder haben das Gefühl, dass gleichermaßen Informationen für wie gegen das Impfen sprechen. Hier sollten nach Ansicht der Fachleute ebenfalls Falschinformationen und Mythen korrigiert und die sozialen Vorteile des Impfens betont werden. Ebenso können zusätzliche Anreize das Impfen attraktiver machen.
Die Impfgegner stellen derzeit in Deutschland die kleinste Gruppe dar (ca. 2 bis 5 %), die allerdings auch am schwersten vom Impfen zu überzeugen ist. Deshalb empfehlen die Wissenschaftler, vor allem die drei weiteren Gruppen zum Impfen zu motivieren. Dr. Cornelia Betsch resümiert: „Die Bemühungen sollten sich darauf konzentrieren, Hindernisse zu beseitigen, Anreize zu schaffen und die Zusatznutzen des Impfens aufzuzeigen. Nur so können wir die Impfbereitschaft erhöhen und die Verbreitung von Krankheiten stoppen.“
Weitere Informationen / Kontakt:
Dr. Cornelia Betsch
- +49 361 737-1631
- cornelia.betsch@uni-erfurt.de
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