Immer wieder erzählen Menschen, die einigungsbedingt ihren Lebensmittelpunkt verschoben haben – sei es von West- nach Mittel- und Ostdeutschland oder umgekehrt –, von einer neuen Erfahrung von Kirche und Gemeinde und von unterschiedlichen Haltungen der Kirchengemeinden zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Manchmal werden die neuen Erfahrungen kritisch bewertet, manchmal auch verfestigte Erfahrungsstrukturen von Kirche aus der Zeit vorher infrage gestellt. Diese Erfahrungen von Kirche am anderen Ort sollen exemplarisch und empirisch in Form von gezielten Interviews untersucht werden.
Vor diesem Hintergrund haben sich die theologischen Ausbildungsstätten in Ostdeutschland erstmals für ein kleines Forschungsprojekt unter dem Titel „Kopfwandel. West-östliche Kirchenerfahrungen“ zusammengetan. Prof. Dr. Jörg Seiler (Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt) wird hierbei zusammen mit Prof. Dr. Hildegard König (Technische Universität Dresden) und Prof. Dr. Harald Schwillus (Martin-Luther-Universität Halle) fokussierte Interviews mit ca. 20 Personen durchführen, um exemplarisch entsprechende Erfahrungen empirisch zu erheben.
Professor Seiler: „Wir erwarten Aussagen über die Dynamiken religiöser Sozialisation in den alten und neuen Bundesländern und Aufschlüsse über das Potenzial, das überall dort wirksam wird, wo ein tendenziell unkirchlich bzw. areligiös geprägtes Umfeld eine Herausforderung für christliches Leben ist." Hypothetisch sei davon auszugehen, dass westliche und östliche Kirchenerfahrungen unterschiedlich geprägt sind, und dass in dieser Differenz Impulse für die Entwicklung der katholischen Kirche in Deutschland ausgemacht werden können.
Das Bonifatiuswerk unterstützt dieses Projekt mit einem Zuschuss von 6.000 Euro. Erste Ergebnisse sollen auf dem Katholikentag in Leipzig (25. bis 29. Mai 2016) in Form einer interaktiven Ausstellung mit Audio- und Erzähl-Stationen präsentiert werden. Zum selben Thema wird es auf dem Katholikentag zudem eine prominent besetzte Podiumsdiskussion geben.
Wer mehr über das Projekt erfahren oder sich beteiligen möchten, kann sich an Prof. Dr. Jörg Seiler wenden.