Das Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte bittet im 5. Jahr seines Bestehens zum Geschichtsfestmahl. Podien, Vorträge und ein kulinarisch-kulturelles Begleitprogramm beschäftigen sich mit der Kulturgeschichte des Essens und der Geschichte der Ernährung. Vertreter der Universität Erfurt werden in diesen Tagen als Referenten und Moderatoren zu erleben sein. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Zu sehen ist beispielsweise die Ausstellung „Bier und Bratwurst: ein Streifzug durch die Thüringer Geschichte des Essens und Trinkens“, die vom 15. bis 17. November im Coudraysaal der Musikschule „Ottmar Gerster“ in Weimar zu sehen ist. Eröffnet wird die Ausstellung, die von Prof. Dr. Susanne Rau von der Universität Erfurt in Kooperation mit dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar betreut wird, am 15. November um 18 Uhr. Für die Schau haben sich Studierende der Universität Erfurt mit Fragen rund ums Essen und Trinken in Thüringen im Zeitraum zwischen etwa 1500 und 1930 beschäftigt. Sie haben Dokumente in den Beständen des Weimarer Hofes, der Stadtverwaltung, der Polizei, der Universität Jena, aber auch in privaten Nachlässen gefunden. Die Ausstellung präsentiert nun Auszüge aus den spannendsten Fundstücken, die als Reproduktionen zu sehen sind. Daraus geht u.a. hervor, wer sich am Hof zu besonderen Mahlzeiten versammelt hat, was auf Hochzeiten gegessen wurde und welche Bestände der Weinkeller enthielt. Einigen überlieferten Rezeptbüchern ist zu entnehmen, was in Weimarer Bürgerhäusern – anderen, was auf dem Land gegessen wurde. Man erfährt, wie man in Weimar seit 1348 Bier herstellte, seit wann es in Weimar Kaffeehäuser gibt und was die Armen in der Suppenküche bekamen. Aus einer alten Fleischerordnung geht schließlich hervor, wie in Thüringer Städten die Bratwurst hergestellt werden sollte…
„Verbotene Früchte: Ernährungsvorschriften in den Weltreligionen“ ist eine Veranstaltung überschrieben, die dann am 16. November um 13 Uhr in der Musikschule „Ottmar Gerster“ stattfindet: Essen und Trinken sind einer der alltäglichsten Ausdrucke menschlicher Kultur. Nirgends wird dies deutlicher als in den jahrhundertealten Ernährungsvorschriften der Weltreligionen. Sie legen nicht nur fest, was man essen darf und was nicht, sondern bestimmen auch Arten der Schlachtung und Zubereitung, Phasen des Fastens und Fastenbrechens sowie spezielle Speisen zu religiösen Festen. Doch wie entstanden diese Vorschriften? Welche Funktionen hatten sie damals und haben sie heute? Warum sind sie zum Teil derart widersprüchlich, selbst innerhalb mancher Religionen? Was passiert, wenn sie in einer Gesellschaft aufeinander treffen? Das Panel von Dr. Claudia Bergmann, Dr. Dominik Fugger, Claudia Päffgen, M.A., PD Dr. Antje Linkenbach-Fuch wird von Prof. Dr. Veit Rosenberger moderiert und gibt Antworten für die hinduistischen, jüdischen, christlichen und islamischen Vorschriften.
Am 16. November um 15 Uhr folgt dann in Eckermanns Buchhandlung eine Diskussion mit Verkostung unter dem Titel „Europa lernt genießen: Wie Kakao, Kaffee & Co. zu uns kamen“. Auf dem Podium diskutieren – moderiert von Prof. Dr. Susanne Rau von der Uni Erfurt – Dr. Igor Sosa Mayor (Erfurt), Dr. Christian Hochmuth (Frankfurt/Oder), Dr. Julia Schmidt-Funke (Jena) und PD Dr. Annerose Menninger (Köln). Darf man während der Fastenzeit Schokolade trinken? Darf man in der Kirche rauchen? Schwere theologische Fragen trieben die Kleriker des 17. und 18. Jahrhunderts um. Der Grund: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker und Tabak traten damals ihren Siegeszug an. Die Getränke eroberten erst als Luxusgüter die Adelshäuser, dann die Bürgerstuben und wurden nach und nach zu Konsumgütern der breiten Masse. Das Podium fragt nicht nur nach ihren Ursprungskulturen, sondern auch danach, unter welch vielfältigen kulturellen, sozialen, ökonomischen und politischen Bedingungen sie damals nach Europa kamen. Nicht alles ist dann so, wie es auf den ersten Blick scheint...
Weiter geht es am 17. November unter dem Titel „Fatness und Fitness“. In der Musikschule „Ottmar Gerster“ diskutieren dann ab 15 Uhr Magda Albrecht (Berlin), Prof. Dr. Eva Barlösius (Hannover), Prof. Dr. Jürgen Martschukat (Erfurt) und Dipl. oec.-troph. Dorit Roeper (Hamburg) – moderiert von Nora Kreuzenbeck, M.A., und Nina Mackert, M.A. (beide Erfurt). Derzeit vergeht kaum eine Woche, in der Medien und Politik nicht lauthals die Gefahren beschreien, die unsere Essgewohnheiten für unsere Körper, unsere Gesundheit und unsere Gesellschaft bedeuten. Fett scheint eine Bedrohung zu sein, die überall auf der Lauer liegt, und dicke Körper gelten mehr und mehr als Zeichen individuellen Versagens und gesellschaftlicher Krise im 21. Jahrhundert. Gleichzeitig gilt die Formierung eines schlanken, trainierten Körpers als zentrales Ziel vieler Fitness- und Ernährungspraktiken. Die Diskussionsrunde wird von diesen Debatten und Politiken ausgehen, die um Essen und Ernährung, Körperlichkeit und Krisenvorstellungen kreisen. Die Historikerinnen Nora Kreuzenbeck und Nina Mackert wollen mit der Ernährungs- und Adipositasberaterin Dorit Roeper, der Soziologin Eva Barlösius, der fat rights-Aktivistin Magda Albrecht, dem Historiker Jürgen Martschukat und mit dem Publikum über dicke und dünne Körper, Fatness und Fitness, über Idealisierungen und Stigmatisierungen und deren gesellschaftspolitische Bedeutung in Gegenwart und Geschichte ins Gespräch kommen.
Weitere Informationen unter: www.weimarer-rendezvous.de.