„Freiheit zur Religion – Freiheit von Religion“ ist der Titel einer Podiumsdiskussion, zu der die Universität Erfurt und der Förderverein Humanistenstätte Engelsburg e.V. am Freitag, 17. Januar, ins Café DuckDich im Studentenzentrum Engelsburg einladen. Au dem Podium diskutieren: Dr. Horst Groschopp (Direktor der Humanistischen Akademie Deutschland), Prof. Dr.-Ing. habil. Reinhard Schramm (Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen K.d.ö.R.), Christhard Wagner (Oberkirchenrat, Evangelisches Büro Thüringen) und Dr. Hubertus Schönemann (Leiter der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral). Die Moderation übernimmt Prof. Dr. Jörg Rüpke, stellvertretender Leiter des Max-Weber-Kollegs der Universität Erfurt. Beginn ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Religionsfreiheit gehört zu den Grundrechten, die das deutsche Grundgesetz wie viele andere Verfassungen und die UN-Menschenrechtscharta garantieren. Dieses Recht zur freien Ausübung von Religion hat mehrere Facetten: Es ist das Recht, eigene religiöse Vorstellungen zu haben und eine entsprechende Lebensführung wie einen entsprechenden Kult auszuüben, ja sich darin auch zu organisieren. Es ist aber auch das Recht, genau dieses nicht zu tun, das Recht, auf Religion zu verzichten, eine religiöse Mitgliedschaft aufzukündigen, es ist das Verbot religiösen Zwangs. In einer Gesellschaft, die ihr Zusammenleben auf rechtliche Regelungen abstellt, hat das vielerlei Konsequenzen und schafft vielerlei Konfliktfelder. Wenn der Staat den Religionsgemeinschaften Rechte zur eigenen Organisation überträgt und ihr Handeln steuerlich privilegiert, muss er immer häufiger darüber entscheiden, was Religion bzw. „gute“ Religion ist, wer sich als Religion organisieren darf – muss also einen Bereich beurteilen, den er bewusst als unverfügbar von staatlichem Eingriff freistellt. Und er muss abwägen, wo die Freiheit zur Religion das Recht der Freiheit von der Religion beeinträchtigt, in Deutschland etwa in Sonderregelungen für Beschäftigte bei weltanschaulichen Arbeitgebern, im Religionsunterricht an staatlichen Schulen, in der staatlichen Verwendung religiöser Symbole (Schulkreuze) bzw. der Ablehnung derselben (Kopftuchverbote). Und immer wieder muss der Staat – so vor allem das deutsche Selbstverständnis nach den Erfahrungen mit totalitären Ideologien – sich in Acht nehmen, selbst als Anbieter von „Religion“, von umfassenden, mit Religion konkurrierenden Weltdeutungen und Lebensentwürfen aufzutreten.
Die Podiumsdiskussion will Gelegenheit zur Information bieten, vor allem aber diese Gratwanderung mit Blick auf die Praxis vor Ort aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchten: Wie stellt sich Religionsfreiheit in der administrativen und arbeitsrechtlichen Praxis, im schulischen Alltag dar? Wie erleben unterschiedliche religiöse Gruppen oder Individuen diesen Alltag? Wie betrachten sich Religionen unter den Bedingungen von Religionsfreiheit gegenseitig? Wie gehen Religiöse mit Nichtreligiöse, wie Nichtreligiöse mit Religiösen in Erfurt um? Wo enden Grenzen des Selbstverständlichen, wo wird Religion als merkwürdig, abwegig, kriminell betrachtet? Wo ist Religion alternativlos – bei nationalen oder lokalen Katastrophen?