Ein Tourismus-Konzept für eine Stadt erstellen, in der man selbst noch nie war? Und das mit einem Team, das man gar nicht kennt und in aller Welt verstreut ist? Geht doch gar nicht, oder? "Doch!", sagt Martin Becker. "Und das sogar sehr gut." Der Student der Kommunikationswissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Erfurt hat an dem Global Communications Project (GlobCom) teilgenommen, das genau dies ermöglicht: Mit einem internationalen Team aus südafrikanischen, britischen, neuseeländischen, australischen, deutschen, arabischen, US-amerikanischen, italienischen, russischen, indischen und spanischen Studierenden sollte er im Rahmen des Projektes eine PR-Strategie für die südafrikanische Stadt Stellenbosch erstellen. Gerade ist er aus Südafrika zurückgekehrt, wo sich das Konzept seines Teams gegen sechs weitere Entwürfe durchgesetzt hat und als Siegerkonzept der Stadt Stellenbosch übergeben wurde.
Für Martin Becker, der in seinem Studium bis dato wenig Erfahrungen im Bereich Public Relations gesammelt hatte, begann das Projekt GlobCom 2013 mit der Teilnahme am gleichnamigen Seminar bei GlobCom-Begründer und -Präsident Volker Stoltz an der Universität Erfurt. "Das Seminar war auf zwei Semester angelegt. Im Wintersemester lernten wir die Grundlagen der PR kennen und übten an einem fiktiven Beispiel die praktische Anwendung", erklärt der Student. "Danach ging es mit dem richtigen GobCom Projekt 2013 weiter. In diesem Jahr war die Stadt Stellenbosch das Thema und die dortige Tourismusagentur der Auftraggeber." 200 Studierende von zwölf internationalen Universitäten, darunter elf Studierende der Universität Erfurt, wurden auf sieben bunte Teams aufgeteilt und bekamen die Aufgabe, für Stellenbosch ein PR-Konzept zu erstellen, das auf drei Jahre angelegt ist und mit einem Budget von 15 Millionen südafrikanischen Rand realisiert werden könnte.
Beckers Team hat laut Jury diese Herausforderung am besten gemeistert – dank Social Media und dem Internet, die es ermöglichten, Zeitzonen, Informationshürden und räumliche Distanz der Team-Mitglieder zu überwinden. Und nicht zuletzt auch dank Martin Becker selbst, der in einem ersten virtuellen Treffen zum Teamleiter gewählt wurde und fortan die Fäden in der Hand hielt. In dieser Funktion arbeitete Becker nicht nur inhaltlich am Projekt mit, sondern war auch dafür zuständig, dass Zwischenergebnisse termingerecht erstellt werden, dass gemeinsame wöchentliche virtuelle Sitzungen durchgeplant und angeleitet werden und dass die Motivation im Team aufrechterhalten bleibt. "Es hat sich herausgestellt, dass viele deutsche Studierende zum Teamleiter gemacht wurden", lacht der 20-Jährige. "Unser Ruf zur Ordnung und Organisationliebe hat sich damit wohl bestätigt." Als Teamleiter begann Beckers Arbeitswoche immer am Sonntagnachmittag mit der Erstellung der Tagesordnung für die Skype-Sitzung am Abend. "Da haben wir dann den jeweiligen Zwischenstand diskutiert, festgelegt, welche Schritte in der nächsten Woche gemacht werden müssen und wer welche Aufgabe übernimmt", erklärt Becker. "Zunächst haben wir in Länderteams parallel gearbeitet und jedes Team hat die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Stadt analysiert. Aus diesen ganzen unterschiedlichen Ergebnissen haben wir die besten Punkte kombiniert und sie zur Grundlage der Strategie gemacht, die wir dann gemeinsam entwickelten."
Bereits im Mai musste die fertige Strategie eingereicht werden. Anschließend wurden alle Teilnehmer zu einem Symposium nach Stellenbosch eingeladen. Kost und Logis wurden von der Stadt übernommen, nicht jedoch die Reisekosten. Dennoch wollte sich Martin Becker diese Erfahrung nicht entgehen lassen. "Es waren sehr spannende Tage und es hat sich wirklich gelohnt!" In Südafrika lernten sich die Teams zum ersten Mal persönlich kennen und gleich am ersten Tag wurden aus ihnen die besten drei Teams gekürt, darunter auch Beckers Mannschaft. "Im anschließenden Symposium stellten nicht nur hiesige PR-Firmen sich und ihre Arbeit vor, sondern nun mussten auch wir unser Konzept vor versammelter Mannschaft präsentieren." Beckers Präsentation überzeugte die Jury letztlich. "Aber es war ein sehr knappes Ergebnis", weiß er. "Unserem Konzept fehlte eine Art zentrale Botschaft, da waren andere Strategien etwas runder. Aber wir haben sehr genau mit dem Budget geplant, haben alle drei Bereiche – Bildung, Wirtschaft und Tourismus – einbezogen und unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigt." Eine Strategie, die besonders Anklang gefunden habe, beinhaltet zum Beispiel die Stärke Stellenboschs als renommiertes Weinanbaugebiet und die Erweiterung der Wein-Expo, die jedes Jahr dort stattfindet. "Eine Idee von uns war es, diese Wein-Expo mit einem Festival zu verbinden. Ich glaube, das kam ganz gut an."
Was nun von dieser und den anderen Ideen umgesetzt wird? "Das bleibt dem Auftraggeber, also der Stellenbosch-Tourismusagentur, vorbehalten. Von den Siegern des vergangenen Jahres weiß ich aber, dass ihr Social Media-Konzept, das sie für den ‚Keeping an Eye on Earth-Summit‘ erstellt haben, zum Teil realisiert wurde." Für Martin Becker ist die tatsächliche Realisierung des Konzeptes jedoch zweitrangig. Wichtiger ist ihm, dass er bei dem Projekt sehr viel gelernt hat – und dass es ihm eine Zukunftsperspektive gegeben hat: "Nach den ersten zwei Semestern war ich noch unsicher, welchen Weg ich einschlagen möchte. Nach dem GlobCom-Projekt weiß ich aber, dass ich in Richtung Public Relations gehen möchte". Für den Sommer hat sich Martin Becker deshalb bereits einen Praktikumsplatz im Bereich PR gesichert. Und er überlegt, auch im nächsten Semester wieder an Global Communications teilzunehmen. Und so lautet seine Empfehlung auch an andere Studierende der Kommunikationswissenschaft: "Macht mit! Es ist eine tolle Erfahrung!"