Universität Erfurt

Thüringer Pädagogen im Land der PISA-Sieger: 09.06.2010

Erfurter Pädagogen steigen in den Flieger nach Finnland
Erfurter Pädagogen waren im Sommersemester zu Gast in Finnland - um von den PISA-Siegern zu lernen.

„Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erleben…“ - unter diesem Motto brachen Anfang Mai 21 Sonderpädagogen aus der Schulpraxis und der Universität Erfurt in Richtung Nordeuropa auf. In Finnland, dem Land der 1000 Seen und der PISA-Sieger, wollten sie sich zusammen mit weiteren Gruppen aus 35 Ländern informieren und Ideen sammeln in puncto Förderung, Kompetenzentwicklung und Integration.

Die Thüringer Sonderpädagogen unter Leitung von Prof. Rainer Benkmann vom Fachgebiet Sonder- und Sozialpädagogik der Universität Erfurt besuchten unter anderem Schulen in der Universitätsstadt Jyväskylä und Umgebung. Sie wollten wissen, wie die Schüler in Finnland lernen und wie sie auf das Leben vorbereitet werden. Jyväskylä hat eine lange pädagogische Tradition und ist das Zentrum pädagogischer Bildung und Forschung in Finnland. In Gesprächen mit Schülern und Lehrern, mit Studierenden und Professoren  gingen die Erfurter den Besonderheiten des finnischen Bildungssystems auf den Grund. „Neben der Kompetenzförderung wird in Finnland viel Wert auf Chancengleichheit und Integration gelegt. Dort ist jedes Kind wichtig, die Lehrer nehmen alle mit“, erklärt Professor Benkmann nach der Rückkehr. Das Recht auf individuelle Förderung sei in Finnland keine Phrase, sondern eines der Erfolgsgeheimnisse der Pädagogik. Ein an allen größeren Schulen bestehendes Team von Lehrern, Sonderpädagogen, Schulassistenten, Sozialarbeitern, Psychologen und Therapeuten kümmere sich intensiv um jeden Schüler, seine Entwicklung, Lernfortschritte und Probleme. Besondere Beachtung finde dabei die Förderung leistungsschwacher Schüler im Klassenverband oder in kleinen Lerngruppen – wenn nötig auch mit sonderpädagogischer Betreuung. Frühförderung, besonders bei der Entwicklung der Lesekompetenz und der mathematischen Fähigkeiten, spiele dabei eine besondere Rolle. Was die Erfurter ebenso beeindruckt hat: „Die Motivation der Lehrer ist hoch, ihr Berufsstand in der Gesellschaft besonders anerkannt. Und ihre gute Ausbildung ist sicher ein Grund für die Ergebnisse in den PISA-Tests“, erklärt Professor Benkmann. Dennoch sei sich Finnland auch seiner Probleme im Bildungsbereich bewusst. Dazu gehöre unter anderem die zunehmende Ökonomisierung der Bildung. Auch in Finnland komme man ohne Sonderschulen nicht aus und auch in Sachen Integration gebe es Defizite. Dennoch sei in den vergangenen Jahrzehnten Erstaunliches erreicht worden, das auch für uns in Deutschland Vorbildcharakter habe, wenngleich das finnische System nicht ohne Weiteres auf hiesige Verhältnisse übertragbar sei. „Aber Finnland macht deutlich, wie ein inklusives Bildungssystem gestaltet werden kann. Es gibt nicht nur eine Ursache, sondern ein Netzwerk von Faktoren, die für den anhaltenden Erfolg bei PISA verantwortlich sind“, bilanziert Benkmann. „Wichtig ist, dass nicht ausschließlich die Förderung der Spitzenschüler ausschlaggebend für den Erfolg ist, sondern auch die Förderung leistungsschwacher Schüler.“ Und dies sei auch für Deutschland von großer Bedeutung.

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