
Max Brod (1884-1968) hatte viele Talente. Früh gelangte er zu schriftstellerischem Ruhm. Die Generation expressionistischer Autoren verehrte seinen Roman Schloß Nornepygge (1908) und sah in seiner Hauptfigur die Mentalität des modernen Ich verkörpert. Brod erlag den Verführungen dieses frühen Erfolges freilich nicht, sondern wandte sich in seinem an Umfang Staunen erregenden Erzählwerk anderen Themen zu.
Anlass boten ihm die zahlreichen ethnischen, kulturellen und politischen Spannungen seiner mitteleuropäischen Heimatstadt Prag im untergehenden Habsburger Reich und in der ersten tschechoslowakischen Republik.
Anlass aber bot ihm auch die zunehmend dringlicher werdende Selbstvergewisserung als Jude angesichts des Antisemitismus seiner Umwelt und des drohend heraufziehenden Nationalsozialismus. Seine bedeutendsten Romane vor der Emigration nach Palästina in letzter Minute spiegeln Brods wache intellektuelle Auseinandersetzung mit der Ethik politischen Handelns, mit dem spannungsreichen Verhältnis von Tschechen und Deutschen in Böhmen sowie und vor allem mit der Frage jüdischer Identität zwischen orthodoxem Quietismus, Assimilation und zionistischer Selbstbehauptung wider.
Als israelischer Staatsbürger blieb Max Brod ein deutschsprachiger Autor, der sich in seinem späten Werk in eindringlicher und nicht selten autobiographisch getönter Art und Weise seiner Prager Ursprünge versicherte.

Brods Romane und Erzählungen verraten ein großes Interesse an politischer Zeitgenossenschaft und ethischer Reflexion auf die Bedingungen verantwortungsvollen Handelns in der Geschichte.
Den großen Astronomen Tycho Brahe stellt Max Brod als Wissenschaftler dar, der in einer Zeit um die Einheit von Leben und Wissen kämpft, als der Erfolg der modernen Naturwissenschaften deren Trennung zu verlangen scheint (Tycho Brahes Weg zu Gott, 1915).
Die legendäre Gestalt des jüdischen Fürsten David Reubeni lässt Brod als erfolgsorientierten Machtpolitiker auftreten, der des guten Zieles wegen auch fragwürdige Mittel in Kauf nimmt (Reubeni. Fürst der Juden, 1925).
Seine politische Ethik hat Max Brod in einer Reihe von Essays umrissen, unter denen die Abhandlung über Heidentum – Christentum – Judentum (1921) besonderes Gewicht hat. In ihr plädiert Brod für eine um ihre Grenzen wissende politische Tatkraft, jenseits von Fanatismus und diesseits von Gleichgültigkeit.
Brod war als Erzähler aber keineswegs nur politischer Moralist. Er hat eine ganze Reihe hinreißender Frauenfiguren entworfen und war als Romancier ein großer Erotiker, der die Bannkraft von Liebe und Sexualität mit sprachlicher Virtuosität gestaltet hat (Ein tschechisches Dienstmädchen, 1909; Die Frau nach der man sich sehnt, 1927).
Max Brod gehört in die Reihe der großen künstlerischen Doppelbegabungen. In jungen Jahren schwankte er zwischen seinem Weg als Autor und seiner Neigung zur Musik. Brod hat ein ansehnliches Werk als Komponist mit immerhin 38 Opuszahlen hinterlassen, das vor allem Lieder und Kammermusik umfasst und bis heute gelegentlich aufgeführt wird.
Brods musikalische Begabung und Ausbildung erlaubte es ihm, als Musikkritiker für zeitgenössische Komponisten einzutreten und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen.
Damit ist schließlich auch Brods Tätigkeit als Journalist angesprochen, die sein Leben in Prag in nicht geringem Maße prägte. Wenn Brod auch Talent zur Polemik besaß, so sind seine unzähligen Theater-, Film-, Literatur- und Musikkritiken doch zuvörderst von einem großen Enthusiasmus für Kunst und Künstler geprägt.